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28.06.2017, 16:46 Uhr
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Laudatio und Dankesrede: Schwabinger Kunstpreis 2017 an Gunna Wendt

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V.l.n.r.: Vorstandsmitglied der Stadtsparkasse München Stefan Hattenkofer, Preisträger Wolfgang Schlick, Gunna Wendt und Thorsten Krohn sowie Kulturreferent Dr. Hans-Georg Küppers. Foto: Barbara Hartmann

Vergangenen Montag, den 26. Juni 2017 wurden der Schauspieler Thorsten Krohn, Wolfgang Schlick mit der Express Brass Band und die Schriftstellerin Gunna Wendt für ihre besonderen kulturellen und künstlerischen Leistungen für Schwabing im Sinne seiner Tradition mit den Schwabinger Kunstpreisen 2017 ausgezeichnet. Überreicht wurden die jährlich verliehenen und mit 5.000 Euro dotierten Preise von Kulturreferent Dr. Hans-Georg Küppers im Verwaltungszentrum der Stadtsparkasse München, die Preisstifter sind die Constantin Film AG, Karl Eisenrieder – Café Münchner Freiheit, die Stadtsparkasse München sowie die Landeshauptstadt München. Mit freundlicher Genehmigung druckt das Literaturportal Bayern sowohl die Laudatio der Redakteurin Susanne John auf Gunna Wendt als auch die Dankesrede von Gunna Wendt ab.

*

Laudatio von Susanne John

 

Lieber Herr Küppers, verehrte Preisträger, meine liebe Gunna, sehr geehrte Damen und Herren,

ich möchte diese Laudatio mit einem Geständnis beginnen. Und ich gestehe es gern: Ich bin seit 30 Jahren ein Fan von Gunna Wendt. Neudeutsch würde man vielleicht sagen: ein Follower. Es gibt nur ein ganz kleines Problem: Gunna ist bei Facebook – und ich bin es nicht. Das heißt: ich kann nur in der altmodischen, analogen Welt „liken“ und „sharen“. Also bin ich auf Gelegenheiten wie diese hier angewiesen – und nutze sie sehr gern: „Liken und Sharen in sieben Minuten – los geht’s!“

Meine Damen und Herren, Followerin von Gunna Wendt zu sein, das ist kein leichtes Geschäft. Erstens ist Gunna eine Frühaufsteherin und zweitens eine aus Hannover zugewanderte Preußin. Das heißt: Sie ist extrem fleißig und diszipliniert. Sie können sich vorstellen, dass das allein quantitativ einen Wahnsinns-Output zur Folge hat, den man als Fan dann erst einmal inhaltlich bewältigen muss.

Hinzu kommt – und das macht das Fan-Dasein in diesem Fall sehr abwechslungsreich: Gunna Wendt ist so eine Art moderne „Vielseitigkeitsreiterin“ der Kulturwelt. D.h. sie interessiert sich nicht nur für die Zeit der Schwabinger Bohème, sondern auch für Theater, für Musik (vor allem Rockmusik, aber auch für Jazz und Oper, wie man an ihren Büchern sieht), und natürlich für Kunst und Politik. Wenn Sie jetzt ein Problem damit haben, sich das mit der Vielseitigkeitsreiterin vor Augen zu führen, dann mal ich das Bild ein bisschen für Sie aus.

Gunna Wendt im Porträt stelle ich mir ungefähr so vor: Im Damensitz reitend, klassisch elegant, sehr aufrecht, die Zügel fest in der Hand, ihr Ziel klar vor Augen, angenehm unaufgeregt ihren Weg im Gelände verfolgend, gelegentliche Sprünge über Hindernisse werden mit Bravour genommen – dabei sehr aufmerksam und stets neugierig ihre Umgebung beobachtend.

Wer nun – wie ich – dieser Frau „folgen“ möchte, die im echten Leben natürlich deutlich häufiger mit dem ICE unterwegs ist als mit dem Pferd, hat viel zu tun. Hier eine kleine Kostprobe aus 30 Jahren Gefolgschaft:

Liebe Gunna, ich habe nicht nur die Literaturkalender von Dir in der Küche aufgehängt, oder jahrelang das von Dir herausgegebene Münchener Literaturblatt abonniert, oder sogar beim Literaturtelefon angerufen, als Du die Autorinnen und Autoren dafür ausgesucht hast.

