Literaturfest München gibt neue Kuratorin bekannt
Das Literaturfest München findet 2022 wieder im größeren Format und mit dem kuratierten Programm „Forum“ statt, dieses Jahr gestaltet von der Schriftstellerin Tanja Maljartschuk.
Das 13. Literaturfest München findet vom 16.11. bis 04.12.2022 erstmals nach der Corona-Pandemie wieder im größeren Format statt. Kernstück des Festivals ist erneut das von einer Schriftstellerin oder einem Schriftsteller kuratierte zehntägige Programm „Forum“, das dieses Jahr vom 16. bis 25.11. läuft. Gestaltet wird es von der aus der Ukraine stammenden und in Wien lebenden Autorin Tanja Maljartschuk und trägt das Motto „frei sein - Mitteleuropa neu erzählen“.
Das Literaturfest München umfasst neben dem „Forum“ die 63. Münchner Bücherschau sowie das Festprogramm des Literaturhauses mit dem Markt der unabhängigen Verlage „Andere Bücher braucht das Land“ und einer Neuheit: der „Münchner Schiene“. Das unter der Regie von Schriftsteller Benedikt Feiten stehende Programm soll vom 25.11. bis 02.12. der Vernetzung und Neuentdeckung Münchner Autorinnen und Autoren gewidmet sein. Außerdem werden der Geschwister-Scholl-Preis und der Fernsehpreis LiteraVision im Rahmen des Literaturfests verliehen.
Im Mittelpunkt des von Tanja Maljartschuk kuratierten „Forum“ steht der Dialog zwischen deutschen und mittelosteuropäischen Autorinnen und Autoren, deren Länder durch den Einfluss der ehemaligen Sowjetunion geprägt sind. Die Beziehung zwischen West- und Mittelosteuropa soll dabei in literarischer und historischer Hinsicht aufgearbeitet werden. Denn seit dem Zerfall der Sowjetunion, so Maljartschuk, sei sie charakterisiert durch das Versäumnis, die Länder Mittelosteuropas als eigenständige Staaten zu sehen: „Lange galten sie als ‚Kolonien Russlands‘, nicht als Subjekte des europäischen Diskurses. Noch heute wird etwa die Kultur der Ukraine, trotz des Krieges, weiterhin als untrennbarer Teil des großrussischen Narrativs wahrgenommen. Dabei gehört die Ukraine mitsamt ihrer Geschichte und ihren Werten in die Reihe ihrer mitteleuropäischen Nachbarn.“
Kulturreferent Anton Biebl hebt hervor: „Literatur ermöglicht uns Differenzierung, Reflexion und Empathie im Umgang mit den Themen und Positionen unserer Zeit. Gerade im Lichte des Angriffskriegs auf die Ukraine scheint mir das wichtiger denn je. Das von Tanja Maljartschuk kuratierte Programm gibt Stimmen und Erfahrungen von Intellektuellen, Autor*innen aus Mittel- und Osteuropa einen Raum und unterstützt so einen wichtigen Dialog über die Situation in diesen Ländern, ihre Geschichte und Zukunft.“
Tanja Graf, Geschäftsführerin des Literaturfests München, betont: „Das diesjährige ‚Forum‘ bietet uns die großartige Chance, die aktuelle Situation der Ukraine in ihren historischen Tiefen auszuloten – und damit die Situation der postsowjetischen Staaten insgesamt besser zu verstehen. Tanja Maljartschuks Programm ‚frei sein – Mitteleuropa neu erzählen‘ ermöglicht, endlich die Gespräche zu führen, die 30 Jahre lang versäumt wurden: solche zwischen Literatinnen und Literaten eigenständiger Kulturnationen, die längst aus dem Schatten Russlands herausgetreten sind. Sie sind essenziell für ein starkes, friedliches, demokratisches Europa, das ohne Mittel- und Osteuropa nicht mehr vorstellbar ist.“
Basis ihres Programms sind für Tanja Maljartschuk die historischen Initialtexte zur Identität Mitteleuropas, wie sie Václav Havel und Milan Kundera verfassten: In seinem Essay Die Macht der Ohnmächtigen formulierte Havel 1978 eine fundamentale Gesellschaftskritik des sozialistischen Systems, das er geprägt sah durch Gleichschaltung und die Zerstörung von Vielfältigkeit. Während Milan Kundera 1984 Die Tragödie Mitteleuropas als Schicksal einer unbestimmten Zone kleiner Nationen zwischen Russland und Deutschland beschrieb, deren Existenz zu jedem beliebigen Zeitpunkt in Frage gestellt werden könne.
