Robert Seethaler zu Gast beim Literaturfest München
Die Geschichte von Andreas Egger ist eine einfache Geschichte von einem einfachen Menschen. Genau das sollte ursprünglich auch der Titel von Robert Seethalers fünftem Roman sein, verriet der Schriftsteller und Drehbuchautor bei seiner Lesung am gestrigen Abend im Rahmen des Literaturfests im Literaturhaus München. Doch der Titel Eine einfache Geschichte war ihm noch vor der Veröffentlichung „weggeschnappt“ worden, weshalb der Roman stattdessen unter dem Titel Ein ganzes Leben erschien. „Aber weil es eben nichtsdestotrotz immer noch eine einfache Geschichte ist“, beschloß Seethaler vorweg „gar nichts mehr“ zu erzählen und „einfach zu lesen“.
Die Lebensgeschichte wird in Zeitsprüngen erzählt, die eigentlich „keine richtigen Sprünge sind, sondern Zeitbögen, Rückblicke und Vorschauen auf dieses lange Leben“. Der Anfang des Romans, mit dem auch die Lesung begann, warf das Publikum mitten hinein in das Leben des jungen Eggers, eines Armeleutekinds, das mit vier Jahren in ein abgelegenes Gebirgstal kommt und bei dem Großbauern Kranzstocker aufwächst. Er erlebt eine Kindheit geprägt von körperlicher Züchtigung und harter Arbeit. Trotz der Schäden, die er aus dieser Zeit davonträgt, entwickelt er sich zu einem starken Mann mit großem Herzen, der dem Leser auf den ersten Seiten begegnet.
„Sie handeln von einfachen Menschen, von solchen die man leicht übersieht – nicht gerade Außenseiter, doch solche am Rand, zunächst eher unauffällig“. So beschreibt Dr. Michael Ott in seiner Lesungseinführung die Besonderheit, die er nicht nur in Ein ganzes Leben, sondern auch in den anderen Texten Seethalers sieht. Durch Begegnungen mit anderen, durch Freundschaft oder Beziehungen kommt Bewegung in das Leben der alltäglich wirkenden Figuren. Das kann sowohl Glück als auch zugleich großes Unglück bedeuten, wobei der Autor direkt und mitbewegend von den inneren Veränderungen seiner Protagonisten erzählt.
Buchcover zu Robert Seethalers Roman Ein ganzes Leben © Hanser / Seethaler signiert im Anschluss an die Lesung im Literaturhaus © Literaturportal Bayern
Auch Egger erlebt eine solche Begegnung durch die Berührung einer Frau, die später seine Ehefrau werden soll. „Sein Leben lang dachte Andreas Egger immer wieder an diesen Augenblick zurück, an dieses kurze Lächeln an jenem Nachmittag vor dem leise prasselnden Wirtshausofen.“ (Ein ganzes Leben, S. 14) Marie ist die Liebe seines Lebens, die er jedoch viel zu früh wieder verlieren soll, da sie bei einem Lawinenunglück ums Leben kommt.
Für Dr. Michael Ott ist Seethalers Text nicht nur eine Lebensgeschichte – der Autor stellt sich einer grundlegenden Frage der Erzählliteratur: „Wie erzählt man eigentlich von einem einfachen oder naiven Menschen?“ Eine literarische Aufgabe, die Seethaler in seinem Roman löst. Er schreibt von einer einfachen Figur, der er auch dann eine Glaubhaftigkeit zu verleihen vermag, wenn sie sich zwar unwissend, aber mit großem Herz und Verstand durchs Leben schlägt.
Der Roman ist nicht nur die Biographie eines einfachen Menschen, sondern auch ein Bergroman. Damit folgt Seethaler einer langen literarischen Tradition und reiht sich ein in die Liste vieler bekannter Autoren, wie Hermann Hesse oder Max Frisch, mit denen er sich auseinandersetzt. Seethaler spielt auf bekannte Mythen aus der alpinen Literatur an, wie das Wiederfinden eines Toten im ewigen Gletschereis, wenn im Roman der „Hörnerhannes“ Jahre nach seinem Verschwinden als Eisleiche gefunden wird.
Robert Seethalers Buch ist ein „Bergroman ohne jedes falsche Pathos“ und gleichzeitig die „literarische Biographie über einen, vom dem sonst keine Historie erzählt“, so Ott. Der Autor begleitet Andreas Egger durch eine schreckliche Kindheit, das Entdecken der Liebe und deren schmerzlichen Verlust, durch den Krieg und den Einzug des Fortschritts ins Tal bis zum Tod. Er folgt ihm durch ein ganzes Leben, in dem „vieles doch gar nicht so schlecht gelaufen war“ (Ein ganzes Leben, S. 142). Seethaler lässt dabei auf direkte und bewegende Weise den Leser teilhaben an der Geschichte eines einfachen Menschen, die er auch am Ende der Lesung wie schon zu Beginn unkommentiert für sich sprechen lässt.
