Literarisches und Sprachliches bei den Sportfreunden Stiller (3)
Die Sportfreunde Stiller sind eine der erfolgreichsten Bands Deutschlands. Mit dem Sommermärchen- und Wiesn-Hit ’54, ’74, ’90, 2006 und Songs wie Ein Kompliment faszinieren sie Generationen und sorgen seit bald dreißig Jahren für eine Euphorie, die ihresgleichen sucht. Der Münchner Autor Nicola Bardola spürt in seiner soeben erschienenen Band-Biografie APPLAUS, APPLAUS. SPORT FREUNDE STILLER der Stiller-Story nach. Für das Literaturportal Bayern arbeitet er in einer achtteiligen Serie literarische Bezüge und sprachliche Eigenheiten der Indie-Formation aus Germering bei München heraus.
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Konzertkritiker sind begeistert von der „Spielfreude“ der Sportfreunde bei Live-Auftritten, sprechen vom witzigen Trio und von den frechen Kicker-Kommentaren zwischen den Songs, insbesondere zum FC Bayern und zum TSV München 1860: „Einmal Löwe, immer unten“. Unter den Musikjournalisten bildet sich allmählich eine Art Fußballsprech heraus, der bis heute praktiziert wird. Jede Gelegenheit wird von den Medien für ein mehr oder weniger gelungenes Fußball-Wortspiel genutzt, und manchmal wird das Trio selbst als Kicker-Team geschildert. So entsteht ein teilweise neuartiges Musik-Kicker-Idiom: Aus einem „als Freundschaftsspiel“ anberaumten Auftritt wird eine Band, deren „Stärke in der Taktik“ liegt; die drei Freunde seien schier unschlagbar; sie seien die besten Lausbuben im Rock, „hoch energetisch bis in die Verlängerung“.
Einerseits werden Begriffe aus dem Fußball auf die Sportfreunde übertragen, andererseits wird deren Musik auf die Wortwahl zum Spiel mit der Lederkugel zurückprojiziert. So geht beispielsweise nicht die Flanke ins Leere, sondern der Reim. Dabei finden zahleiche Anspielungen statt: In Usbekistan treten die noch unbekannten Sportfreunde 1998 auf; Rüdiger Linhof ersetzt ein Jahr davor Andi Erhard am Bass; So wie einst Real Madrid lautet der Titel des ersten Studioalbums der Sportfreunde.
Bei Interviews wird entsprechend „auf den (Fußball-)Zeh der Burschen von ‚Sportfreunde Stiller‘ gefühlt“; es wird gefragt, wie denn die Heim- und Auswärtsspiele in den Amateurclubs so laufen (damit sind Konzerte innerhalb und außerhalb Bayerns in kleinen Venues gemeint); von einem ersten „Länderspieleinsatz in Usbekistan“ ist die Rede; der „hünenhafte Linhof ist nach der ersten EP auf der Bassposition für Erhard zum Team gestoßen“ und sei aus der „Auftrittsbesetzung nicht mehr wegzudenken“; die Taktik bestehe darin, wie der US-Verein Nirvana in der „klassischen Grunge Dreierkette“ aufzutreten; Kickerschuhe hätten die Sportis zum Glück gegen Gitarren eingetauscht; sie hätten sich endlich zu einem Major-Plattendeal hochgespielt; mit ihren Ohrwurm-Hooklines forderten die Jungs geradezu nach der nächsten La Ola; Brugger führe das Spiel mit Gitarre und Gesang an; reif für die Champions League seien auch die Texte; manche Reime würden im jugendlichen Überschwang aber ins Leere gehen; sie seien unschlagbar, so wie einst Real Madrid; ‚Wir müssen gewinnen‘ sei keine Phrase, die nur Angst vor dem Abstieg ausdrücke; sie hätten Anspruch auf einen Platz in der Champions League des Gitarren-Pops; mit etwas mehr Training könnten sie sich wohl bald erste Hoffnungen auf einen Ersatzbankplatz im Deutschpop-Nationalteam von Tocotronic und Kollegen machen.
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Nicola Bardola wird 1959 in Zürich geboren, studiert Germanistik und lebt seit über 40 Jahren in und um München. Während seiner Mitarbeit von 1986 bis 1993 in der Internationalen Jugendbibliothek beschäftigt sich Bardola mit Kinder- und Jugendliteratur und setzt sich für Leseförderung ein. Ein weiteres Gebiet, mit dem er sich seit seiner Zeit als Sekretär bei Michael Ende in den 1980er-Jahren beschäftigt, ist die phantastische Literatur. 2009 veröffentlicht er ein Buch über das „Twilight“-Phänomen (Heyne), das in mehrere Sprachen übersetzt wird, und 2012 die Anthologie Utopien (S. Fischer). Bekannt wird er 2005 mit dem Roman Schlemm (A1, Heyne, Piper), der den assistierten Suizid thematisiert. Ferner ist Bardola für seine Biografien über John Lennon und seine Frau Yoko Ono bekannt. Nach Büchern über Elena Ferrante, Ringo Starr, Freddie Mercury und Jack Kerouac widmet er sich zuletzt mit einer Bandbiografie den Sportfreunden Stiller (Hannibal).
