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29.09.2020, 09:48 Uhr
Patricia Blob
Spektakula
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(c) Literaturhaus München

„Thomas Mann: Democracy will win!“ Über die Ausstellung im Literaturhaus München

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Thomas Mann, Porträt, Pacific Palisades, ca. 1946. Foto: ETH-Bibliothek Zürich, Thomas-Mann-Archiv / Fotograf: Unbekannt / TMA_5373

Seit Mai 2020 lädt das Literaturhaus München zu der Ausstellung „Thomas Mann: Democracy will win! ein. In zwei Ausstellungsräumen werden den Besucher*innen die politische Biografie des Schriftstellers Thomas Mann und die aktuellen Debatten unserer Demokratie nahegebracht. Bis zum 6. Januar 2021 regt die Ausstellung in München zum Nachdenken an, bevor sie nach Berlin weiterziehen wird. Patricia Blob war für das Literaturportal Bayern vor Ort.

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Die Demokratie ist aus unserer heutigen Gesellschaft nicht mehr wegzudenken. Gerade weil sich ihr Aussehen und ihre Bedeutung, insbesondere für das Individuum, im stetigen Wandel befinden. Aber andere politische Ideologien, wie der Rechtspopulismus, gewinnen dennoch immer mehr an Sympathien und an Einfluss und gefährden damit die Grundwerte unserer Demokratie. Aber wie wird man erst zum Demokraten? Und wie verteidigt man im Zweifelsfall seine politische Haltung? Was macht einen politischen Menschen überhaupt aus? Diese Ausstellung versucht nicht, auf solche Fragen Antworten zu geben, sondern genau solche Fragen zu stellen.

Die Ausstellung lädt die Besucher*innen metaphorisch in das Thomas Mann House in Pacific Palisades, Los Angeles, ein. Der Schriftsteller verbrachte hier mit seiner Familie in den 1940er-Jahren zehn Jahre seines Exils und kämpfte gegen den Nationalsozialismus und für die Werte der Demokratie. Seit 2018 dient das Haus daher wieder als Begegnungsstätte des intellektuellen Austauschs und der transatlantischen Verständigung.

In der Ausstellung gelangen die Besucher*innen, durch den Nachbau der im klassisch modernen Stil gestalteten Hausfassade in Originalhöhe, direkt in das Studierzimmer Manns, einen von zwei Hauptausstellungsräumen. Gemusterte Tapeten und Teppiche zieren den Raum, in dessen Mitte ein Tisch voller Grammophone steht, um Hörbeispiele seiner berühmten Radioansprachen An die deutschen Hörer wiederzugeben. Dokumente, Fotografien und Filmbeispiele informieren darüber hinaus über die politische Biografie des Schriftstellers. Thomas Mann ist den meisten eher als zurückhaltender Schriftsteller von Romanen, wie Buddenbrooks oder Der Zauberberg, bekannt als in seiner Rolle als Demokratie-Verfechter. Tatsächlich war Thomas Mann vor Ende des Ersten Weltkriegs treuer Anhänger der Monarchie und propagiert u.a. in seinem Essay Gedanken im Kriege den herrschenden Krieg und den Nationalismus in Deutschland. Erst 1923 bekennt er sich öffentlich zur Demokratie.

(c) Literaturportal Bayern

Parallelen zwischen der politischen Biografie Manns und den Fragen der Demokratie schafft die Ausstellung durch die Strukturierung der beiden Themenräume in die fünf Stationen „Herkunft“, „Zeitgeist“, „Bekenntnis“, „Handeln“ und „Verantwortung“. Bei der „Herkunft“ noch als chronologische Überschrift der Biografie dienend, ermöglichen die Stationen bei der „Verantwortung“ Anknüpfungen, um die Lage der Demokratie in unserer heutigen Zeit darzustellen.

Der zweite Raum führt in den Garten des Thomas Mann House, der von grünen Palmen und blauleuchtendem Himmel umgeben ist. Hier nimmt die Ausstellung Bezug auf die gegenwärtigen Debatten der Demokratie. Mit Filmausschnitten, Interviews und Zitaten von Persönlichkeiten aus Politik, Literatur und Gesellschaft werden die Problemstellungen und Widersprüchlichkeiten der Demokratie aufgezeigt, beispielweise in Hinblick auf Rassismus, Antisemitismus und Gleichberechtigung. Der Fokus der ausgewählten Medien liegt dabei auf den Partnerländern des Thomas Mann House, Deutschland und den USA.

Zur Station „Zeitgeist“ finden sich friedliche Märsche als Protestbewegung gegen Missstände in demokratischen Systemen. Als Beispiel wird u.a. eine Rede von Emma González gezeigt, die mit ihren Mitschülern die Protestinitiative March of our lives ins Leben gerufen hat, nachdem sie 2018 einen Amoklauf an ihrer Schule in Florida überlebten. Die Initiatoren treten für strengere Waffengesetze und gegen den politischen Einfluss in der Waffenlobby ein. Ihre Protestmärsche zählen, mit teilweise über 1 Million Teilnehmer*innen, zu den größten in der amerikanischen Geschichte.

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Als „Bekenntnis“ ist John F. Kennedys berühmte Rede in Berlin zu sehen, als er mit „Ich bin ein Berliner“ die Solidarität der USA mit Westdeutschland bekräftigte. Im Gegensatz dazu steht der heutige Präsident Donald Trump, der mit seinem politischen Slogan „America first!“ den solidarischen Gemeinschaftsgedanken hinten anstellt. Eine ähnlich widersprüchliche Situation ergab sich auch schon zu Lebzeiten Thomas Manns, als im Zusammenhang mit amerikanischen Sympathisanten des Nationalsozialismus der Slogan aufkam. Dazu wurde Mann in der Greensboro Daily News zitiert: “Not ‘America First’ but ‘Democracy First’ and ‘Human Dignity First’ is the slogan which will really lead America to first place in the world [...].”

Als weitere Beispiele finden sich u.a. noch Greta Thunberg mit der aktuellen Klimadebatte, Edward Snowden als Whistleblower, Frank-Walter Steinmeier bei der Eröffnung des Thomas Mann House 2018 oder Hannah Arendt mit der Aussage, dass auch Sprechen Handeln ist.

Die Idee für die Ausstellung entstand 2016 mit dem Kauf des Thomas Mann House durch die deutsche Bundesregierung. In den folgenden zwei Jahren entwickelten u.a. Tanja Graf, Kerstin Klein, Karolina Kühn und Stephan Lessenich das erste Konzept. Unbestreitbar ist, dass die Grundwerte unserer heutigen Demokratie von vielen Seiten in Frage gestellt werden. Das Ziel der Ausstellung soll es sein, einen „konkrete[n] Beitrag zur aktuellen Debatte auf beiden Seiten des Atlantiks“ zu leisten. Seit Mai 2020 ist Thomas Mann: Democracy will win! in Kooperation mit dem Thomas Mann House im Literaturhaus, mittlerweile unter der Leitung von Anna Seethaler, zu sehen.