Bayerische Amazonen

Der griechischen Mythologie nach waren die Amazonen ein kriegerisches Frauenvolk aus Kleinasien. Nachdem die Äthiopier im Land der Skythen am Thermoden eingefallen waren, hatten sie die Männer getötet und sich der Frauen bemächtigt. Diese rächten sich blutig, töteten die Eroberer und gründeten einen Frauenstaat. Hier lebten sie fortan ohne Männer. Nur um die Nachfolge zu sichern, vereinigten sie sich in jedem Frühjahr mit den Männern des Nachbarvolkes. Der Staat der Amazonen hatte viele Jahre Bestand und seine Bewohnerinnen wurden respektiert und gefürchtet. Zu den berühmtesten Königinnen der Amazonen zählen Hippolyte, Antiope und Penthesilea.

Penthesilea, hieß es,
Sei in den scyth´schen Wäldern aufgestanden,
Und führ´ ein Heer, bedeckt mit Schlangenhäuten,
Von Amazonen, heißer Kampflust voll,
Durch der Gebirge Windungen heran,
Den Priamus in Troja zu entsetzen.
Am Ufer des Skamandros hören wir,
Deiphobus auch, der Priamide, sei
Aus Ilium mit einer Schaar gezogen;
Die Königin, die ihm mit Hülfe naht,
Nach Freundesart zu grüßen.

(Heinrich von Kleist: Penthesilea. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1998, S. 10)

Auch nach ihrem Untergang blieben die Amazonen der Schrecken der Männer. Ihr Name wurde zum Synonym für kämpferische Frauen, die die von einer patriarchalen Gesellschaft geforderten weiblichen Tugenden ablehnen und stattdessen selbstbewusst für ihre Belange eintreten. Für Frauen, die sich mit der ihnen zugewiesenen Rolle nicht zufrieden geben und gleich ihren mythischen Vorbildern den Ausbruch wagen. Sich dem Klischeebild des „ewig Weiblichen“ zu entziehen und selbstbestimmt einen eigenen Weg zu gehen erfordert Mut. Der Kampf um Unabhängigkeit, Gleichberechtigung und Emanzipation war und ist ein steiniger Weg. Gerade in früheren Jahrhunderten waren die Folgen ihrer Regelverstöße für die Frauen oft dramatisch. Blickt man zurück auf die bayerischen Amazonen der vergangenen Jahrhunderte, dann findet man keine makellosen Heldinnen, dafür aber Identifikationsfiguren für Frauen unterschiedlicher Generationen. Mit dem Vorbild, welches sie allein durch ihr Handeln gaben, veränderten die bayerischen Amazonen die herrschende Geschlechterhierarchie und stießen die Tore auf für ein gleichberechtigtes Miteinander aller Menschen.

(Schwab, Gustav [2011]: Sagen des klassischen Altertums. Anaconda Verlag, Köln)

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Dr. Michaela Karl

Sekundärliteratur:

Bachmann, Christoph: Kriminalfälle (19./20. Jahrhundert). In: Historisches Lexikon Bayerns, URL: http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/artikel/artikel_46390, (13.03.2014).

Panzer, Marita A.: Ermordung der Agnes Bernauer. In: Historisches Lexikon Bayerns, URL: http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/artikel/artikel_45822, (13.03.2014).

 

Verwendete Literatur und Quellen:

Literaturliste als PDF



https://www.literaturportal-bayern.de/images/lpbthemes/2014/klein/amazone_Nuremberg_chronicles_f_28v_2_164.jpg
Holzschnitt aus der "Schedel'schen Weltchronik" (1493) des Nürnbergers Hartmann Schedel (1440-1514), Blatt 28 verso
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