Ausstellung „Pop Punk Politik – Die 1980er Jahre in München“ in der Monacensia
Die Ausstellung „Pop Punk Politik – Die 1980er Jahre in München“ in der Monacensia widmet sich einer jungen, vielfältigen Textproduktion in München. Text, Medium, Botschaft und Haltung sind hier aufs Engste miteinander verwoben. Mit vielen Dokumenten, Fotografien, Medien und Geschichten ruft „Pop Punk Politik“ die 1980er mit ihren neu entstehenden urbanen Bewegungen in Erinnerung und skizziert ästhetische Verfahrensweisen für eine heutige Debatte. Dazu zählen Fanzines, Radiotexte, Songtexte und Lyrics, Manuskripte oder Manifeste und Starschnitte ebenso wie die damals neue Do-It-Yourself-Strömung (DIY).
Die Ausstellung kann ab Dienstag, den 8. Juni 2021 öffentlich besichtigt werden. Der in Zürich geborene und bei München lebende Autor, Journalist und Übersetzer Nicola Bardola hat für das Literaturportal Bayern bereits hineingeschaut.
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Ein großformatiges Foto im Eingangsbereich der Monacensia zeigt eine junge Frau, die zwischen Zeige- und Mittelfinger der linken Hand nahe an den leicht geöffneten Lippen eine brennende Zigarette hält und mit dem abgespreizten Ringfinger und dem Daumen die Zunge berührt. Diese Geste sieht man heute nur selten, werden doch inzwischen kleine Filter in die Selbstgedrehten gesteckt, um die Tabakkrümel im Mund zu vermeiden. Mit diesem und vielen weiteren Fotos versetzt die Ausstellung „Pop Punk Politik – Die 1980er Jahre in München“ die Besucher rasch in jene Zeit. Viele Aufnahmen von Andrea Hagen und Volker Derlath zeigen eine Stimmung des Aufbruchs einerseits, der Desillusion andererseits. Die Kurator*innen machen deutlich, dass in den 1980ern zahlreiche Initiativen als Kontrast zu den 1960er-Jahren entstanden und bis heute Bestand haben, beispielsweise das erste Bürgerzentrum Münchens, die Glockenbachwerkstatt oder der erste Independent-Plattenladen Optimal. „Wichtig war immer, selber Dinge in die Hand zu nehmen und nicht zu warten, auf was, was eh nicht kommt“, sagt Optimal-Gründer DJ Upstart dem Radiojournalisten und Kurator der Ausstellung Ralf Homann, der ein dazu passendes Feature für den Bayerischen Rundfunk vorbereitet. Die Funktionen, die in der Monacensia die Exponate haben, werden in der BR-Sendung durch Musik ersetzt. In beiden Formaten steht die damalige Textproduktion im Zentrum.
© Nicola Bardola
Ein Bewerbungsschreiben, ein Brief aus dem Gefängnis, ein Lebenslauf, Buch- und Plattenbesprechungen, Alltagsgeschichten, Gedichte, Comics, Songtexte, Essays, Romane, Pamphlete, Manifeste, Glossen oder Kolumnen in Zeitschriften und Fanzines werden als Originale oder als Erstveröffentlichungen gezeigt und in die politische Lage jener Jahre eingeordnet. Es handelt sich oft um Literatur von unten und damit von eher unbekannten Autoren. Es sind Proteste gegen das Eliteschreiben, wilde Punk-Botschaften, Journalismus von Betroffenen, die selbst über ihr eigenes Leben berichten. Die Xerox-Kopiermaschine ist das Produktionsmittel für eine selbstbestimmte Kultur. Die Ausstellungsmacher sehen in dieser Arbeitsweise eine Vorwegnahme des heutigen Schreibens in sozialen Medien und weisen auf die damalige Kolumnenfülle als Vorstufe der gegenwärtigen Bloggerszenen hin. Die Blattmacher von damals sind die Influencer ihrer Zeit, auch wenn die Auflagen oft verschwindend klein sind.
