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Gerd Holzheimer über den preisgekrönten LOhrbär-Verlag

Spiegel bayerischer Literatur und Kultur, fundiert und unterhaltsam, Essays, Prosatexte und Gedichte von prominenten und unbekannten Autoren: Das ist die Zeitschrift Literatur in Bayern, die im Allitera Verlag erscheint. Seit über 30 Jahren informiert sie über das literarische Geschehen des Freistaats. Herausgeber Gerd Holzheimer zeichnet in der 130. Ausgabe mit dem Schwerpunkt Lesen ein kleines Porträt des LOhrBär-Verlags – voller Stimmen, Klangfarben und Musik – und gratuliert damit nochmal herzlich zur Auszeichnung mit dem Preis für einen bayerischen Kleinverlag 2016.

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Unübersehbar prägt auf Buchmessen bayerischer Verlage wie »SCHNOWEWETZN – Ein Festival für bairische Sprachkultur« in Regen oder auf der »litera bavarica« in München eine Illustration von Karl Walser das Bild eines Verlages. Es handelt sich um den LOhrBär-Verlag, der mit dem vergrößerten Cover eines seiner Hörbücher wirbt. In dem Fall ist es die Vertonung von Robert Walsers Roman Der Gehülfe.

Wie kann man nun diesen »Shakespeare des Prosatückeli«, der sein Ich nur noch auf dem Papier zu behaupten vermochte, als Hörbuch vermitteln? Noch dazu in schweizerischem Deutsch, das teils gar in ein astreines Schwyzerdütsch übergeht? Wird da nicht durch den Dialekt etwas verharmlost, ins Tümelnde verramscht, wo oft nur winzige, beiläufige Irritationen es sind, die das Geheimnis von Walsers Texten ausmachen? Ganz im Gegenteil: In der Interpretation der beiden Sprecher Martin Hofer und Heinz Müller wirkt Walsers Diktion womöglich noch abgründiger, weil es grad das Heimelige in der Villa Abendstern, dem Schauplatz des Romans, endgültig ganz grausig unheimlich werden lässt. Wobei auch, sieht man von den Dialogen ab, der scheinbar unmotivierte Sprecherwechsel im ersten Zuhören die Befremdung noch mehr verstärkt, durch den Wechsel von Innen- und Außensicht.

Aus dem Programm des LOhrbär-Verlags: Robert Walser, Lena Christ, Mike Reisinger, Georg Britting ... © LOhrbär-Verlag

Darin zeigt sich die Besonderheit der Hörbücher beim LOhrBär-Verlag, indem sie mit den verschiedenen Stimmen, Klangfarben und der Musik eine sinnliche Qualität erzeugen, die reines Lesen nicht hervorrufen kann. Auch der Dialekt gehört dazu, dem der Verlag einen großen Raum gewährt, vor allem dem bairischen – mit dem Blick über die Grenze. Zu dem Klang gehört bei den Hörbüchern des Verlages jeweils auch eine feinsinnig ausgewählte Musik. Zu einer vollkommenen Einheit verschmelzen zum Beispiel im gelesenen Gehülfen die Texte mit den auf dem Klavier gespielten Passagen einzelner Stücke von Robert Schumann, denen eine ähnliche Abgründigkeit innewohnt wie den Sätzen Robert Walsers – kurze Auszüge nur, bei denen es einem aber ebenso den Rücken hinunterrieselt wie bei den Worten.

Über fünfzig Sprecherinnen und Sprecher kommen auf den drei CDs in der Einspielung von Lena Christs Rumplhanni zum Einsatz. In einem Video zeigt Verleger Dieter Lohr auf literarischen Messen, mit welchem Temperament Sprecherinnen wie Karin Thaller und Tanja Raith auch im Hörstudio bei der Sache sind. Der Aufnahmeraum wird zur Bühne, und im Hörbuch hört und spürt man förmlich, wie sich das Geschehen auf einer Bühne abspielt – es ist die große Bühne des Lebens, auf der eine Rumplhanni »a Barasolflickersbankert, a windiger Deanstbot, a oaschichtiger« nur eine klägliche Rolle spielen kann. Ihre Welt ist und bleibt »a Haus und a Kuah und a Millisupperl in der Fruah«. Grammatik und Wort- und Bildwelt der bairischen Sprache werden hörbar gemacht, oft deutlicher als im geschriebenen Text – abgesehen von der Tatsache, dass Dialekt in geschriebener Form oft durchaus etwas mühselig sein kann.

