Info
18.09.2015, 12:33 Uhr
Wolf Peter Schnetz
Text & Debatte
images/lpbblogs/autorblog/klein/schnetz_wolfpeter_164.jpg
© Regine Arends

Literatur in Wanderstiefeln: Wolf Peter Schnetz dichtet über Pilsen

https://www.literaturportal-bayern.de/images/lpbblogs/autorblog/klein/herzenslandschaften_klein.jpg
(c) KernVerlag

Schreibend und lesend zu Fuß unterwegs – das sind die Autorinnen und Autoren der befreundeten Schriftstellerverbände Ostbayern und Westböhmen bei Literatur in Wanderstiefeln vom 18. bis zum 27. September. In zehn Etappen wird gemeinsam gewandert, gedichtet, gelesen und zum Schluss gefeiert: beim Literatur- und Kulturfest in Pilsen, der Kulturhauptstadt 2015. Literatur- und Wanderbegeisterte sind herzlich eingeladen, sich den Schriftstellerinnen und Schriftstellern in Wanderstiefeln anzuschließen, für eine oder zwei Etappen oder sogar die gesamte Strecke. Aus der Anthologie "Herzenslandschaften" anlässlich der zwanzigjährigen Kooperation des ostbayerischen Schriftstellerverbandes mit dem Zentrum westböhmischer Schriftsteller publizieren wir zweisprachig ein Gedicht des Schriftstellers Wolf Peter Schnetz.

*

Pilsen – Wo alles begann

 

M-UM 664

hieß das Kennzeichen

meines VW-Käfers

auf der Reise nach Pilsen, 1966.

 

Nur eine Durchgangsstation

mit der Aussicht

auf einen Frühling in Prag.

 

Günter Eich war dabei,

Guntram Vesper und Peter Reus,

der ein Happening inszenierte

als tobende Saalschlacht in Pilsen.

 

Die Freunde von damals:

Frantisek Fabian, Radioreporter,

trinkfest und rührig,

Josef Koenigsmark,

der sanfte Spötter, und

Josef Hruby,

ein Mittler zwischen den Sprachen,

Leiter der Bibliothek (bis 1968,

als der Vorhang sich schloss).

Seine Gedichte, „Den Kopf voll Safran“,

werden uns überdauern:

„Lebenslänglich“, heißt es in einem Gedicht.

 

Die Freunde von damals

erzählten uns ihre Stadt

bei Topinken und Prazdroj,

Urquell mit Knoblauchbroten und Kren:

Das gab´s nur in Pilsen.

 

Ein herrschaftliches Hotel

an der Kreuzung in der Mitte der Stadt.

Die Leitungen röhrten erbärmlich.

Wir schliefen lang in den Tag

nach sprachwachen Nächten

in Pilsen, wo alles begann.

 

*

 

Plzeň – Kde všechno začalo

 

M-UM 664

byla značka

mého VW brouka

na cestě do Plzně, 1966.

 

Pouze průchozí stanice

s výhledem

na jaro v Praze.

 

Günter Eich byl u toho,

Guntram Vesper a Peter Reus,

který zinscenoval happening

jako běsnící sálovou bitvu v Plzni.

 

Tehdejší přátelé:

František Fabián, rozhlasový reportér,

odolný vůči alkoholu a podnikavý,

Josef Koenigsmark,

vlídný vtipálek, a

Josef Hrubý,

prostředník mezi jazyky,

vedoucí knihovny (do 1968,

kdy se opona uzavřela).

Jeho básně, „Hlava plná šafránu“,

nás přežijí:

„Doživotně“, jak píše v jedné básni.

 

Tehdejší přátelé

nám vyprávěli své město

u topinek a Prazdroje,

Urquell s česnekovými chleby a křenem:

To bylo jen v Plzni.

 

Honosný hotel

na křižovatce v centru města.

Potrubí nelítostně halasila.

Spali jsme dlouho do bílého dne

po nocích proklábosených

v Plzni, kde všechno začalo.