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19.05.2023, 10:00 Uhr
Nicola Bardola
Spektakula

Ausstellung zum Mai 1933: Verbrannte Bücher in Bayern

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Plakat aus der Ausstellung © BLZ / LMU

In Deutschland brannten vor 90 Jahren Scheiterhaufen mit Büchern. Die Nationalsozialisten wollten Autorinnen und Autoren publikumswirksam aus der Öffentlichkeit beseitigen. Viele der Schriftsteller gehörten zur literarischen Elite der Weimarer Republik. Ziel der Nationalsozialisten war es, die freie Meinungsäußerung zu unterbinden und Wissenschaft, Literatur, Kunst, Publizistik sowie insgesamt die Gesellschaft „gleichzuschalten“. Zum Ritual der neuen Machthaber bei den Bücherverbrennungen gehörten die so genannten „Feuersprüche“. Bei Erich Maria Remarque lautete er: „Gegen literarischen Verrat am Soldatentum des Weltkrieges. Für Erziehung des Volkes im Geist der Wehrhaftigkeit.“ Der aktuelle Erfolg der Neuverfilmung von Remarques Roman Im Westen nichts Neues zeigt einmal mehr, wie umfassend die Absichten der Bücherverbrennungen gescheitert sind.

Die Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit (BLZ) und die Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) haben eine Plakatserie entwickelt, die betroffene Autorinnen und Autoren, die Brandstifter (v.a. die Deutsche Studentenschaft und die Hitlerjugend) und die Orte in Bild und Text zeigen. Damit wird das Ausmaß der Bücherverbrennung in Bayern nachhaltig sichtbar, denn die Plakate werden durch umfangreiches Zusatzmaterial ergänzt und sollen in vielen Städten und insbesondere in (Hoch-) Schulen im Verlauf des Jahres gezeigt werden. Wichtig ist den Initiatoren, dass damit nicht nur am 10. Mai an die Verbrennungen erinnert wird, sondern ganzjährig. Bei einer Podiumsdiskussion in der LMU anlässlich des 90. Jahrestages wurden die acht großen Papierbogen erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Professorin für Buchwissenschaften an der LMU Christine Haug berichtete von der Arisierung von Autorenrechten und von einem Telefonat mit Klaus G. Saur (Sohn des Amtsleiters im Reichsministerium für Bewaffnung und Munition Karl-Otto Saur), der ihr Unbekanntes über den Ullstein Verlag und über den Autor Erich Maria Remarque erzählte.

V.l.n.r.: Rupert Grübl (Direktor der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit), Prof. Dr. Christine Haug (Sprecherin des Zentrums für Buchwissenschaft), Dr. Sven Kuttner (Stellvertretender Direktor der Universitätsbibliothek der LMU).

Der Ullstein Verlag veröffentlichte in Berlin mit einer politisch liberalen Grundhaltung zahlreiche Erfolgstitel zwischen den Kriegen (u.a. von Vicki Baum, Brecht, Horváth, Feuchtwanger, Heinrich Mann oder Zuckmayer). 1937 wurde der Verlag „arisiert“. Der Nationalsozialistische Eher-Verlag übernahm die Geschäfte. Kurz davor gelang es den Ullstein-Brüdern, eine frisch gedruckte Auflage von Remarques Im Westen nichts Neues in eine Wand des Verlagsgebäudes einzumauern. Die Bücher überstanden unversehrt den Krieg. Rudolf Ullstein hatte bis 1945 in einer Autowerkstatt in London gearbeitet und kehrte nach Kriegsende nach Berlin zurück. Die Bücher wurden aus dem Versteck geholt und gelangten mit der Zustimmung der Alliierten sofort in Umlauf. „Damit war Remarques Roman das erste der verbrannten Bücher, das nach dem Krieg in einer hohen Auflage Leser fand“, so Christine Haug. Am Gespräch beteiligten sich Sven Kuttner, Stellvertretender Direktor der Universitätsbibliothek der LMU, Rupert Grübl, Direktor der BLZ, und Oliver Jahraus, Vizepräsident der LMU. Es moderierten Christina Gibbs, BLZ und Waldemar Fromm, Arbeitsstelle für Literatur in Bayern an der LMU.

Die Plakatwände hängen noch bis 28. Mai in der LMU in der Schellingstraße 3 und können kostenlos besichtigt werden. Die Plakatserie kann bei der BLZ bestellt werden: Publikationen-Detailseite