... Joachim Ringelnatz, Bernhard Setzwein, Eva Demski ... © LOhrbär-Verlag

Ohne Dialekt kommt Marieluise Fleißer in ihrer Sprache aus, doch umso beklemmender wirkt die Fremdheit zwischen den Geschlechtern in den von ihr verstellten Satzgliedern, etwa wenn sie in ihrem Abenteuer aus dem Englischen Garten einen Emil schildert, der sitzend zu der Erkenntnis gelangt, was er für ein Ochs ist. Dabei hat er durch die Bäume in den Himmel geschaut, und »wie da die Sterne stehen, das vergisst er sein Lebtag nicht, so tief haben sie sich in sein Herz gebohrt«. Diese Fremdheit stellt sich auch in dem Roman Eine Zierde für den Verein der Marieluise Fleißer ein. Frieda hat wenig Freude mit Gustl, doch kommt sie ihm auch kaum aus. Alternativen waren einer Frau dieser Zeit kaum zugänglich. Eva Sixt gibt ihr die Stimme, Norbert Vollath lässt das Beziehungsgeflecht der Figuren musikalisch Revue passieren.

In einem Verlagsort wie Regensburg darf die Donau natürlich nicht fehlen. Eva Demski hat ihr Buch Mama Donau selbst eingelesen, Gerd Burger und Arthur Schnabl bringen Georg Brittings Die kleine Welt am Strom zu Gehör. Auch ins Böhmische geht die Reise. Auf der CD Das Leben ist zum Verrücktwerden schön. Böhmische Geschichte literarisch sind von Adalbert Stifter bis Bohumil Hrabal Texte zu hören, die spürbar machen, wie eng die böhmische, die tschechische und die deutsche Geschichte miteinander verwoben ist.

Bernhard Setzwein, der auch an diesem Hörbuch beteiligt ist, hat mit 3165 Monolog eines Henkers eine Neufassung seines Hörspiels und Theaters über den letzten Scharfrichter Bayerns nun als Hörbuch erarbeitet, auf dem nun im Oberpfälzer Idiom die Geschichte von Johann Reichhart, der die 3165 Opfer auf dem Gewissen hat, noch grausiger wird. Bewährte Namen der Literatur wie eben Bernhard Setzwein, Gerd Burger und Florian Sendtner tauchen immer wieder in den Produktionen auf, und auch unser allseits geliebter Eugen Oker ist mit Urwaldmusik und seinen Geschichten Babba, sagt der Maxl, du musst mir eine Geschichte erzählen mit von der Partie, gelesen von Gerd Burger. Informativ und ästhetisch sehr ansprechend gestaltet sind jeweils auch die Booklets, so dass nächst dem Hörbuch auch das Blättern in ihnen zum Vergnügen wird.

 

... Elfie Hartenstein und Angela Kreuz. © LOhrbär-Verlag

2016 erhielt der Verlag den Preis für einen bayerischen Kleinverlag. »Das Verlagsprogramm des LOhrBär-Verlags zeichnet sich durch hohe literarische Qualität und aufwändige Produktion der einzelnen Titel aus. Der LOhrBär-Verlag leistet einen wichtigen Beitrag zur Vergegenwärtigung des literarischen Erbes in Bayern wie auch zur Dialektpflege und verortet sich bewusst, mit offenem Blick über die nahe gelegene Grenze, in der Region«, so gratulierte der bayerische Kultusminister. Dem schließen wir uns gerne an.

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