Robert Seethaler zu Gast beim Literaturfest München>
Die Geschichte von Andreas Egger ist eine einfache Geschichte von einem einfachen Menschen. Genau das sollte ursprünglich auch der Titel von Robert Seethalers fünftem Roman sein, verriet der Schriftsteller und Drehbuchautor bei seiner Lesung am gestrigen Abend im Rahmen des Literaturfests im Literaturhaus München. Doch der Titel Eine einfache Geschichte war ihm noch vor der Veröffentlichung „weggeschnappt“ worden, weshalb der Roman stattdessen unter dem Titel Ein ganzes Leben erschien. „Aber weil es eben nichtsdestotrotz immer noch eine einfache Geschichte ist“, beschloß Seethaler vorweg „gar nichts mehr“ zu erzählen und „einfach zu lesen“.
Die Lebensgeschichte wird in Zeitsprüngen erzählt, die eigentlich „keine richtigen Sprünge sind, sondern Zeitbögen, Rückblicke und Vorschauen auf dieses lange Leben“. Der Anfang des Romans, mit dem auch die Lesung begann, warf das Publikum mitten hinein in das Leben des jungen Eggers, eines Armeleutekinds, das mit vier Jahren in ein abgelegenes Gebirgstal kommt und bei dem Großbauern Kranzstocker aufwächst. Er erlebt eine Kindheit geprägt von körperlicher Züchtigung und harter Arbeit. Trotz der Schäden, die er aus dieser Zeit davonträgt, entwickelt er sich zu einem starken Mann mit großem Herzen, der dem Leser auf den ersten Seiten begegnet.
„Sie handeln von einfachen Menschen, von solchen die man leicht übersieht – nicht gerade Außenseiter, doch solche am Rand, zunächst eher unauffällig“. So beschreibt Dr. Michael Ott in seiner Lesungseinführung die Besonderheit, die er nicht nur in Ein ganzes Leben, sondern auch in den anderen Texten Seethalers sieht. Durch Begegnungen mit anderen, durch Freundschaft oder Beziehungen kommt Bewegung in das Leben der alltäglich wirkenden Figuren. Das kann sowohl Glück als auch zugleich großes Unglück bedeuten, wobei der Autor direkt und mitbewegend von den inneren Veränderungen seiner Protagonisten erzählt.
Buchcover zu Robert Seethalers Roman Ein ganzes Leben © Hanser / Seethaler signiert im Anschluss an die Lesung im Literaturhaus © Literaturportal Bayern
Auch Egger erlebt eine solche Begegnung durch die Berührung einer Frau, die später seine Ehefrau werden soll. „Sein Leben lang dachte Andreas Egger immer wieder an diesen Augenblick zurück, an dieses kurze Lächeln an jenem Nachmittag vor dem leise prasselnden Wirtshausofen.“ (Ein ganzes Leben, S. 14) Marie ist die Liebe seines Lebens, die er jedoch viel zu früh wieder verlieren soll, da sie bei einem Lawinenunglück ums Leben kommt.
Für Dr. Michael Ott ist Seethalers Text nicht nur eine Lebensgeschichte – der Autor stellt sich einer grundlegenden Frage der Erzählliteratur: „Wie erzählt man eigentlich von einem einfachen oder naiven Menschen?“ Eine literarische Aufgabe, die Seethaler in seinem Roman löst. Er schreibt von einer einfachen Figur, der er auch dann eine Glaubhaftigkeit zu verleihen vermag, wenn sie sich zwar unwissend, aber mit großem Herz und Verstand durchs Leben schlägt.
Der Roman ist nicht nur die Biographie eines einfachen Menschen, sondern auch ein Bergroman. Damit folgt Seethaler einer langen literarischen Tradition und reiht sich ein in die Liste vieler bekannter Autoren, wie Hermann Hesse oder Max Frisch, mit denen er sich auseinandersetzt. Seethaler spielt auf bekannte Mythen aus der alpinen Literatur an, wie das Wiederfinden eines Toten im ewigen Gletschereis, wenn im Roman der „Hörnerhannes“ Jahre nach seinem Verschwinden als Eisleiche gefunden wird.
Robert Seethalers Buch ist ein „Bergroman ohne jedes falsche Pathos“ und gleichzeitig die „literarische Biographie über einen, vom dem sonst keine Historie erzählt“, so Ott. Der Autor begleitet Andreas Egger durch eine schreckliche Kindheit, das Entdecken der Liebe und deren schmerzlichen Verlust, durch den Krieg und den Einzug des Fortschritts ins Tal bis zum Tod. Er folgt ihm durch ein ganzes Leben, in dem „vieles doch gar nicht so schlecht gelaufen war“ (Ein ganzes Leben, S. 142). Seethaler lässt dabei auf direkte und bewegende Weise den Leser teilhaben an der Geschichte eines einfachen Menschen, die er auch am Ende der Lesung wie schon zu Beginn unkommentiert für sich sprechen lässt.