In der Genderfrage entstehen in München in den 1980ern wesentliche Impulse: Herausragend ist eine große Wand-Vitrine für das Werk von Rabe Perplexum. Ebenso ausführlich wird die Bedeutung Cora Frosts für die Subkultur im Millionendorf gewürdigt. Gustl Angstmann, der erste bekennende schwule Autor in München ist mit seinen Büchern und seiner Kolumne „Der Grantler“ in der Zeitschrift Südwind vertreten. Die Männer dominieren die Szene damals und damit auch diese Ausstellung. Vorherrschend sind subliterarische Texte, die sich mit Gewalt und Liebe, mit Militär und Zärtlichkeit vor dem Hintergrund der RAF auseinandersetzen. Poeten bewaffnen sich mit „Wörtern wie Steine“ und protestieren gegen den Kapitalismus und das System. Es soll Härte gezeigt werden, Krawall ist angesagt, aber die Gefühle dürfen nicht verlorengehen. Im Fanzine „Die Einsamkeit des Amokläufers“, herausgegeben von Lorenz Lorenz (Lorenz Schröter), wird Münchner Punk vielfältig zelebriert. Das Literatur-Fanzine „Die Luxuslüge“ wird zunächst von Punks produziert, später zunehmend von Literaten übernommen. Die Zeitschrift „Mode und Verzweiflung“ irritiert durch Ironie und eine überaffirmative Strategie statt Anti-Haltung. Diese und viele weitere Veröffentlichungen abseits vom Mainstream wurden vom Feuilleton kaum beachtet und entsprechend selten archiviert. Hier füllt die Monacensia nun eine Lücke.
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Die Ausstellung zeigt die damalige Subkultur auch als Sprungbrett in die Hochkultur: Andreas Neumeister schreibt eine Kolumne im „Blatt“ und veröffentlicht dann seinen Roman Äpfel vom Baum im Kies bei Suhrkamp. Auch Rainald Goetz veröffentlicht zunächst in alternativen Blättern, bewegt sich kaum auf den Tanzflächen der Münchner Clubs und Diskotheken und seziert danach im Roman Irre die Münchner Szene. Der dritte im Bunde der Sub-Isar-Autoren bei Suhrkamp ist Thomas Meinecke, dessen Schaffen als Herausgeber von „Mode und Verzweiflung“ und als Gründer der Band F.S.K. (Freiwillige Selbstkontrolle) großformatig gezeigt wird. Präsentiert wird auch die Band ZSD (Zielstrebige Degeneration oder Ziviler Sicherheitsdienst).
Für das grafische 1980er-Jahre Gefühl in den Räumen der Monacensia sorgte das Münchner Kreativstudio Büro Alba: Die Wände wurden mit Collagen gestaltet, die an eine WG von damals erinnern. Handschriftliche Anmerkungen, künstliche Kopierstreifen, Pfeile oder kleine Zeichnungen verbinden die Exponate. Zahlreiche Bücherregale hinter, neben und über den Bildern und Objekten verführen zum Schmökern. Herausragend ist eine Plattenkiste, in der sich keine Vinyl-Alben befinden, sondern Texte, nicht Song-Lyrics, sondern Kolumnen, vertiefende Informationen und Kommentare: Sie wurden auf Pappe im LP-Format gedruckt. In einem DIY-Raum (Do it yourself) steht eine Buttonmaschine bereit. Ein Kopierer war geplant, scheitert aber vorläufig an den Corona-Hygieneregeln.
© Nicola Bardola
Die Ausstellung ist nicht hierarchisch gegliedert, sondern „rhizomatisch“ angelegt: Wie Wurzelgeflechte wachsen die Themenstränge in alle Richtungen, verzweigen und überschneiden sich. Es gibt keine vorgegebene Reihenfolge, keinen geordneten Rundgang wie in herkömmlichen Museen. „Das ist ein wenig wie das Surfen im Internet. Das macht die Ausstellung dann auch anschlussfähig“, sagt Ko-Kuratorin Sylvia Schütz. Besucher sollen eigene Erfahrungen online ergänzen. Die Absicht ist es, dass die Ausstellung im Netz weitererzählt wird. Der Hashtag #poppunkpolitik ist gestartet. Erwartet werden Reaktionen aller Art bis hin zu Schenkungen von Fanzines.
Den Übergang zwischen analog und digital gibt es auch in der Ausstellung selbst. Die Kurator*innen haben mit ihren Begriffen eine heimliche Suchmaschinen-Ebene in die Bildlegenden und Kommentare eingezogen. Die Ausdrücke ergeben bei der Internet-Recherche eine übersichtliche Anzahl an weiterführenden Treffern. Im ersten Stockwerk befinden sich Sitzgelegenheiten und ein größeres Bücherregal mit Titeln, die den Kurator*innen wichtig sind.