Nein, ich war auch sehr oft in der Monacensia, dem literarischen Gedächtnis unserer Stadt, oder im Theatermuseum, weil Du dort mal wieder eine Deiner zahlreichen Ausstellungen kuratiert hast.

Ich bin sogar den Isartor-Turm hinaufgestiegen – ins von Dir konzipierte Liesl Karlstadt Kabinett. Das befindet sich bekanntlich im Valentin-Musäum, das Deinetwegen nun richtigerweise Valentin-Karlstadt-Musäum heißt. Außerdem war ich im Marstall dabei, als dort am 13. Januar 1996 eine Oper uraufgeführt wurde, zu der Du das Libretto – also den Text – geschrieben hast.

Ich war übrigens auch mal in einem griechischen Lokal in Schwabing, und zwar nur, weil Du gemeint hast, man müsse Kult-Einrichtungen durch Kultur-Veranstaltungen vor dem Abnippeln retten.

Und auf die Blumeninsel Mainau im Bodensee musste gleich die ganze Familie mit, weil ich gern einmal Dein Arbeitszimmer im Schloss – zumindest von außen – anschauen wollte … Wie gesagt, nur eine kleine Auswahl.

Das Schönste aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind für mich als Followerin die vielen, vielen Bücher, die Gunna schreibt. In guten Zeiten kommt jedes Jahr ein neues dazu – und ich hab sie als treuer Fan natürlich alle gelesen. Immer mit großer Freude und vielen Aha-Erlebnissen.

Denn Gunna stellt uns mit jedem Buch außergewöhnliche Menschen vor: Künstlerinnen wie Paula Modersohn-Becker, Schauspielerinnen wie Ruth Drexel und Sängerinnen wie die Callas; Männer sind übrigens auch darunter: zum Beispiel Gert Hofmann, Thomas Strittmatter, Helmut Qualtinger. Aber auch gleich ganze Familien wie die Romanoffs, die Bechsteins, die Bernadottes, die Furtwänglers.

Foto: Barbara Hartmann

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ausgezeichnet wird Gunna Wendt heute insbesondere für ihre Arbeiten über großartige Frauengestalten, die der Schwabinger Szene ihren Stempel aufgedrückt haben. Aber die Art und Weise, wie Gunna Wendt ihren Figuren zu Leibe rückt, die ist meines Erachtens auf alle ihre Bücher und Ausstellungen übertragbar.

Sie kommt den Porträtierten nahe, ohne ihnen unangenehm auf die Pelle zur rücken. Sie enthüllt, entblättert, ohne bloßzustellen. Geht den Dingen auf den Grund, ohne zu sezieren oder Wunden zu reißen. Mit großer Sorgfalt, warmherziger Empathie, aber unverstellt klarem Blick führt Gunna Wendt uns durch diese fremden Leben.

Da geht man als Leserin sehr gern mit – und versteht, warum Lisa Della Casa ihre Opernkarriere an den Nagel gehängt hat. Man lernt Liesl Karlstadt kennen, wie sie aus dem Schatten von Karl Valentin heraustritt. Und man hat Mitleid mit Lena Christ, die im Schwabinger Wirtshaus von der eigenen Mutter ausgebeutet wird.

Liebe Gunna, was ich besonders mag, ist, dass in Deinen Büchern eine echte Begegnung stattfindet – und zwar unabhängig davon, ob die Menschen, über die Du schreibst, schon tot sind oder noch leben.

Du stellst Dich dabei nicht über diese Figuren. Aber ebenso wenig blickst Du zu den Porträtierten hinauf, auch wenn diese in schwedischen oder russischen Königshäusern sitzen. Nein, Du begegnest ihnen auf Augenhöhe – vorzugsweise im Dialog. Bei den Verstorbenen sind es dann eben die Tagebücher und Briefe, die Deine zahlreichen Fragen beantworten müssen.

