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Würzburg liest: Max Mohrs Roman „Frau ohne Reue"

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Max Mohr in Shanghai 1935 (© Nicolas Humbert)

Bereits zum vierten Mal liest Würzburg gemeinsam ein Buch und spricht darüber. 2020 steht der jüdische Schriftsteller Max Mohr und sein Roman Frau ohne Reue im Mittelpunkt der unterfränkischen Leseaktion.

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Max Mohr (1891-1937) war Autor, Arzt und Auswanderer. Er wurde in Würzburg als Sohn eines jüdischen Malzfabrikanten geboren und besuchte dort das Gymnasium. Er studierte in seiner Heimatstadt und in München Medizin und war während des Ersten Weltkriegs Regiments- und Feldunterarzt. 1920 heiratete er Käthe Westphal. Unter den Erfahrungen des Krieges beschloss das Paar, das bürgerliche Leben hinter sich zu lassen, und zog nach Rottach Egern. Dort widmete sich Mohr ganz seiner Karriere als Schriftsteller. Seine durchgehenden Themen sind die Freiheit des Individuums und eine radikale Zivilisationskritik. 1920 erschien in München Mohrs erster Roman Frau Marie’s Gast und das Theaterstück Die Dadakratie. In den folgenden sechs Jahren wurden zehn Theaterstücke Mohrs veröffentlicht, im März 1922 gelang ihm mit der Komödie Improvisationen im Juni der Durchbruch.

Das Berlin der späten 1920er Jahre war Schauplatz von Max Mohrs Roman Venus in den Fischen (1928). Es folgten Die Heidin (1929), Frau ohne Reue (1933) und kleinere Publikationen, wie die Novelle Fröhliches Ende eines Pessimisten (1931) oder das Hörspiel Bergkristall (1932).

Mohr stand in Kontakt mit vielen Schriftstellerkollegen, darunter etwa Oskar Maria GrafKlaus Mann oder Ödön von Horváth und D.H. Lawrence, und Schauspielern, wie Heinrich George und Paul Wegener.

Ende 1934 wanderte Max Mohr ohne seine Familie nach Shanghai aus, wo er auch wieder als Arzt arbeitete. Dort starb er am 13. November 1937 nach einem Herzinfarkt. Max Mohrs Roman Frau ohne Reue, der deutliche autobiographische Züge aufweist, beginnt im Berlin der 1920er Jahre. Die dreißigjährige Lina Gade ist gelangweilt – von ihrem Leben als Mutter und Ehefrau in einer „toten Ehe“. Paul Fenn ist nach einigen Erfolgen zu Beginn seiner wissenschaftlichen Karriere arbeitslos und erhofft sich nun, als Korrespondent im Fernen Osten für eine Zeitung arbeiten zu dürfen. Beide treffen an einem schicksalshaften Abend im Hause Gade aufeinander, als Linas Ehemann eigentlich nur sein Einverständnis für die Anstellung Fenns geben soll. Lina indessen entscheidet sich von einer Minute auf die andere für den Ausbruch aus ihrem bürgerlichen Leben. Ebenso spontan, wie auch überrumpelt, entscheidet sich Paul, Lina, seiner „Wunderbaren“, wie er sie später nennen wird, zu folgen.

Auf der Suche nach Liebe, Freiheit und Selbstständigkeit flieht das Paar zunächst nach Shanghai und schließlich auf einen einsamen Bergbauernhof in Bayern, wo sie auch Linas Tochter zu sich holen. Doch auch hier ist ein Leben jenseits der Entfremdung durch die moderne, technisierte Welt nicht möglich, denn „alle Wege haben sich als Sackgasse erwiesen.“ (Nachwort zur Ausgabe von 1994). In der Einsamkeit der Alpen stellt Lina irgendwann fest: „Viele Menschenseelen, nicht allein die ihrige, [...] waren leer geworden in diesen sonderbaren Menschenjahren.“

Die Aktion „Würzburg liest ein Buch“ wird veranstaltet von den unabhängigen inhabergeführten Würzburger Buchhandlungen Knodt, Dreizehneinhalb, Neuer Weg, ErLesen und Schöningh, dem Antiquariat Osthoff, der Stephansbuchhandlung sowie der Würzburger Stadtbücherei. Während der einwöchigen Leseaktion finden zahlreiche Lesungen, Führungen und andere Veranstaltungen statt, die sich um Max Mohrs Roman drehen.

Der Roman Frau ohne Reue liegt seit Juli 2019 in einer neuen Sonderausgabe im Weidle Verlag vor.