12. Literarische Sommerakademie in Schrobenhausen
Unter dem Motto „Soziale Distanz – Poetische Nähe!“ bietet die 12. Literarische Sommerakademie, kurz LISA, vom 27. Juli bis zum 1. August 2020 fünf Schreibwerkstätten bei erfahrenen Autorinnen und Autoren in Schrobenhausen. Zusätzlich wird es einen Poesie-Film-Workshop vom 30. Juli bis zum 1. August geben. Frank Heinig, Dozent an der Hochschule für Fernsehen und Film München, zeigt in diesem Kurs, wie aus Gedichten Bilder-Erzählungen entstehen. In allen Kursen sind Anfänger ebenso willkommen wie Fortgeschrittene.
Wegen der Corona-Pandemie wird es keinen Kurs mit mehr als zehn Teilnehmern und auch keine Abendveranstaltungen mit zahlreichen Gästen geben. Gerade die kleine Gruppengröße kann aber den literarischen Austausch und die konzentrierte Textarbeit sogar fördern, findet Arwed Vogel, der Leiter der Literarischen Sommerakademie. „Trotz sozialer Distanz wollen wir poetische Nähe ermöglichen“, sagt Vogel. „Dafür haben wir neue Formate entwickelt, die auf kleine Gruppen zugeschnitten sind und sich oft auch im Freien verwirklichen lassen, zum Beispiel literarische Spaziergänge und Lagerfeuerlesungen.“
Als Dozenten kommen in diesem Jahr Kerstin Hensel, Judith Kuckart, Senthuran Varatharajah, Norbert Niemann, Thomas Kastura und Frank Heinig nach Schrobenhausen.
Dass die LISA trotz Corona stattfinden kann, verdankt sie auch der Förderung durch das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst und durch den Landkreis Neuburg Schrobenhausen. „Wir sind sehr froh“, betont Vogel, „dass all unsere Unterstützer so offen und flexibel auf unsere Vorschläge reagiert haben und der Literarischen Sommerakademie treu geblieben sind.“
Sollte sich die Pandemie-Situation deutlich verschlechtern, wird die LISA ins Internet umziehen.
Im Moment ist es wahrscheinlicher, dass die Teilnehmer eine besondere literarische Sommerwoche vor Ort in Schrobenhausen erleben können. Wer dabei sein möchte, kann sich auf https://www.schrobenhausen.de/de/Kultur-Tourismus/Literarische-Sommerakademie informieren und unter Tel.: 08252 90-237 oder E-Mail:
Beschreibung der Kurse
Kerstin Hensel: „Der Autor in Welten der Anderen" – Konkreter Blick und soziale Sprache in erzählender Prosa
Künstler treten anders auf als Baggerfahrer, eine Putzfrau denkt und spricht anders als eine Bankdirektorin, ein Kind anders als ein Jugendlicher oder Greis. Die soziale Herkunft bzw. der Stand eines Menschen in der Gesellschaft prägen seine jeweilige Sprache, seinen Gestus und Habitus aus. Der Belletrist, falls er nicht nur auf seine eigene Wahrnehmungswelt beschränkt bleiben will, muss sich in die Welten der Anderen, die zu plastischen Figuren seiner Prosa werden sollen, hineinbegeben. Die Frage ist, wie er mit Sprache das bewältigt, was letztendlich den Leser in überzeugender Weise in diese Welten mitnimmt. Das Seminar bietet Lesestoff, Übungen und Kritik an. Bereits geschriebene Texte können mitgebracht werden.
Thomas Kastura: „Starker Plot – Treibende Mitte – Faszinierender Schluss“ – Zur Spannung in Prosatexten
Dass Romane und Erzählungen originell beginnen und dann stark nachlassen, ist immer häufiger zu beobachten. Doch nicht nur für reine Spannungsliteratur gilt: Wie hält man Handlungsfäden zusammen und schafft es bis zum Schluss, die Story weiterzutreiben und das Interesse des Lesers hochzuhalten? Anhand von praktischen Übungen (Kurzprosa) widmet sich der Kurs dem Spannungsaufbau: Exposition, Konfliktsteigerung, Wendepunkte, falsche Fährten, Cliffhanger, Transition, Katastrophe, Schluss/Pointe. Benutzung von Plot-Werkzeugen wie 3-Akt-Modell.