Diese angenehme Art der Annäherung schlägt sich auch stilistisch nieder. Denn Gott sei Dank, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist Gunna Wendt keine gelernte Literaturwissenschaftlerin. Hier gibt es keine Metaphernfelder, die semantisch durchpflügt werden. Weder Symbolik noch Syntax sind die Themen, die sie interessieren.

Nein, Gunna Wendt hat in Hannover bei Oskar Negt studiert, bevor sie nach München kam: und zwar Psychologie und Soziologie. Eine nicht ganz unbelastete Kombination, wie wir seit Adorno wissen. Aber bei Gunna – finde ich jedenfalls – gehen diese oft genug widerstreitenden Disziplinen eine gelungene und fruchtbare Symbiose ein.

Aus diesen beiden Perspektiven blickt sie auf die Lebensgeschichten ihrer Figuren und stellt Fragen, die uns alle interessieren: Was macht uns stark? Was macht uns krank? Welche Auswirkungen haben psychische Verletzungen in der Kindheit für das spätere Leben der Erwachsenen? Was machen die Verhältnisse, die selten so sind, wie sie sein sollten, mit dem Individuum? Und wie kann ich mich – egal ob reich, ob arm, Mann oder Frau – in der mir vorgegebenen gesellschaftlichen Rahmung bestmöglich entfalten?

Das ist heute schwer genug, aber vor 100 Jahren war es definitiv noch schwieriger – besonders als Frau. Schwabing war damals der Ort der Hoffnung für die Anhänger von Ibsen und Nietzsche. Die Erneuerer und Nichtstuer kamen, die Lebensmüden und die Lebensgierigen.

Einige von ihnen hat Gunna Wendt in ihren Büchern oder in Ausstellungen verewigt. Zum Beispiel Emmy Hennings aus Flensburg: Als erotisches Genie wird die „Weglaufsüchtige“ der gefeierte Star des Simplicissimus und die spätere Frau von Hugo Ball.

Oder die Bildhauerin Clara Rilke-Westhoff aus Bremen, die nach München kam, um hier eine Malschule zu besuchen. Sie war begeistert von „dieser göttlichen Freiheit“ in Schwabing. Auch die Amour fou, die Liebesaffäre von Lou Andreas-Salomé und Rainer Maria Rilke nahm ihren Anfang in den Schwabinger Nächten der Jahrhundertwende.

Oder Lena Christ: Die Arme hat von dem Boheme-Feeling mit den rauschenden Festen allerdings nicht viel mitbekommen. Ihr „Schwabing“ bestand aus einer Bank vor der Pinakothek. Dort hat sie ihre „Erinnerungen einer Überflüssigen“ geschrieben, bis sie sich 1920 verarmt und verzweifelt das Leben nahm.

Und natürlich nicht zuletzt die „Gräfin von Wahnmoching“: Franziska zu Reventlow, die ausbricht aus der hohen Husumer Gesellschaft. Die junge Frau stürzt sich in Schwabing rückhaltlos in den Strudel der – wie sie es empfindet – erotischen Befreiung. Ihr Leben selbst soll zum Kunstwerk werden.

Hört sich toll an – aber realistisch betrachtet, bestand die Kunst für sie eher darin, zu ÜBERleben. Sie versucht, sich mit Übersetzungen über Wasser zu halten, bekommt 5 Mark für einen Witz, wenn er im Simplicissimus abgedruckt wird. Manche ihrer Liebhaber beten sie an, viele nutzen sie aus: sexuell, finanziell. Wenn es ganz eng wird, geht sie anschaffen am Sendlinger Tor. Heute würde man sagen: Sie war eine mittellose Alleinerziehende in extrem prekärer Lage, die als Mietnomadin von einer Schwabinger Adresse zur nächsten zieht. Interessanterweise kommt diese Tabubrecherin erst in der Schweiz zur Ruhe und wirklich zum Schreiben.

