Die Münchner Schiene auf dem Literaturfest München 2025
Celebrate your darlings! Ein ganz besonderes, poetisches Highlight des Münchner Literaturfest 2025 ist die Münchner Schiene, die dieses Jahr das Lyrik Kabinett ausrichtet. Kuratiert wird sie von Lisa Jay Jeschke und Chris Reitz. Das Literaturportal hat Lisa Jay Jeschke um einen kurzen O-Ton gebeten.
*
LITERATURPORTAL BAYERN: Lisa Jay, in diesem Jahr nimmt die Münchner Schiene zum dritten Male im Rahmen des Literaturfests an Fahrt auf – und ich muss sagen, der Drive, den sie heuer entwickelt, ist mitreißend; man mag gar nicht mehr ‚aussteigen‘! Daher hier auch nur ein ganz kurzes Haltestellen-Hallo: Wie läuft’s?
LISA JAY JESCHKE: Bisher sehr schön! Die Beiträge sind vielfältig. Mich freut besonders, wie die verschiedensten Genres hier zusammenkommen. Nicht nur Lyrik und Prosa, sondern, um nur ein Beispiel zu nennen, auch die bildende Kunst. Ich denke, es ist uns gelungen, einen Bogen zu spannen zwischen herausfordernden, experimentellen, politischen und spielerischen Texten.
LPB: Eure Schiene ist im besten Sinne: celebral. Lasst uns unsere Darlings feiern! Dies geschieht ebenso einladend wie programmatisch-ästhetisch herausfordernd. Wie können solidarische Beziehungen gepflegt, Ästhetiken erprobt, Wissen geteilt und die unterschiedlichsten Erfahrungen teilhabend reflektiert werden? Dies sind nur einige der zentralen Fragen, die Ihr Euch mit Eurem lyrisch-vielstimmigen Programm stellt. Auf was bist Du ganz besonders stolz?
JESCHKE: Dass die heutige Freie Szene auf die lyrischen Stimmen von damals reagiert, sie aufgreift und weiterträgt. Auf diese Art gelingt uns eine queere, subversive literarische Geschichtsschreibung Münchens.
LPB: Auf was können wir uns denn als nächstes freuen? Wie würdest Du den Satz vollenden: „Kommt alle morgen, am Donnerstagabend zu…“
JESCHKE: …den Gender Stars. Denn das Star-Sein, ebenso wie im Übrigen auch das Fan-Sein, hat ja etwas Queeres an sich. Das spielerische Sich-Entwerfen und Funkeln, das Wagen von kreativen poetischen Freiräumen.
LPB: Dieser Abend für queere Fanfiction*poetry findet um 19.30 Uhr im Lyrik Kabinett statt. Gespannt sein dürfen wir da auf...
JESCHKE: ...Till von Bergner, Sabina Lorenz, Hans Pleschinski, Rune Vollbehr, Theresa Seraphin, Janosch Fries und Senka.
LPB: Vielen Dank, Lisa Jay. Und als kleines poetisches Lockmittel vorab, beschließen wir unseren kurzen Haltestellenplausch nun mit einem Gedicht von Sabina Lorenz, Mitglied der Gruppe Reimfrei:
Unheim beträumt
Stummtage, Liebstes, wie immer
zu spät, der Zug schon fort, ich bleibe.
Ankunftszeiten Abfahrtszeiten, dazwischen
ein kurzes Gespräch mit der Klofrau. Sie
bietet mir Gummibärchen an, ich antworte
geschwätzig wie eine Elster. Nachhaltig
arbeitende Midlife-Crisis, dieser Hunger
wenn die Worte sich verkanten, nicht
Null, nicht Eins, Madam
what is your definition of soul. Surrende
Fliege in der rechten Gehirnhälfte, das
ist alles: Sentiment, mathematische
Rätsel, Lautsprecherdurchsagen eine Form
von Landgang. Einstieg, Umstieg, your ticket
please, wohin, ich habs vermerkt, Liebstes, wann
geht der verdammte Zug.
