Erste Begegnung
Auf die Frage, wie sich Lion Feuchtwanger und Bertolt Brecht kennen gelernt haben, antwortet Marta Feuchtwanger:
Brecht hatte in München Medizin studiert, hatte ein Stück geschrieben und wusste nicht, was er damit machen sollte. Also ging er ins Cafe Stephanie, in Schwabing. Da saß immer der Wedekind und der Mühsam und diese Boheme, Schlawiner eben. Brecht sieht den Schauspieler Arnold Marlé sitzen und sagt: „Herr Marlé, ich habe ein Stück geschrieben, was soll ich damit anfangen?“ Der Marlé sieht nicht auf von seiner Zeitung: „Gehen Sie zu Feuchtwanger.“
(Marta Feuchtwanger: Leben mit Lion, a.a.O., S. 31ff.)
Was dann geschah, schildert Lion Feuchtwanger in seinem Aufsatz Bertolt Brecht. Dargestellt für Engländer:
Um die Jahreswende 1918/19 bald nach Ausbruch der sogenannten deutschen Revolution, kam in meine Wohnung ein sehr junger Mensch, schmächtig, schlecht rasiert, verwahrlost in der Kleidung. Er drückte sich an den Wänden herum, sprach schwäbischen Dialekt, hieß Bertolt Brecht. Das Stück hieß Spartakus. Im Gegensatz zu der Mehrzahl der jungen Autoren, die, wenn sie Manuskripte überreichen, auf das blutende Herz hinzuweisen pflegen, aus dem sie ihr Werk herausgerissen hätten, betonte dieser junge Mensch, er hab sein Stück Spartakus ausschließlich des Geldverdienens wegen verfasst.
(Lion Feuchtwanger: Centum Opuscula, a.a.O., S. 556)
Es handelte sich um die dramatische Ballade über einen Soldaten, der aus dem Krieg kommt und erfährt, dass seine Freundin von einem anderen schwanger ist. Der junge Kriegsheimkehrer ruft zur Revolution auf, die protestierenden Arbeiter stürmen mit ihm an der Spitze das Zeitungsviertel. Marta Feuchtwanger berichtet, ihr Mann sei begeistert gewesen:
Lion las das Drama sofort – es trug den Titel Spartakus –, ließ den jungen Menschen kommen und sagte: „Warum haben Sie mich angelogen? Das ist ein ausgezeichnetes Stück, ich werde es den Kammerspielen empfehlen.“ Brecht ereifert sich: „Das Stück ist wirklich nicht gut. Ich habe ein viel besseres geschrieben.“ Er brachte dieses Stück, es war in der Tat viel besser. Es war Baal.
(Marta Feuchtwanger: Nur eine Frau, a.a.O., S. 122ff.)
Lion Feuchtwanger, den schon die „außermodische, wilde, kräftige, farbige Sprache“ von Spartakus beeindruckt hatte, empfand das neue Stück „als eine noch viel wildere, wüstere und sehr herrliche Sache“.
Feuchtwanger setzte sich dafür ein, dass Spartakus unter dem Titel Trommeln in der Nacht im Herbst 1922 an den Münchner Kammerspielen uraufgeführt wurde. Baal erschien im Kiepenheuer Verlag. Brecht erhielt 1922 eine Dramaturgenstelle an den Kammerspielen und im selben Jahr den renommierten Kleist-Preis.
Sekundärliteratur:
Tworek, Elisabeth: Brecht, Bertolt: Trommeln in der Nacht, 1919. In: Historisches Lexikon Bayerns, URL: http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/artikel/artikel_44382, (13.10.2009).
Weitere Kapitel:
Auf die Frage, wie sich Lion Feuchtwanger und Bertolt Brecht kennen gelernt haben, antwortet Marta Feuchtwanger:
Brecht hatte in München Medizin studiert, hatte ein Stück geschrieben und wusste nicht, was er damit machen sollte. Also ging er ins Cafe Stephanie, in Schwabing. Da saß immer der Wedekind und der Mühsam und diese Boheme, Schlawiner eben. Brecht sieht den Schauspieler Arnold Marlé sitzen und sagt: „Herr Marlé, ich habe ein Stück geschrieben, was soll ich damit anfangen?“ Der Marlé sieht nicht auf von seiner Zeitung: „Gehen Sie zu Feuchtwanger.“
(Marta Feuchtwanger: Leben mit Lion, a.a.O., S. 31ff.)
Was dann geschah, schildert Lion Feuchtwanger in seinem Aufsatz Bertolt Brecht. Dargestellt für Engländer:
Um die Jahreswende 1918/19 bald nach Ausbruch der sogenannten deutschen Revolution, kam in meine Wohnung ein sehr junger Mensch, schmächtig, schlecht rasiert, verwahrlost in der Kleidung. Er drückte sich an den Wänden herum, sprach schwäbischen Dialekt, hieß Bertolt Brecht. Das Stück hieß Spartakus. Im Gegensatz zu der Mehrzahl der jungen Autoren, die, wenn sie Manuskripte überreichen, auf das blutende Herz hinzuweisen pflegen, aus dem sie ihr Werk herausgerissen hätten, betonte dieser junge Mensch, er hab sein Stück Spartakus ausschließlich des Geldverdienens wegen verfasst.
(Lion Feuchtwanger: Centum Opuscula, a.a.O., S. 556)
Es handelte sich um die dramatische Ballade über einen Soldaten, der aus dem Krieg kommt und erfährt, dass seine Freundin von einem anderen schwanger ist. Der junge Kriegsheimkehrer ruft zur Revolution auf, die protestierenden Arbeiter stürmen mit ihm an der Spitze das Zeitungsviertel. Marta Feuchtwanger berichtet, ihr Mann sei begeistert gewesen:
Lion las das Drama sofort – es trug den Titel Spartakus –, ließ den jungen Menschen kommen und sagte: „Warum haben Sie mich angelogen? Das ist ein ausgezeichnetes Stück, ich werde es den Kammerspielen empfehlen.“ Brecht ereifert sich: „Das Stück ist wirklich nicht gut. Ich habe ein viel besseres geschrieben.“ Er brachte dieses Stück, es war in der Tat viel besser. Es war Baal.
(Marta Feuchtwanger: Nur eine Frau, a.a.O., S. 122ff.)
Lion Feuchtwanger, den schon die „außermodische, wilde, kräftige, farbige Sprache“ von Spartakus beeindruckt hatte, empfand das neue Stück „als eine noch viel wildere, wüstere und sehr herrliche Sache“.
Feuchtwanger setzte sich dafür ein, dass Spartakus unter dem Titel Trommeln in der Nacht im Herbst 1922 an den Münchner Kammerspielen uraufgeführt wurde. Baal erschien im Kiepenheuer Verlag. Brecht erhielt 1922 eine Dramaturgenstelle an den Kammerspielen und im selben Jahr den renommierten Kleist-Preis.
Tworek, Elisabeth: Brecht, Bertolt: Trommeln in der Nacht, 1919. In: Historisches Lexikon Bayerns, URL: http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/artikel/artikel_44382, (13.10.2009).