Judith Kuckart: „Stimme der Dinge“ – Perspektivwechsel und neue Erzähltöne
Welche Geschichten erzählen die Dinge, wenn die Menschen den Raum verlassen haben? Wofür sind sie Zeugen? Was ist ihre Sprache? Wie klingt ihre Stimme? Wie wird sie hörbar in einer überraschenden Sprache, die wir ihnen geben können? Haben die Dinge eine lautere Stimme als wir, wenn es um Abschied, Leid, Tabus geht? Oder werden sie da ganz leise und doch umso intensiver hörbar? Die Dinge: Sie sagen nichts, wenn man sie fragt. Ihre Geschichten bleiben stumm, bis jemand sie zum Sprechen bringt: Wir. Wir nehmen die Perspektive der Dinge ein, um uns von der eigenen zu befreien. Wir suchen – spielerisch – genau diese frische Sicht auf alles, die uns eine neue Freiheit zum Erzählen gibt, weil sie nicht nur die eigene ist. Erweitert werden also in dieser Schreibwerkstatt unsere Erzählmöglichkeiten. Die Skala zwischen Erfundenem und Erlebtem bekommt einen neuen Ton.
Senthuran Varatharajah: „Wie man sein Leben erzählt“ – Über autobiographische und autofiktionale Praxen
Wenn wir über unser Leben nachdenken, denken wir notwendigerweise in Erzählungen: in einer großen Erzählung und in vielen Binnenerzählungen, die in dieser großen Erzählung eingelassen sind, die sie strukturieren und konstituieren. Wir erzählen unser Leben. Aber wie schreiben wir darüber? Wie können wir, mit den Mitteln und durch die Tradition der Literatur, eine Geschichte finden, die wir für unser Leben halten könnten? Wie könnte diese Geschichte, wie könnten diese Geschichten beschrieben, geschrieben werden? Nach welchen Mustern und Strukturen ordnen wir gewöhnlicherweise diese Erzählung und diese Erzählungen, und wie können wir diese bürgerlichen Muster und Strukturen durch das Schreiben kritisch reflektieren? Anhand von literarischen Beispielen und durch Schreibübungen wird sich der Kurs diesen Fragen widmen.
Norbert Niemann: „Ich und Du“ – Über den Umgang und Austausch zwischen literarischen Figuren
Ein wesentlicher Aspekt von Prosatexten ist das Spannungsverhältnis zwischen ihren Figuren. Wie gehen sie miteinander um? Wie nehmen sie sich gegenseitig wahr? Wie führen sie Gespräche? Mit Worten? Gesten? Mienen? Die Lebenswirklichkeiten der Menschen unterscheiden sich. Zwischen der Realität und ihrer Wahrnehmung liegt immer eine Kluft, erst recht zwischen verschiedenen Realitätswahrnehmungen. Reden meine Figuren miteinander oder eher aneinander vorbei? Will das, was sie sagen, womöglich etwas anderes ausdrücken? Was also ist das eigentlich: „Dialog“? Solchen und ähnlichen Fragen werden wir mittels Schreibübung und Textdiskussion nachgehen und sie entlang der mitgebrachten oder neu entstehenden Texte vertiefen. Auch größere Schreibprojekte sind durchaus erwünscht.
Frank Heinig: „Poesie in Bewegung“ – Vom Gedicht zum Kurzfilm
In dem Seminar wird geschriebene und gesprochene Poesie in eine sinnliche Bilder-Erzählung übersetzt. Als Beispiel dient uns Rilkes Gedicht Der Panther. Wir analysieren es und setzen die Bilder, die beim Lesen in unserer Vorstellung entstehen, in filmische Bilder um. Das Medium Video wird zum Erzähler. Durch die Wandlung der Form können sich neue und dem Medium entsprechende Aussagen in den Vordergrund schieben, die dem Zuschauer möglicherweise ganz neue Perspektiven erlauben. Die TeilnehmerInnen müssen keine Kenntnisse der Filmtechnik oder -dramaturgie mitbringen, solche Kenntnisse werden gemeinsam erworben und verfeinert. Wir zeichnen ein Storyboard und bearbeiten es nach filmischen Grundregeln. Ton und Bild werden von uns aufgenommen und in der Montage zum Poesie-Kurzfilm gestaltet. Zum Abschluss der Akademie werden die Aufnahmen mit Unterstützung des professionellen Cutters Marco Haupt montiert und vorgeführt. Wenn vorhanden, können Video-/Fotokameras mitgebracht werden.