Aus: Sabina Lorenz: Die Fremde ist ein Ort. Lyrikedition 2000 (2007)
Die Münchner Schiene auf dem Literaturfest München 2025>
Celebrate your darlings! Ein ganz besonderes, poetisches Highlight des Münchner Literaturfest 2025 ist die Münchner Schiene, die dieses Jahr das Lyrik Kabinett ausrichtet. Kuratiert wird sie von Lisa Jay Jeschke und Chris Reitz. Das Literaturportal hat Lisa Jay Jeschke um einen kurzen O-Ton gebeten.
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LITERATURPORTAL BAYERN: Lisa Jay, in diesem Jahr nimmt die Münchner Schiene zum dritten Male im Rahmen des Literaturfests an Fahrt auf – und ich muss sagen, der Drive, den sie heuer entwickelt, ist mitreißend; man mag gar nicht mehr ‚aussteigen‘! Daher hier auch nur ein ganz kurzes Haltestellen-Hallo: Wie läuft’s?
LISA JAY JESCHKE: Bisher sehr schön! Die Beiträge sind vielfältig. Mich freut besonders, wie die verschiedensten Genres hier zusammenkommen. Nicht nur Lyrik und Prosa, sondern, um nur ein Beispiel zu nennen, auch die bildende Kunst. Ich denke, es ist uns gelungen, einen Bogen zu spannen zwischen herausfordernden, experimentellen, politischen und spielerischen Texten.
LPB: Eure Schiene ist im besten Sinne: celebral. Lasst uns unsere Darlings feiern! Dies geschieht ebenso einladend wie programmatisch-ästhetisch herausfordernd. Wie können solidarische Beziehungen gepflegt, Ästhetiken erprobt, Wissen geteilt und die unterschiedlichsten Erfahrungen teilhabend reflektiert werden? Dies sind nur einige der zentralen Fragen, die Ihr Euch mit Eurem lyrisch-vielstimmigen Programm stellt. Auf was bist Du ganz besonders stolz?
JESCHKE: Dass die heutige Freie Szene auf die lyrischen Stimmen von damals reagiert, sie aufgreift und weiterträgt. Auf diese Art gelingt uns eine queere, subversive literarische Geschichtsschreibung Münchens.
LPB: Auf was können wir uns denn als nächstes freuen? Wie würdest Du den Satz vollenden: „Kommt alle morgen, am Donnerstagabend zu…“
JESCHKE: …den Gender Stars. Denn das Star-Sein, ebenso wie im Übrigen auch das Fan-Sein, hat ja etwas Queeres an sich. Das spielerische Sich-Entwerfen und Funkeln, das Wagen von kreativen poetischen Freiräumen.
LPB: Dieser Abend für queere Fanfiction*poetry findet um 19.30 Uhr im Lyrik Kabinett statt. Gespannt sein dürfen wir da auf...
JESCHKE: ...Till von Bergner, Sabina Lorenz, Hans Pleschinski, Rune Vollbehr, Theresa Seraphin, Janosch Fries und Senka.
LPB: Vielen Dank, Lisa Jay. Und als kleines poetisches Lockmittel vorab, beschließen wir unseren kurzen Haltestellenplausch nun mit einem Gedicht von Sabina Lorenz, Mitglied der Gruppe Reimfrei:
Unheim beträumt
Stummtage, Liebstes, wie immer
zu spät, der Zug schon fort, ich bleibe.
Ankunftszeiten Abfahrtszeiten, dazwischen
ein kurzes Gespräch mit der Klofrau. Sie
bietet mir Gummibärchen an, ich antworte
geschwätzig wie eine Elster. Nachhaltig
arbeitende Midlife-Crisis, dieser Hunger
wenn die Worte sich verkanten, nicht
Null, nicht Eins, Madam
what is your definition of soul. Surrende
Fliege in der rechten Gehirnhälfte, das
ist alles: Sentiment, mathematische
Rätsel, Lautsprecherdurchsagen eine Form
von Landgang. Einstieg, Umstieg, your ticket
please, wohin, ich habs vermerkt, Liebstes, wann
geht der verdammte Zug.
Aus: Sabina Lorenz: Die Fremde ist ein Ort. Lyrikedition 2000 (2007)