Anke Buettner, Leiterin der Monacensia, weist auf die Besonderheiten der Gestaltung hin: „Dies ist unsere erste Ausstellung nach der Methode der kuratorischen Feldforschung. Wir verabschieden uns damit sozusagen von einer hauptsächlich am Zeitstrahl orientierten Kuratierung: Nicht Jubiläen oder sonstige wiederkehrenden Ereignisse sollen der Anlass für unser Programm, also die Ausstellungen, Veranstaltungen oder digitale Aktionen bieten.“ Buettner fragt, was momentan in der Stadt als Thema besonders wichtig ist, was für künstlerische und literarische Perspektiven es darauf gibt und welche Linien in den Bestand der Monacensia führen. „Daraus generieren wir die künftigen Ausstellungen und Programme. Wir haben dabei nicht den Anspruch, dass eine Ausstellung ein abgeschlossenes Werk darstellt. Wir betrachten die Ausstellung als Plattform, als provisorischen Wissensstand, der dann weitererzählt und ergänzt werden kann.“
© Nicola Bardola
Buettner betont die Bedeutung der Stadt als soziales Gefüge für das Sammlungsprinzip des literarischen Gedächtnisses Münchens. „Wir haben festgestellt, dass es große Lücken in unserem Archiv gibt, beispielsweise bei allem, was zurzeit unter dem Thema Diversity gefasst wird: weibliche oder migrantische Perspektiven etwa kommen kaum vor, gehören aber zum Leben in der Stadt. Wir haben einen Exil-Schwerpunkt, aber der ist ‚von München aus nach New York‘ gedacht und nicht umgekehrt. Die Einflüsse von außen, die in die Stadt kommen sind uns sehr wichtig. Wir betonen das Vielgestaltige. Alles, was wir an Inhalten durch unser Programm produzieren, fließt wieder in das literarische Gedächtnis der Stadt zurück. Wir generieren damit ein möglichst breites Spektrum an Erinnerungen und Wissen für die Zukunft“, so Buettner. Geplant ist nach diesem Verfahren eine Ausstellung jährlich.
Pop Punk Politik – Die 1980er Jahre in München. Eine Ausstellung der Monacensia. Ausstellungsdauer voraussichtlich bis zum 31. Januar 2022. Maria-Theresia-Straße 23. Eintritt frei. Bitte beachten Sie, dass nur 9 Personen auf einmal in der Ausstellung zugelassen sind. Zudem herrscht im gesamten Gebäude FFP2-Maskenpflicht.
Ausstellung „Pop Punk Politik – Die 1980er Jahre in München“ in der Monacensia>
Die Ausstellung „Pop Punk Politik – Die 1980er Jahre in München“ in der Monacensia widmet sich einer jungen, vielfältigen Textproduktion in München. Text, Medium, Botschaft und Haltung sind hier aufs Engste miteinander verwoben. Mit vielen Dokumenten, Fotografien, Medien und Geschichten ruft „Pop Punk Politik“ die 1980er mit ihren neu entstehenden urbanen Bewegungen in Erinnerung und skizziert ästhetische Verfahrensweisen für eine heutige Debatte. Dazu zählen Fanzines, Radiotexte, Songtexte und Lyrics, Manuskripte oder Manifeste und Starschnitte ebenso wie die damals neue Do-It-Yourself-Strömung (DIY).
Die Ausstellung kann ab Dienstag, den 8. Juni 2021 öffentlich besichtigt werden. Der in Zürich geborene und bei München lebende Autor, Journalist und Übersetzer Nicola Bardola hat für das Literaturportal Bayern bereits hineingeschaut.
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Ein großformatiges Foto im Eingangsbereich der Monacensia zeigt eine junge Frau, die zwischen Zeige- und Mittelfinger der linken Hand nahe an den leicht geöffneten Lippen eine brennende Zigarette hält und mit dem abgespreizten Ringfinger und dem Daumen die Zunge berührt. Diese Geste sieht man heute nur selten, werden doch inzwischen kleine Filter in die Selbstgedrehten gesteckt, um die Tabakkrümel im Mund zu vermeiden. Mit diesem und vielen weiteren Fotos versetzt die Ausstellung „Pop Punk Politik – Die 1980er Jahre in München“ die Besucher rasch in jene Zeit. Viele Aufnahmen von Andrea Hagen und Volker Derlath zeigen eine Stimmung des Aufbruchs einerseits, der Desillusion andererseits. Die Kurator*innen machen deutlich, dass in den 1980ern zahlreiche Initiativen als Kontrast zu den 1960er-Jahren entstanden und bis heute Bestand haben, beispielsweise das erste Bürgerzentrum Münchens, die Glockenbachwerkstatt oder der erste Independent-Plattenladen Optimal. „Wichtig war immer, selber Dinge in die Hand zu nehmen und nicht zu warten, auf was, was eh nicht kommt“, sagt Optimal-Gründer DJ Upstart dem Radiojournalisten und Kurator der Ausstellung Ralf Homann, der ein dazu passendes Feature für den Bayerischen Rundfunk vorbereitet. Die Funktionen, die in der Monacensia die Exponate haben, werden in der BR-Sendung durch Musik ersetzt. In beiden Formaten steht die damalige Textproduktion im Zentrum.