12. Literarische Sommerakademie in Schrobenhausen>
Unter dem Motto „Soziale Distanz – Poetische Nähe!“ bietet die 12. Literarische Sommerakademie, kurz LISA, vom 27. Juli bis zum 1. August 2020 fünf Schreibwerkstätten bei erfahrenen Autorinnen und Autoren in Schrobenhausen. Zusätzlich wird es einen Poesie-Film-Workshop vom 30. Juli bis zum 1. August geben. Frank Heinig, Dozent an der Hochschule für Fernsehen und Film München, zeigt in diesem Kurs, wie aus Gedichten Bilder-Erzählungen entstehen. In allen Kursen sind Anfänger ebenso willkommen wie Fortgeschrittene.
Wegen der Corona-Pandemie wird es keinen Kurs mit mehr als zehn Teilnehmern und auch keine Abendveranstaltungen mit zahlreichen Gästen geben. Gerade die kleine Gruppengröße kann aber den literarischen Austausch und die konzentrierte Textarbeit sogar fördern, findet Arwed Vogel, der Leiter der Literarischen Sommerakademie. „Trotz sozialer Distanz wollen wir poetische Nähe ermöglichen“, sagt Vogel. „Dafür haben wir neue Formate entwickelt, die auf kleine Gruppen zugeschnitten sind und sich oft auch im Freien verwirklichen lassen, zum Beispiel literarische Spaziergänge und Lagerfeuerlesungen.“
Als Dozenten kommen in diesem Jahr Kerstin Hensel, Judith Kuckart, Senthuran Varatharajah, Norbert Niemann, Thomas Kastura und Frank Heinig nach Schrobenhausen.
Dass die LISA trotz Corona stattfinden kann, verdankt sie auch der Förderung durch das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst und durch den Landkreis Neuburg Schrobenhausen. „Wir sind sehr froh“, betont Vogel, „dass all unsere Unterstützer so offen und flexibel auf unsere Vorschläge reagiert haben und der Literarischen Sommerakademie treu geblieben sind.“
Sollte sich die Pandemie-Situation deutlich verschlechtern, wird die LISA ins Internet umziehen.
Im Moment ist es wahrscheinlicher, dass die Teilnehmer eine besondere literarische Sommerwoche vor Ort in Schrobenhausen erleben können. Wer dabei sein möchte, kann sich auf https://www.schrobenhausen.de/de/Kultur-Tourismus/Literarische-Sommerakademie informieren und unter Tel.: 08252 90-237 oder E-Mail:
Beschreibung der Kurse
Kerstin Hensel: „Der Autor in Welten der Anderen" – Konkreter Blick und soziale Sprache in erzählender Prosa
Künstler treten anders auf als Baggerfahrer, eine Putzfrau denkt und spricht anders als eine Bankdirektorin, ein Kind anders als ein Jugendlicher oder Greis. Die soziale Herkunft bzw. der Stand eines Menschen in der Gesellschaft prägen seine jeweilige Sprache, seinen Gestus und Habitus aus. Der Belletrist, falls er nicht nur auf seine eigene Wahrnehmungswelt beschränkt bleiben will, muss sich in die Welten der Anderen, die zu plastischen Figuren seiner Prosa werden sollen, hineinbegeben. Die Frage ist, wie er mit Sprache das bewältigt, was letztendlich den Leser in überzeugender Weise in diese Welten mitnimmt. Das Seminar bietet Lesestoff, Übungen und Kritik an. Bereits geschriebene Texte können mitgebracht werden.
Thomas Kastura: „Starker Plot – Treibende Mitte – Faszinierender Schluss“ – Zur Spannung in Prosatexten
Dass Romane und Erzählungen originell beginnen und dann stark nachlassen, ist immer häufiger zu beobachten. Doch nicht nur für reine Spannungsliteratur gilt: Wie hält man Handlungsfäden zusammen und schafft es bis zum Schluss, die Story weiterzutreiben und das Interesse des Lesers hochzuhalten? Anhand von praktischen Übungen (Kurzprosa) widmet sich der Kurs dem Spannungsaufbau: Exposition, Konfliktsteigerung, Wendepunkte, falsche Fährten, Cliffhanger, Transition, Katastrophe, Schluss/Pointe. Benutzung von Plot-Werkzeugen wie 3-Akt-Modell.