Gunna Wendt schildert das Auf und Ab dieses unkonventionellen Lebens sehr mitfühlend, ohne Wertung. Manchmal schwingt so etwas wie eine fassungslose Bewunderung mit, als würde sie sich fragen: „Wie hat diese Frau das alles bloß ausgehalten, ohne daran zu zerbrechen?

Liebe Gunna, ich wünschte, Du hättest die Gelegenheit gehabt, Franziska zu Reventlow in Deinen Literaturclub bei der Jazzwelle plus einzuladen, um eine Antwort zu bekommen. (Für die, die hier im Publikum ein bisschen jünger sind: Der Literaturclub war eine wöchentliche, einstündige Gesprächssendung bei einem Münchner Privatsender in den 1980/90er-Jahren.)

Reventlow und Wendt. Ich bin mir sicher: Das wäre ein tolles Gespräch geworden – mit zwei klugen, starken und eigenwilligen Frauen. Und ich hätte Dir – wie schon vor 30 Jahren – sehr gern zugehört, und nicht nur, weil Du so eine tolle Radiostimme hast.

Da diese Begegnung aber leider nicht mehr live möglich ist, möchte ich Sie, liebe Gäste, ermuntern, die Bücher von Gunna Wendt zu lesen. Denn eins hat sich in 100 Jahren nicht geändert: Schriftstellerinnen müssen von ihren Werken leben.

Liebe Gunna, ich werde Dir auf jeden Fall weiter folgen und freue mich schon auf das neue Buch von Dir über Erika Mann und Therese Giehse – und ich gratuliere Dir von Herzen zum Schwabinger Kunstpreis.

Foto: Barbara Hartmann

***

Dankesrede von Gunna Wendt

 

Guten Abend, meine Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde,

zuerst einmal ganz ganz herzlichen Dank, liebe Susanne, für die wunderbare Laudatio. Als ich gefragt wurde, wen ich gern als Laudator oder Laudatorin hätte, musste ich keinen Moment überlegen. Spontan fiel mir Susanne John ein. Susanne, Du hast schon gesagt, wie lange wir uns kennen – und nicht nur das: Du bist diejenige, die jedes meiner Bücher gelesen und immer auch etwas dazu gesagt oder geschrieben hat. Auch dafür vielen Dank, liebe Susanne. So etwas ist für Schriftsteller überlebenswichtig, denn Schreiben ist bekanntlich eine einsame Tätigkeit und eigentlich kennt man seine Leser nicht.

Ihnen, Herr Dr. Küppers, vielen Dank für Ihre Worte, den Preisgebern für den Preis und der Jury ganz besonders für die tolle Begründung, in der ich mich und meine Arbeit wirklich getroffen fühle.

Vielen Dank auch meinen Freundinnen und Freunden, die heute Abend gekommen sind – die meisten von ihnen begleiten mich schon seit langem. Es ist wunderbar, dass Ihr alle hier seid. Eine Freundin möchte ich doch besonders hervorheben:

Ich kenne sie noch länger als Susanne John und sie war für meinen Start im Schwabinger Kulturleben sehr wichtig: Margit Saad-Ponnelle, die wunderbare Regisseurin, Filmemacherin und Schauspielerin.

Vor über 30 Jahren hast Du hier am Schwabinger TAMS das Stück „Gipfelkonferenz“ inszeniert, liebe Margit, und ich – damals ziemlich neu in München – war Deine Regieassistentin. Seither sind wir befreundet. Toll, dass Du heute Abend dabei bist.

Der Schwabinger Kunstpreis ist mein erster Preis – abgesehen von dem Hörfunkpreis der BLM, den ich Ende der 80er Jahre für einen kabarettistischen Beitrag bei der Jazz Welle Plus erhielt.

Der Schwabinger Kunstpreis kam wirklich überraschend, denn ich hatte irgendwann für mich diagnostiziert: Ich bin kein Preistyp, wobei ich allerdings nicht genau definiert habe, was das ist, ein Preistyp – vielleicht jemand, dessen Preis-Liste länger ist als die Liste seiner Bücher. Nun gut, das werde ich nicht mehr schaffen.