Ausgehend von Havel und Kundera möchte Tanja Maljartschuk den Blick auf die Gegenwart mittelosteuropäischer Intellektueller lenken: Auftritte in ‚Tandems‘ mit Autorinnen und Autoren aus Deutschland sind geplant, Lesungen und Gespräche über Romane, Sachbücher, Lyrik und Reportagen, zudem theatrale und musikalische Inszenierungen. Dabei stehen Themen im Fokus wie „Die Ukraine in der Weltliteratur“, „Die Psychopathologie der Diktatur“, „Künstlerinnen und Künstler im Krieg“. Zum „Forum“ kommen die Literatur-Nobelpreisträgerinnen Herta Müller und Olga Tokarczuk, außerdem eine Vielzahl europäischer Autorinnen und Autoren der Stunde: Andrej Kurkow, Robert Menasse, Sofi Oksanen, Lea Ypi u.v.m.
Tanja Maljartschuk, 1983 in Iwano-Frankiwsk, Ukraine, geboren, studierte Philologie an der Universität Iwano-Frankiwsk und arbeitete nach dem Studium als Journalistin in Kiew. 2009 erschien auf Deutsch ihr Erzählband Neunprozentiger Haushaltsessig, 2013 ihr Roman Biografie eines zufälligen Wunders, 2014 Von Hasen und anderen Europäern und 2019 ihr jüngster Roman Blauwal der Erinnerung. Darin beschreibt sie die Niederlage der ukrainischen Staatenbildung 1919 anhand der Schicksale ukrainischer Intellektueller, die vor den Bolschewiki ins Exil fliehen mussten und nie zurückkehrten. Für Maljartschuk verschwand damit jene europäische Ukraine, die schließlich „in einer verbrecherischen Art und Weise durch die sowjetische ersetzt wurde“. 2018 erhielt Tanja Maljartschuk den Ingeborg-Bachmann-Preis, 2022 den Usedomer Literaturpreis.
Das 13. Literaturfest München (16.11. – 04.12.2022) wird veranstaltet vom Kulturreferat der Landeshauptstadt München in Zusammenarbeit mit dem Literaturhaus München und dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels – Landesverband Bayern e.V.
Geschäftsführerin des Literaturfests und Programmleiterin des Literaturhaus-Festprogramms ist Tanja Graf. Kuratorin des Forums ist Tanja Maljartschuk. Das Erwachsenenprogramm der 63. Münchner Bücherschau wird von Klaus Füreder, Vorsitzender des Landesverbands Bayern im Börsenverein des Deutschen Buchhandels, und von Friederike Eickelschulte, Projektleiterin der Münchner Bücherschau, koordiniert. Das Kinder- und Familienprogramm kuratiert Edith Offermann, Organisatorin der Buchausstellung ist Sonja Hahn.
Das Literaturfest München wird unterstützt vom Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst. Medienpartner sind Bayern 2 und Capriccio.
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Das Literaturfest München findet 2022 wieder im größeren Format und mit dem kuratierten Programm „Forum“ statt, dieses Jahr gestaltet von der Schriftstellerin Tanja Maljartschuk.
Das 13. Literaturfest München findet vom 16.11. bis 04.12.2022 erstmals nach der Corona-Pandemie wieder im größeren Format statt. Kernstück des Festivals ist erneut das von einer Schriftstellerin oder einem Schriftsteller kuratierte zehntägige Programm „Forum“, das dieses Jahr vom 16. bis 25.11. läuft. Gestaltet wird es von der aus der Ukraine stammenden und in Wien lebenden Autorin Tanja Maljartschuk und trägt das Motto „frei sein - Mitteleuropa neu erzählen“.
Das Literaturfest München umfasst neben dem „Forum“ die 63. Münchner Bücherschau sowie das Festprogramm des Literaturhauses mit dem Markt der unabhängigen Verlage „Andere Bücher braucht das Land“ und einer Neuheit: der „Münchner Schiene“. Das unter der Regie von Schriftsteller Benedikt Feiten stehende Programm soll vom 25.11. bis 02.12. der Vernetzung und Neuentdeckung Münchner Autorinnen und Autoren gewidmet sein. Außerdem werden der Geschwister-Scholl-Preis und der Fernsehpreis LiteraVision im Rahmen des Literaturfests verliehen.