Judith Kuckart: „Stimme der Dinge“ – Perspektivwechsel und neue Erzähltöne
Welche Geschichten erzählen die Dinge, wenn die Menschen den Raum verlassen haben? Wofür sind sie Zeugen? Was ist ihre Sprache? Wie klingt ihre Stimme? Wie wird sie hörbar in einer überraschenden Sprache, die wir ihnen geben können? Haben die Dinge eine lautere Stimme als wir, wenn es um Abschied, Leid, Tabus geht? Oder werden sie da ganz leise und doch umso intensiver hörbar? Die Dinge: Sie sagen nichts, wenn man sie fragt. Ihre Geschichten bleiben stumm, bis jemand sie zum Sprechen bringt: Wir. Wir nehmen die Perspektive der Dinge ein, um uns von der eigenen zu befreien. Wir suchen – spielerisch – genau diese frische Sicht auf alles, die uns eine neue Freiheit zum Erzählen gibt, weil sie nicht nur die eigene ist. Erweitert werden also in dieser Schreibwerkstatt unsere Erzählmöglichkeiten. Die Skala zwischen Erfundenem und Erlebtem bekommt einen neuen Ton.
Senthuran Varatharajah: „Wie man sein Leben erzählt“ – Über autobiographische und autofiktionale Praxen
Wenn wir über unser Leben nachdenken, denken wir notwendigerweise in Erzählungen: in einer großen Erzählung und in vielen Binnenerzählungen, die in dieser großen Erzählung eingelassen sind, die sie strukturieren und konstituieren. Wir erzählen unser Leben. Aber wie schreiben wir darüber? Wie können wir, mit den Mitteln und durch die Tradition der Literatur, eine Geschichte finden, die wir für unser Leben halten könnten? Wie könnte diese Geschichte, wie könnten diese Geschichten beschrieben, geschrieben werden? Nach welchen Mustern und Strukturen ordnen wir gewöhnlicherweise diese Erzählung und diese Erzählungen, und wie können wir diese bürgerlichen Muster und Strukturen durch das Schreiben kritisch reflektieren? Anhand von literarischen Beispielen und durch Schreibübungen wird sich der Kurs diesen Fragen widmen.
Norbert Niemann: „Ich und Du“ – Über den Umgang und Austausch zwischen literarischen Figuren
Ein wesentlicher Aspekt von Prosatexten ist das Spannungsverhältnis zwischen ihren Figuren. Wie gehen sie miteinander um? Wie nehmen sie sich gegenseitig wahr? Wie führen sie Gespräche? Mit Worten? Gesten? Mienen? Die Lebenswirklichkeiten der Menschen unterscheiden sich. Zwischen der Realität und ihrer Wahrnehmung liegt immer eine Kluft, erst recht zwischen verschiedenen Realitätswahrnehmungen. Reden meine Figuren miteinander oder eher aneinander vorbei? Will das, was sie sagen, womöglich etwas anderes ausdrücken? Was also ist das eigentlich: „Dialog“? Solchen und ähnlichen Fragen werden wir mittels Schreibübung und Textdiskussion nachgehen und sie entlang der mitgebrachten oder neu entstehenden Texte vertiefen. Auch größere Schreibprojekte sind durchaus erwünscht.
Frank Heinig: „Poesie in Bewegung“ – Vom Gedicht zum Kurzfilm
In dem Seminar wird geschriebene und gesprochene Poesie in eine sinnliche Bilder-Erzählung übersetzt. Als Beispiel dient uns Rilkes Gedicht Der Panther. Wir analysieren es und setzen die Bilder, die beim Lesen in unserer Vorstellung entstehen, in filmische Bilder um. Das Medium Video wird zum Erzähler. Durch die Wandlung der Form können sich neue und dem Medium entsprechende Aussagen in den Vordergrund schieben, die dem Zuschauer möglicherweise ganz neue Perspektiven erlauben. Die TeilnehmerInnen müssen keine Kenntnisse der Filmtechnik oder -dramaturgie mitbringen, solche Kenntnisse werden gemeinsam erworben und verfeinert. Wir zeichnen ein Storyboard und bearbeiten es nach filmischen Grundregeln. Ton und Bild werden von uns aufgenommen und in der Montage zum Poesie-Kurzfilm gestaltet. Zum Abschluss der Akademie werden die Aufnahmen mit Unterstützung des professionellen Cutters Marco Haupt montiert und vorgeführt. Wenn vorhanden, können Video-/Fotokameras mitgebracht werden.