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10.11.2023, 09:00 Uhr
Nicola Bardola
Spektakula

Das Literaturfest 2023 findet vom 15. November bis 3. Dezember in München statt

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© Nicola Bardola

Das Programm des 14. Literaturfests München, das vom 15.11.2023 bis zum 3.12.2023 im Haus der Kunst, dem Literaturhaus München, der Monacensia, den Kammerspielen, dem Residenztheater, dem Gasteig HP8, dem Fat Cat, der Ludwig-Maximilians-Universität München und an weiteren Orten stattfindet, bietet eine große Vielfalt mit überraschenden Schwerpunkten. 

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Zum Festival 2023 gehören die 64. Münchner Bücherschau, die von der Monacensia konzipierte „Münchner Schiene“ und das Festprogramm des Literaturhauses München mit dem Markt der unabhängigen Verlage „Andere Bücher“. Auch die Verleihung des Geschwister-Scholl-Preises an den belgischen Schriftsteller und Historiker David Van Reybrouck findet im Rahmen des Literaturfests statt. Reybroucks aktuelles Buch Revolusi – Indonesien und die Entstehung der modernen Welt (Suhrkamp) präsentiert Indonesien von den 1940er Jahren bis heute als Land an der Spitze der Dekolonisation, die später auch in Afrika stattfand.

Tanja Graf, Leiterin des Literaturhauses, sagte bei der Vorstellung des Programms: „Jung, weiblich und divers wird heuer unser Programm. Alte weiße Männer werden in der Minderheit sein“. Dieser Sachverhalt werde auch durch das Plakat deutlich. Allerdings hält sich der dort abgebildete Mann möglicherweise nicht zum Schweigen die Hand vor den Mund, sondern nur senkrecht den Zeigefinger über die zusammengepressten Lippen. Diese Geste könnte das Publikum als ein „Pssst“ missverstehen. Es gilt jedoch: Alte weiße Männer sollen das Literaturfest nicht dominieren. Und Einmischungen, Reaktionen, Widerreden aller Art wünscht sich das Organisationsteam und insbesondere der Kurator des „Forums“ Lukas Bärfuss, Schweizer weißer Mann, 51 Jahre jung, Schriftsteller und Georg-Büchner-Preisträger. Einer der „markantesten Intellektuellen der Gegenwart“, so Tanja Graf.

Die von Bärfuss unter dem Titel „Was wir erben, was wir hinterlassen“ kuratierte Forums-Reihe befasst sich mit dem Thema Erbe in rechtlicher, historisch-politischer, künstlerisch-literarischer und biologisch-naturwissenschaftlicher Sicht. Es wird konkret um Themen wie (Vermögens-)Verteilung gehen, aber auch um unsere Verortung in der Geschichte und politischen Gegenwart und um moralisch-ethische Themen. Welche Verantwortung übernehmen wir für unsere Hinterlassenschaften? Und wie erzählen wir davon?

Literaturfest-Geschäftsführerin Tanja Graf sagte bei der Vorstellung des Programms: „Lukas Bärfuss befasst sich mit dem drängendsten Thema unserer Zeit: Wie sieht die Welt aus, die wir der nächsten Generation überlassen? Es ist großartig, mit ihm einen der markantesten Intellektuellen der Gegenwart für das Literaturfest München gewonnen zu haben.“ Bärfuss seinerseits freut sich, dass „sein“ Thema nun Auslöser für eine profunde Auseinandersetzung ist. 2022 hat Bärfuss das Buch Vaters Kiste (Rowohlt) veröffentlicht, das zwar nur 96 Seiten umfasst, aber sehr viele Themen triggert. Bei der Programmvorstellung im Literaturhaus sagte Bärfuss, der größte Teil unserer Hinterlassenschaft sei Müll – im Wortsinn. „Bei den Recherchen habe ich viele Aspekte entdeckt, die im Buch nicht Platz fanden. Zudem habe ich gesehen, dass das Erben eine der zentralen Fragen unserer Zeit ist. Vieles kommt gegenwärtig ins Rutschen, besonders auch was unsere geschichtliche Herkunft betrifft.“

Bärfuss betonte, die Nachhaltigkeit sei eine Verpflichtung für die jetzige Generation. „Es stellt sich die Frage: Wie können wir die Interessen der nachfolgenden Generationen in unserer Gesetzgebung darstellen? Es geht um die Rechte der Nachgeborenen. Ich habe dazu vor der Veröffentlichung des Buches Vorträge gehalten, die auch unter dem Einfluss des Urteils des BGH's zur Nachhaltigkeit standen. Fest steht: Nachfolgende Generationen haben ein Recht auf Ressourcen.“ Bärfuss wies bei seiner Präsentation besonders auf die Veranstaltung „Giftiges Erbe – Brauchen wir einen Kanon?“ (am 18. November in den Kammerspielen) hin. Dort wird es auch um Wolfgang Koppens Tauben im Gras und die Debatte gehen, die von der Lehrerin Jasmin Blunt angestoßen wurde. Sie wird ebenso anwesend sein wie u.a. Jürgen Kaube (Herausgeber der FAZ) oder Carola Lentz (Präsidentin des Goethe-Instituts).

Vergangenes Jahr wagte man Neues mit der „Münchner Schiene“. Und weil das so gut lief, geht dieser Teil des Literaturfestes in Serie, kuratiert von der Monacensia. Deren Leiterin Anke Buettner stellt sich täglich die Frage, wie die Stadt München literarisch dargestellt wird und wie sie sich selbst darstellt. Die Beschäftigung mit den Lücken im literarischen Gedächtnis der Stadt ist fundamental für die Monacensia. So werden grundsätzliche Überlegungen der Monacensia in die Kuratierung des Programms der Münchner Schiene einfließen. „Wir haben das Szene-Netzwerk aktiviert und Co-Kuratorinnen eingeladen, um mit uns gemeinsam die Schiene zu gestalten“, sagten Anke Buettner und ihre Kollegin Rebecca Faber. Faber fragte: „Wo findet Literatur in München statt und wer gehört dazu? Wie ist Subliterarisches im Kontrast zu institutionell geförderter Literatur einzuschätzen? Und was ist mir unveröffentlichten Texten? Skripte beispielsweise für narratives Game-Design?“ 

Buettner und Faber wiesen u.a. auf den „Poetik-Salon“ hin, „Ein offenes Gespräch über Literatur“ mit Dagmar Leupold, Norbert Niemann und Slata Roschal (21.11. in der Monacensia) oder auf „Endlich Geschichte!“, ein Abend mit Tina Rausch und Georg M. Oswald als Moderatoren, Andreas Neumeister als DJ und den Autor*innen Lion Christ, Katja Huber, Fabienne Imlinger und Feridun Zaimoglu. Den Höhepunkt der Schiene stellt dann vielleicht die Party mit Drag Show zu Ehren der Volkskünstlerin Bally Prell (1922-1982) am Samstag, 2. Dezember, in der Monacensia dar. 

Auch bei der Bücherschau im Haus der Kunst verschmelzen Tradition und Gegenwart. Hier werden „immersive Buchpräsentationen“ angekündigt, inspiriert von animierten Kunstausstellungen. Kuratorin Friederike Eickelschulte wurde bei 3-D-Animationen beispielsweise von Van Gogh oder Klimt fündig. Geplant sind innovative Präsentationen von Bilderbüchern, illustrierten Büchern und Graphic Novels. Da werden auch die Sprechblasen animiert werden. Die Buch-Projektionen sollen einen ganzen Raum einnehmen und die Besucher gleichsam in die Bücher hineinziehen. 

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Das gesamte Programm