Bäuerinnen

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Gruß vom Peißenberg

Anita Augspurg träumt schon lange davon, ein eigenes Gut zu bewirtschaften und hat deshalb mehrere Semester an der Landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin studiert. 1907 setzt sie ihre Pläne in die Tat um und erwirbt gemeinsam mit Lida Gustava Heymannden Siglhof in der Nähe von Peissenberg.

Der Vorbesitzer hatte zwei Bauernhöfe zusammengelegt: Schaidhof und Siglhof. Es war ein mächtiger Komplex von gegen 1000 Tagwerk mit Wiesenwirtschaft, 43 Kühen und weitausgedehntem Moor – und Torfwerk. Bis auf Wiesen und Viehbestand war nach unseren Begriffen alles mächtig heruntergewirtschaftet. Die Wirtschaftsgebäude vernachlässigt, die Wohnhäuser ungepflegt, der nach vielen Hunderten von Bäumen zählende Obstbestand klägliches oberbayerisches Bauernobst, nur zum Mosten oder Dörren zu verwenden. Keine Spur von Gartenanlagen oder gar – kultur, nur ein winziges Gemüseland voll Unkraut war beim Schaidhof eingehegt. Was aber besagte für uns Vegetarier die Gemüsezucht von oberbayerischen Bauern? Ihnen genügte Kohl, Radi und Salat.

(Lida Gustava Heymann: Erlebtes Erschautes. Ebda., S. 80.)

Den beiden gelingt es, mit fast ausschließlich weiblichem Personal den Hof in ein Mustergut zu verwandeln. Während die Nachbarn diese „Weiberwirtschaft“ misstrauisch beäugen und es zweimal zu schwerer Brandstiftung kommt, genießen die beiden Freigeister ihr Landleben.

Unser Kleinod aber war unser Goethehain, man darf kühn behaupten: einmalig in der Welt! So recht eine Stätte, wie Goethe sie geliebt hätte. Für uns kam darin sein Wesen zum Ausdruck. Unser Goethehain lag abseits vom Wege, an einem Abhang inmitten weiten Wiesenplanes, wie eine köstliche Oase, nur auffindbar für den, der um ihn wußte. Der Abhang war umstanden von grau schimmernden Weiden, die südlichen Oliven glichen, Tannen und wildes Waldgesträuch im Unterholz waren durchsetzt mit Anemonen, Glockenblumen, Veilchen, Erika, Margeriten. Ein Pfad führte in eine leichte Senkung, der an einer rotgranitenen Felswand endete. Da, von der Natur gegeben, befand sich eine Nische, geschaffen für ein Goethe-Denkmal. Wir wählten eine Büste von Rauch. [...] Stets zogen wir am 28. August abends, um Goethes Geburtstag zu feiern, in unsern Goethehain, leerten einen mit Champagner gefüllten Bayreuther Gralsbecher auf alles Gute, Schöne: auf Wahrheit, Freiheit und Freundschaft.

(Lida Gustava Heymann: Erlebtes Erschautes. Ebda., S. 80.)

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Dr. Michaela Karl

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