© Nicola Bardola
Ein Bewerbungsschreiben, ein Brief aus dem Gefängnis, ein Lebenslauf, Buch- und Plattenbesprechungen, Alltagsgeschichten, Gedichte, Comics, Songtexte, Essays, Romane, Pamphlete, Manifeste, Glossen oder Kolumnen in Zeitschriften und Fanzines werden als Originale oder als Erstveröffentlichungen gezeigt und in die politische Lage jener Jahre eingeordnet. Es handelt sich oft um Literatur von unten und damit von eher unbekannten Autoren. Es sind Proteste gegen das Eliteschreiben, wilde Punk-Botschaften, Journalismus von Betroffenen, die selbst über ihr eigenes Leben berichten. Die Xerox-Kopiermaschine ist das Produktionsmittel für eine selbstbestimmte Kultur. Die Ausstellungsmacher sehen in dieser Arbeitsweise eine Vorwegnahme des heutigen Schreibens in sozialen Medien und weisen auf die damalige Kolumnenfülle als Vorstufe der gegenwärtigen Bloggerszenen hin. Die Blattmacher von damals sind die Influencer ihrer Zeit, auch wenn die Auflagen oft verschwindend klein sind.
In der Genderfrage entstehen in München in den 1980ern wesentliche Impulse: Herausragend ist eine große Wand-Vitrine für das Werk von Rabe Perplexum. Ebenso ausführlich wird die Bedeutung Cora Frosts für die Subkultur im Millionendorf gewürdigt. Gustl Angstmann, der erste bekennende schwule Autor in München ist mit seinen Büchern und seiner Kolumne „Der Grantler“ in der Zeitschrift Südwind vertreten. Die Männer dominieren die Szene damals und damit auch diese Ausstellung. Vorherrschend sind subliterarische Texte, die sich mit Gewalt und Liebe, mit Militär und Zärtlichkeit vor dem Hintergrund der RAF auseinandersetzen. Poeten bewaffnen sich mit „Wörtern wie Steine“ und protestieren gegen den Kapitalismus und das System. Es soll Härte gezeigt werden, Krawall ist angesagt, aber die Gefühle dürfen nicht verlorengehen. Im Fanzine „Die Einsamkeit des Amokläufers“, herausgegeben von Lorenz Lorenz (Lorenz Schröter), wird Münchner Punk vielfältig zelebriert. Das Literatur-Fanzine „Die Luxuslüge“ wird zunächst von Punks produziert, später zunehmend von Literaten übernommen. Die Zeitschrift „Mode und Verzweiflung“ irritiert durch Ironie und eine überaffirmative Strategie statt Anti-Haltung. Diese und viele weitere Veröffentlichungen abseits vom Mainstream wurden vom Feuilleton kaum beachtet und entsprechend selten archiviert. Hier füllt die Monacensia nun eine Lücke.
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Die Ausstellung zeigt die damalige Subkultur auch als Sprungbrett in die Hochkultur: Andreas Neumeister schreibt eine Kolumne im „Blatt“ und veröffentlicht dann seinen Roman Äpfel vom Baum im Kies bei Suhrkamp. Auch Rainald Goetz veröffentlicht zunächst in alternativen Blättern, bewegt sich kaum auf den Tanzflächen der Münchner Clubs und Diskotheken und seziert danach im Roman Irre die Münchner Szene. Der dritte im Bunde der Sub-Isar-Autoren bei Suhrkamp ist Thomas Meinecke, dessen Schaffen als Herausgeber von „Mode und Verzweiflung“ und als Gründer der Band F.S.K. (Freiwillige Selbstkontrolle) großformatig gezeigt wird. Präsentiert wird auch die Band ZSD (Zielstrebige Degeneration oder Ziviler Sicherheitsdienst).