Literarisches und Sprachliches bei den Sportfreunden Stiller (3)>
Die Sportfreunde Stiller sind eine der erfolgreichsten Bands Deutschlands. Mit dem Sommermärchen- und Wiesn-Hit ’54, ’74, ’90, 2006 und Songs wie Ein Kompliment faszinieren sie Generationen und sorgen seit bald dreißig Jahren für eine Euphorie, die ihresgleichen sucht. Der Münchner Autor Nicola Bardola spürt in seiner soeben erschienenen Band-Biografie APPLAUS, APPLAUS. SPORT FREUNDE STILLER der Stiller-Story nach. Für das Literaturportal Bayern arbeitet er in einer achtteiligen Serie literarische Bezüge und sprachliche Eigenheiten der Indie-Formation aus Germering bei München heraus.
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Konzertkritiker sind begeistert von der „Spielfreude“ der Sportfreunde bei Live-Auftritten, sprechen vom witzigen Trio und von den frechen Kicker-Kommentaren zwischen den Songs, insbesondere zum FC Bayern und zum TSV München 1860: „Einmal Löwe, immer unten“. Unter den Musikjournalisten bildet sich allmählich eine Art Fußballsprech heraus, der bis heute praktiziert wird. Jede Gelegenheit wird von den Medien für ein mehr oder weniger gelungenes Fußball-Wortspiel genutzt, und manchmal wird das Trio selbst als Kicker-Team geschildert. So entsteht ein teilweise neuartiges Musik-Kicker-Idiom: Aus einem „als Freundschaftsspiel“ anberaumten Auftritt wird eine Band, deren „Stärke in der Taktik“ liegt; die drei Freunde seien schier unschlagbar; sie seien die besten Lausbuben im Rock, „hoch energetisch bis in die Verlängerung“.
Einerseits werden Begriffe aus dem Fußball auf die Sportfreunde übertragen, andererseits wird deren Musik auf die Wortwahl zum Spiel mit der Lederkugel zurückprojiziert. So geht beispielsweise nicht die Flanke ins Leere, sondern der Reim. Dabei finden zahleiche Anspielungen statt: In Usbekistan treten die noch unbekannten Sportfreunde 1998 auf; Rüdiger Linhof ersetzt ein Jahr davor Andi Erhard am Bass; So wie einst Real Madrid lautet der Titel des ersten Studioalbums der Sportfreunde.
Bei Interviews wird entsprechend „auf den (Fußball-)Zeh der Burschen von ‚Sportfreunde Stiller‘ gefühlt“; es wird gefragt, wie denn die Heim- und Auswärtsspiele in den Amateurclubs so laufen (damit sind Konzerte innerhalb und außerhalb Bayerns in kleinen Venues gemeint); von einem ersten „Länderspieleinsatz in Usbekistan“ ist die Rede; der „hünenhafte Linhof ist nach der ersten EP auf der Bassposition für Erhard zum Team gestoßen“ und sei aus der „Auftrittsbesetzung nicht mehr wegzudenken“; die Taktik bestehe darin, wie der US-Verein Nirvana in der „klassischen Grunge Dreierkette“ aufzutreten; Kickerschuhe hätten die Sportis zum Glück gegen Gitarren eingetauscht; sie hätten sich endlich zu einem Major-Plattendeal hochgespielt; mit ihren Ohrwurm-Hooklines forderten die Jungs geradezu nach der nächsten La Ola; Brugger führe das Spiel mit Gitarre und Gesang an; reif für die Champions League seien auch die Texte; manche Reime würden im jugendlichen Überschwang aber ins Leere gehen; sie seien unschlagbar, so wie einst Real Madrid; ‚Wir müssen gewinnen‘ sei keine Phrase, die nur Angst vor dem Abstieg ausdrücke; sie hätten Anspruch auf einen Platz in der Champions League des Gitarren-Pops; mit etwas mehr Training könnten sie sich wohl bald erste Hoffnungen auf einen Ersatzbankplatz im Deutschpop-Nationalteam von Tocotronic und Kollegen machen.
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Nicola Bardola wird 1959 in Zürich geboren, studiert Germanistik und lebt seit über 40 Jahren in und um München. Während seiner Mitarbeit von 1986 bis 1993 in der Internationalen Jugendbibliothek beschäftigt sich Bardola mit Kinder- und Jugendliteratur und setzt sich für Leseförderung ein. Ein weiteres Gebiet, mit dem er sich seit seiner Zeit als Sekretär bei Michael Ende in den 1980er-Jahren beschäftigt, ist die phantastische Literatur. 2009 veröffentlicht er ein Buch über das „Twilight“-Phänomen (Heyne), das in mehrere Sprachen übersetzt wird, und 2012 die Anthologie Utopien (S. Fischer). Bekannt wird er 2005 mit dem Roman Schlemm (A1, Heyne, Piper), der den assistierten Suizid thematisiert. Ferner ist Bardola für seine Biografien über John Lennon und seine Frau Yoko Ono bekannt. Nach Büchern über Elena Ferrante, Ringo Starr, Freddie Mercury und Jack Kerouac widmet er sich zuletzt mit einer Bandbiografie den Sportfreunden Stiller (Hannibal).