Im Mittelpunkt des von Tanja Maljartschuk kuratierten „Forum“ steht der Dialog zwischen deutschen und mittelosteuropäischen Autorinnen und Autoren, deren Länder durch den Einfluss der ehemaligen Sowjetunion geprägt sind. Die Beziehung zwischen West- und Mittelosteuropa soll dabei in literarischer und historischer Hinsicht aufgearbeitet werden. Denn seit dem Zerfall der Sowjetunion, so Maljartschuk, sei sie charakterisiert durch das Versäumnis, die Länder Mittelosteuropas als eigenständige Staaten zu sehen: „Lange galten sie als ‚Kolonien Russlands‘, nicht als Subjekte des europäischen Diskurses. Noch heute wird etwa die Kultur der Ukraine, trotz des Krieges, weiterhin als untrennbarer Teil des großrussischen Narrativs wahrgenommen. Dabei gehört die Ukraine mitsamt ihrer Geschichte und ihren Werten in die Reihe ihrer mitteleuropäischen Nachbarn.“
Kulturreferent Anton Biebl hebt hervor: „Literatur ermöglicht uns Differenzierung, Reflexion und Empathie im Umgang mit den Themen und Positionen unserer Zeit. Gerade im Lichte des Angriffskriegs auf die Ukraine scheint mir das wichtiger denn je. Das von Tanja Maljartschuk kuratierte Programm gibt Stimmen und Erfahrungen von Intellektuellen, Autor*innen aus Mittel- und Osteuropa einen Raum und unterstützt so einen wichtigen Dialog über die Situation in diesen Ländern, ihre Geschichte und Zukunft.“
Tanja Graf, Geschäftsführerin des Literaturfests München, betont: „Das diesjährige ‚Forum‘ bietet uns die großartige Chance, die aktuelle Situation der Ukraine in ihren historischen Tiefen auszuloten – und damit die Situation der postsowjetischen Staaten insgesamt besser zu verstehen. Tanja Maljartschuks Programm ‚frei sein – Mitteleuropa neu erzählen‘ ermöglicht, endlich die Gespräche zu führen, die 30 Jahre lang versäumt wurden: solche zwischen Literatinnen und Literaten eigenständiger Kulturnationen, die längst aus dem Schatten Russlands herausgetreten sind. Sie sind essenziell für ein starkes, friedliches, demokratisches Europa, das ohne Mittel- und Osteuropa nicht mehr vorstellbar ist.“
Basis ihres Programms sind für Tanja Maljartschuk die historischen Initialtexte zur Identität Mitteleuropas, wie sie Václav Havel und Milan Kundera verfassten: In seinem Essay Die Macht der Ohnmächtigen formulierte Havel 1978 eine fundamentale Gesellschaftskritik des sozialistischen Systems, das er geprägt sah durch Gleichschaltung und die Zerstörung von Vielfältigkeit. Während Milan Kundera 1984 Die Tragödie Mitteleuropas als Schicksal einer unbestimmten Zone kleiner Nationen zwischen Russland und Deutschland beschrieb, deren Existenz zu jedem beliebigen Zeitpunkt in Frage gestellt werden könne.
Ausgehend von Havel und Kundera möchte Tanja Maljartschuk den Blick auf die Gegenwart mittelosteuropäischer Intellektueller lenken: Auftritte in ‚Tandems‘ mit Autorinnen und Autoren aus Deutschland sind geplant, Lesungen und Gespräche über Romane, Sachbücher, Lyrik und Reportagen, zudem theatrale und musikalische Inszenierungen. Dabei stehen Themen im Fokus wie „Die Ukraine in der Weltliteratur“, „Die Psychopathologie der Diktatur“, „Künstlerinnen und Künstler im Krieg“. Zum „Forum“ kommen die Literatur-Nobelpreisträgerinnen Herta Müller und Olga Tokarczuk, außerdem eine Vielzahl europäischer Autorinnen und Autoren der Stunde: Andrej Kurkow, Robert Menasse, Sofi Oksanen, Lea Ypi u.v.m.
Tanja Maljartschuk, 1983 in Iwano-Frankiwsk, Ukraine, geboren, studierte Philologie an der Universität Iwano-Frankiwsk und arbeitete nach dem Studium als Journalistin in Kiew. 2009 erschien auf Deutsch ihr Erzählband Neunprozentiger Haushaltsessig, 2013 ihr Roman Biografie eines zufälligen Wunders, 2014 Von Hasen und anderen Europäern und 2019 ihr jüngster Roman Blauwal der Erinnerung. Darin beschreibt sie die Niederlage der ukrainischen Staatenbildung 1919 anhand der Schicksale ukrainischer Intellektueller, die vor den Bolschewiki ins Exil fliehen mussten und nie zurückkehrten. Für Maljartschuk verschwand damit jene europäische Ukraine, die schließlich „in einer verbrecherischen Art und Weise durch die sowjetische ersetzt wurde“. 2018 erhielt Tanja Maljartschuk den Ingeborg-Bachmann-Preis, 2022 den Usedomer Literaturpreis.
Das 13. Literaturfest München (16.11. – 04.12.2022) wird veranstaltet vom Kulturreferat der Landeshauptstadt München in Zusammenarbeit mit dem Literaturhaus München und dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels – Landesverband Bayern e.V.
Geschäftsführerin des Literaturfests und Programmleiterin des Literaturhaus-Festprogramms ist Tanja Graf. Kuratorin des Forums ist Tanja Maljartschuk. Das Erwachsenenprogramm der 63. Münchner Bücherschau wird von Klaus Füreder, Vorsitzender des Landesverbands Bayern im Börsenverein des Deutschen Buchhandels, und von Friederike Eickelschulte, Projektleiterin der Münchner Bücherschau, koordiniert. Das Kinder- und Familienprogramm kuratiert Edith Offermann, Organisatorin der Buchausstellung ist Sonja Hahn.
Das Literaturfest München wird unterstützt vom Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst. Medienpartner sind Bayern 2 und Capriccio.