Für das grafische 1980er-Jahre Gefühl in den Räumen der Monacensia sorgte das Münchner Kreativstudio Büro Alba: Die Wände wurden mit Collagen gestaltet, die an eine WG von damals erinnern. Handschriftliche Anmerkungen, künstliche Kopierstreifen, Pfeile oder kleine Zeichnungen verbinden die Exponate. Zahlreiche Bücherregale hinter, neben und über den Bildern und Objekten verführen zum Schmökern. Herausragend ist eine Plattenkiste, in der sich keine Vinyl-Alben befinden, sondern Texte, nicht Song-Lyrics, sondern Kolumnen, vertiefende Informationen und Kommentare: Sie wurden auf Pappe im LP-Format gedruckt. In einem DIY-Raum (Do it yourself) steht eine Buttonmaschine bereit. Ein Kopierer war geplant, scheitert aber vorläufig an den Corona-Hygieneregeln.
© Nicola Bardola
Die Ausstellung ist nicht hierarchisch gegliedert, sondern „rhizomatisch“ angelegt: Wie Wurzelgeflechte wachsen die Themenstränge in alle Richtungen, verzweigen und überschneiden sich. Es gibt keine vorgegebene Reihenfolge, keinen geordneten Rundgang wie in herkömmlichen Museen. „Das ist ein wenig wie das Surfen im Internet. Das macht die Ausstellung dann auch anschlussfähig“, sagt Ko-Kuratorin Sylvia Schütz. Besucher sollen eigene Erfahrungen online ergänzen. Die Absicht ist es, dass die Ausstellung im Netz weitererzählt wird. Der Hashtag #poppunkpolitik ist gestartet. Erwartet werden Reaktionen aller Art bis hin zu Schenkungen von Fanzines.
Den Übergang zwischen analog und digital gibt es auch in der Ausstellung selbst. Die Kurator*innen haben mit ihren Begriffen eine heimliche Suchmaschinen-Ebene in die Bildlegenden und Kommentare eingezogen. Die Ausdrücke ergeben bei der Internet-Recherche eine übersichtliche Anzahl an weiterführenden Treffern. Im ersten Stockwerk befinden sich Sitzgelegenheiten und ein größeres Bücherregal mit Titeln, die den Kurator*innen wichtig sind.
Anke Buettner, Leiterin der Monacensia, weist auf die Besonderheiten der Gestaltung hin: „Dies ist unsere erste Ausstellung nach der Methode der kuratorischen Feldforschung. Wir verabschieden uns damit sozusagen von einer hauptsächlich am Zeitstrahl orientierten Kuratierung: Nicht Jubiläen oder sonstige wiederkehrenden Ereignisse sollen der Anlass für unser Programm, also die Ausstellungen, Veranstaltungen oder digitale Aktionen bieten.“ Buettner fragt, was momentan in der Stadt als Thema besonders wichtig ist, was für künstlerische und literarische Perspektiven es darauf gibt und welche Linien in den Bestand der Monacensia führen. „Daraus generieren wir die künftigen Ausstellungen und Programme. Wir haben dabei nicht den Anspruch, dass eine Ausstellung ein abgeschlossenes Werk darstellt. Wir betrachten die Ausstellung als Plattform, als provisorischen Wissensstand, der dann weitererzählt und ergänzt werden kann.“
© Nicola Bardola
Buettner betont die Bedeutung der Stadt als soziales Gefüge für das Sammlungsprinzip des literarischen Gedächtnisses Münchens. „Wir haben festgestellt, dass es große Lücken in unserem Archiv gibt, beispielsweise bei allem, was zurzeit unter dem Thema Diversity gefasst wird: weibliche oder migrantische Perspektiven etwa kommen kaum vor, gehören aber zum Leben in der Stadt. Wir haben einen Exil-Schwerpunkt, aber der ist ‚von München aus nach New York‘ gedacht und nicht umgekehrt. Die Einflüsse von außen, die in die Stadt kommen sind uns sehr wichtig. Wir betonen das Vielgestaltige. Alles, was wir an Inhalten durch unser Programm produzieren, fließt wieder in das literarische Gedächtnis der Stadt zurück. Wir generieren damit ein möglichst breites Spektrum an Erinnerungen und Wissen für die Zukunft“, so Buettner. Geplant ist nach diesem Verfahren eine Ausstellung jährlich.
Pop Punk Politik – Die 1980er Jahre in München. Eine Ausstellung der Monacensia. Ausstellungsdauer voraussichtlich bis zum 31. Januar 2022. Maria-Theresia-Straße 23. Eintritt frei. Bitte beachten Sie, dass nur 9 Personen auf einmal in der Ausstellung zugelassen sind. Zudem herrscht im gesamten Gebäude FFP2-Maskenpflicht.