Der Märchenkönig

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Der Mythos Ludwig lebt – dafür sprechen alleine die Rekordbesucherzahlen zur Landesausstellung 2011. Traumschlösser, rätselhafter Tod und Gerüchte ums Privatleben. Dazu Königsverehrung und jede Menge Kitsch. Dass sich Ludwig II. vermarkten lässt, zeigen Filme, Bücher, Musicals und sonstige Devotionalien, von den Touristenmassen in Neuschwanstein, Herrenchiemsee usw. ganz zu schweigen. Und im Comic? Auf den ersten Blick gibt es erstaunlich wenig zum Thema.

Zwei Entwürfe erscheinen in Deutschland Anfang der 2000er. King Kini: Der Märchenkönig. Die Abenteuer des König Ludwig II von Bayern (2002) von Knut und Christian Eckert kommt nicht über den ersten Band hinaus. Es ist eine sehr geglättete Variante, die sich eher an ein kindliches Lesepublikum richtet. Historische Versatzstücke werden kombiniert, um eine auf Gags abzielende Handlung ins Rollen zu bringen. Ludwig wohnt im fertigen Neuschwanstein, eine verschollene Wagnerpartitur muss gefunden werden, um den Frieden mit Preußen zu bewahren. Und wer der Böse ist, dürfte dem Leser auch schnell klar sein, denn wer gegen das Reinheitsgebot verstößt, kann ja nur ein Verbrecher sein. Das Oktoberfest findet dann auch noch seinen Platz in der Geschichte.

Einen ganz anderen Ansatz wählt die dreibändige Manga-Trilogie Ludwig II (2005, japanische Originalausg. 1996-1998) von You Higuri. Die Bände Der Mondkönig, Rheingold sowie Und Gott wacht über die ganze Welt gehören zum Genre der Boys Love Manga. Ludwig ist hier ein schöner junger verklärter König, der eine Liebesbeziehung zu seinem Stallmeister Richard Hornig unterhält. Dieser Erzählstrang wird mit historischen Elementen aus den letzten Lebensjahren bis zu seinem Tod im Starnberger See, für den eine ganz eigene Erklärung gegeben wird, verknüpft. Die Figur erfährt hier eine extreme Ästhetisierung, die sich visuell durch die Reihe zieht und bis zur Sakralisierung gehen kann, wenn der nackte Ludwig in Bildzitaten zum Gekreuzigten, Adam aus der Sixtinischen Kapelle oder Engel verklärt wird.

Wo sich beide Konzepte annähern und gleichzeitig wieder unterscheiden, zeigen die Erklärungen zum Beinamen: „Durch seinen Sinn für Kunst und Kultur, seine Traumschlösser, aber auch durch seine Verträumtheit kennt man ihn als Märchenkönig, doch seine Untertanen nennen ihn liebevoll nur den Kini.“ (King Kini, S. 2) „Sein Traumschloss Neuschwanstein ... Wagners Sagenwelt [...] Er wurde ein Gefangener seiner Fantasiewelt, deshalb nannten ihn die Leute ... den Märchenkönig.“ (Der Mondkönig, S. 16)

Doch auch wenn Ludwig als zentraler Bestandteil eines Comics eher selten anzutreffen ist, geistert er dennoch des Öfteren durch Geschichten. In Anno Domini, dem Comic zum Münchner Stadtjubiläum, sogar wortwörtlich, wenn ein Vampir, der zwar nicht so bezeichnet wird, aber visuell als Märchenkönig identifizierbar ist, in ferner Zukunft endlich gepfählt werden kann.

Meistens ist es aber der Mythos, der zitiert wird. In Die Geisterkutsche (Wanda Gattino) suchen die Ducks in Neuschwanstein einen Schatz, der Geist der diesen bewacht, hat nur insofern Ähnlichkeit mit Ludwig, als das er von seinem Vetter im See ertränkt wurde.

In die Ducks in Deutschland: München – Ein Prosit der Gemütlichkeit (Jan Gulbrannson) scheint es hingegen ein weitverbreiteter Traum zu sein, einmal in diese Rolle schlüpfen zu können. Sogar Onkel Dagobert wird beinahe schwach: „Ein König-Ludwig-Kostüm! Seufz! Genau so was habe ich mir schon als Kind immer gewünscht!“ (S. 54) Doch auch die damit verbundenen Gefahren sind wohl bekannt: „Ihr kriagts, was ihr wollts, Leit! Bei uns is der Kunde König.“ „Ha! Was ihr Bayern mit euren Königen macht, das wissen wir!“ „Im Starnberger See ersäufen!“ (S. 58).

 

Quellen:

Knut und Christian Eckert: King Kini. Der Märchenkönig. Die Abenteuer des König Ludwig II von Bayern. New Licence, München 2002.

Jan Gulbransson: Die Ducks in Deutschland. Ehapa, Berlin 2013.

You Higuri: Ludwig II. Planet Manga, Nettetal-Kaldenkirchen 2005.

Wanda Gattino: Die Geisterkutsche. In: Disney: 11 ½ Orte, die Ente gesehen haben muss. Egmont, Köln 2016.

Verfasst von: Bayerische Staatsbibliothek / Dr. Ingold Zeisberger

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