Ich habe Thomas Bernhards Reflexionen zu diesem Thema genossen, ohne sie allerdings zu ernst zu nehmen: Seiner Empfehlung, wenn man schon über 40 ist, keine Preise mehr anzunehmen, möchte ich nicht folgen. In diesem Zusammenhang noch ein weiteres Dankeschön, und zwar an Frau Noack, Frau Volk und Eva Schuster für die Vorbereitung dieser Veranstaltung. Das war so ganz anders als die Thomas Bernhardschen Erfahrungen. Ich weiß Ihr Engagement für diesen Abend sehr zu schätzen.

Die literarische Biografie ist ein Genre, mit dem sich die Literaturkritik und Literaturwissenschaft schwer tut – im deutschsprachigen Raum. Sie ist fast aus allen Förderprogrammen – allen voran der Deutsche Literaturfonds – ausgeschlossen.

Man weiß sie nicht so recht einzuordnen: so zwischen Fiktion und Dokumentation. Werden Fußnoten verwendet, heißt es, das störe den Lesefluss. Wenn nicht, erfolgt oft der Vorwurf der mangelnden Wissenschaftlichkeit, obwohl diese gar nicht beansprucht wurde.

Ja, die professionelle Rezeption tut sich schwer mit diesem Genre, aber die Leserinnen und Leser zum Glück nicht!

Als Biografin bewegt man sich immer so dazwischen – ein Raum, in dem ich mich – zugegeben – ganz wohlfühle, denn dann ist man in keiner Schublade. Und hatte nicht schon der argentinische Autor Julio Cortázar, der neben Thomas Bernhard, einer meiner großen literarischen Favoriten ist, sich selbst als „hartnäckigen Bewohner von Zwischenbereichen“ bezeichnet. Durch ihn habe ich viel zum Thema Biografie gelernt – genauso wie von dem französischen Philosophen Gilles Deleuze, dessen schmaler Band Kafka – für eine kleine Literatur nach wie vor unerreicht ist, wenn man Elementares über Kafka und über Biografie erfahren will.

Aber die Zeiten ändern sich – „The times they are a-changing“ – Bob Dylan hat den Literatur-Nobelpreis bekommen, auch wenn die Diskussionen darüber, ob seine Songtexte Literatur sind, nicht abreißen.

Wie auch immer, alles ist in Bewegung. Das war es auch im Schwabing der Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert: Normen, Reglementierungen, Schubladendenken wurden außer Kraft gesetzt. „Die Phantasie an die Macht“ – eine Forderung der 68er-Bewegung, die aber auch hervorragend zur Schwabinger Szene passt.

Der vielbeschworene Satz Franziska zu Reventlows, Schwabing sei nicht so sehr eine geographische Bezeichnung, sondern ein Zustand, wird heute Abend wieder einmal lebendig: Viele der Mitwirkenden sind Zugereiste: zum Beispiel Susanne John, Dr. Küppers und ich. Wir sind Zeugen dafür, dass man diesen „Zustand Schwabing“ auch in Hagen, Oberhausen und Jeinsen bei Hannover annehmen kann.

Bei den Protagonisten der Schwabinger Boheme ist es nicht anders: Komtess Fanny zu Reventlow stammte aus dem Schloss vor Husum, die Weglaufsüchtige Emmy Hennings aus Flensburg, Frank Wedekind aus Hannover, Erich Mühsam aus Lübeck. An ihn, dessen Todestag sich in wenigen Tagen jährt – er wurde am 10. Juli 1934 ermordet – sei hier ganz besonders erinnert. Vor allem er war es, der dafür gesorgt hat, dass Schwabing nicht nur ein kulturelles, literarisches, (lebens-)künstlerisches Zentrum war, sondern auch ein Ort des Widerstands und der Utopie.

Ein Ort der Sehnsucht nach einem anderen Leben – einem Leben, das nicht ausschließlich geprägt wird durch „betriebswirtschaftlich beschädigte Vernunft“ – ein Ausspruch meines Lehrers, Professor Oskar Negt.

Ich freu mich, diese Utopie heute Abend mit Ihnen allen zu feiern.

Vielen Dank!

Gunna Wendt und Susanne John. Foto: Haimo Liebich

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