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09.09.2019, 14:22 Uhr
Erlanger Poetenfest
Spektakula
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(c) Erlanger Poetenfest – Foto: Erich Malter, 2019

Bilanz zum 39. Erlanger Poetenfest

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(c) Erlanger Poetenfest – Foto: Georg Pöhlein, 2019

Ein Autorenporträt mit dem aus dem irakischen Kurdistan stammenden Bachtyar Ali bildete am Abend des 1. Septembers im Erlanger Markgrafentheater den eindrucksvollen Abschluss des 39. Erlanger Poetenfests. Bachtyar Ali sprach mit Cornelia Zetzsche über den Verlust der Sprache im Exil und über schwindende Identität, aber auch von seinem festen Glauben an die Kraft der Kultur: „Kunst kann uns nicht retten, aber einen Ausweg zeigen.“ Kurz zuvor feierten Anne-Dore Krohn und Denis Scheck Theodor Fontane anlässlich seines 200. Geburtstags in einer literarischen Revue, während im Erlanger Schlossgarten Maren Kames, Jaroslav Rudiš, Norbert Gstrein, Lola Randl und David Wagner den Reigen der zweitägigen Revue der Neuerscheinungen beschlossen, die in diesem Jahr von starken Auftritten junger Autorinnen wie Gertraud Klemm, Simone Lappert, Birgit Birnbacher, Karen Köhler, Helene Bukowski, Christiane Neudecker oder Kenah Cusanit geprägt war.

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An den beiden Abenden zuvor waren die Schriftstellerinnen Monika Maron und Ulrike Draesner im Markgrafentheater zu Gast, um mit Dirk Kruse und Maike Albath über ihr Leben und Werk zu sprechen. Monika Maron plädierte nachdrücklich für einen offenen Dialog. Ihre Artikel und Essays zu politischen Fragen seien Aufforderungen zu antworten – „so geht doch ein Gespräch, oder?“. Der Auftakt des 39. Erlanger Poetenfests war in diesem Jahr der Vielfalt der Dichter und Sprachen Europas gewidmet: Internationale Dichterinnen und Dichter wie Tomasz Różycki, Kateřina Rudčenková, Kārlis Vērdiņš, Nora Gomringer und die Herausgeber Federico Italiano und Jan Wagner begaben sich in der „Grand Tour“ auf eine Reise durch die junge Lyrik Europas.

Ebenfalls am ersten Poetenfest-Abend wurde Theresia Prammer für ihr übersetzerisches und essayistisches Werk sowie für ihre Verdienste als Kuratorin und Literaturvermittlerin mit dem „Erlanger Literaturpreis für Poesie als Übersetzung“ geehrt. Raoul Schrott stellte seinen neuen Roman vor, der die erste Weltumseglung Magellans vor genau 500 Jahren zum Ausgangspunkt nimmt und so den Beginn der Globalisierung markiert. Ines Geipel und Christian Schüle tauschten sich über die Verrohung von Sprache und Gesellschaft aus, Abbas Khider faszinierte das Publikum mit „Deutsch für alle!“ und Armin Nassehi trat anlässlich seines neuen Buchs in einen intensiven Dialog mit dem Publikum über die „Theorie der digitalen Gesellschaft“.

Eindrücke vom 39. Erlanger Poetenfest: Ulrike Draesner; Podiumsdiskussion mit (v.l.n.r.) Florian Felix Weyh (Moderation), Heiner Bielefeldt, Jürgen Altmann, Nana Brink und Herfried Münkler, Gebärdendolmetscherinnen; Junges Podium – Druckwerkstatt; Publikum vor der Orangerie, © Erlanger Poetenfest – Foto: Georg Pöhlein & Erich Malter 2019

Neben dem literarischen Programm sind Gesprächs- und Diskussionsrunden zu politischen und gesellschaftlichen Themen ein ebenso wichtiger Bestandteil des Erlanger Poetenfests. Beim Aktuellen Podium „Neue Waffen für die Welt!“ unter der Gesprächsleitung von Florian Felix Weyh plädierten Jürgen Altmann, Heiner Bielefeldt, Nana Brink und Herfried Münkler für eine stärkere Rolle Europas als Friedensmacht, als multilateraler Verhandlungsführer, als moralische aber auch als militärische Kraft. Herfried Münkler zeigte sich überzeugt davon, dass Europa dieser Rolle nur aus der Position eigener Stärke heraus gerecht werden kann. Als roter Faden zog sich die Klimakrise durch das 39. Erlanger Poetenfest. Auch die traditionelle Sonntagsmatinee unter dem Titel „Ein Wandel muss her!“ stellte das Thema in den Mittelpunkt. Die Komplexität einer gesellschaftlichen Transformation wurde im Gespräch mit Thomas Holzmann, Elmar Kriegler, Eva Leipprand und Armin Nassehi deutlich. Längst gäbe es kein Erkenntnisdefizit mehr, spätestens seit Fridays for Future sei auch fehlende Einsicht nicht mehr das Problem. Erkenntnis und Einsicht in konkretes Handeln umzusetzen sei die schwierige Herausforderung. Nicht Verzicht, so der Tenor der Runde, kann der Lösungsansatz sein, sondern neue Ideale, neue Bilder, neue Mythen. Und dabei könne die Kultur eine wichtige Rolle spielen.

Das Kulturamt der Stadt Erlangen hatte sich in diesem Jahr vorgenommen, auch bei der Durchführung des 39. Erlanger Poetenfests dem Klimaschutz verstärkt Rechnung zu tragen. So wurde unter anderem Strom aus erneuerbaren Energiequellen bezogen, es wurden verstärkt Lastenfahrräder und Elektroautos eingesetzt, von den Gastronomen wurden überwiegend regionale Produkte angeboten und die Gäste verzichteten weitgehend auf Flugreisen.

Mit 13.000 Besucherinnen und Besuchern war das 39. Erlanger Poetenfest eines der am besten besuchten seiner Geschichte. Die entspannte Atmosphäre im spätsommerlichen Schlossgarten und gleichzeitig die hohe Konzentration des Publikums, die Bereitschaft, sich auf komplizierte Themen einzulassen und die Offenheit des Austauschs wurden vielfach gelobt. Dazu trugen auch maßgeblich die Moderatorinnen und Moderatoren des 39. Erlanger Poetenfests bei: Maike Albath, Verena Auffermann, Michael Braun, Nana Brink, Herbert Heinzelmann, Anne-Dore Krohn, Dirk Kruse, Adrian La Salvia, Hajo Steinert, Florian Felix Weyh und Cornelia Zetzsche.

Eindrücke vom 39. Erlanger Poetenfest: Abbas Khider im Gespräch mit Maike Albath; Ines Geipel und Christian Schüle im Gespräch mit Herbert Heinzelmann; Lesung und Gespräch mit Miki Sakamoto; Preisträgerin Theresia Prammer und Oberbürgermeister Dr. Florian Janik; © Erlanger Poetenfest – Foto: Georg Pöhlein & Erich Malter 2019

Hauptsponsor des 39. Erlanger Poetenfests: Stadt- und Kreissparkasse Erlangen Höchstadt Herzogenaurach. Medienpartner: Erlanger Nachrichten und Bayern 2. Das 39. Erlanger Poetenfest wurde aus Mitteln der Literaturförderung des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst unterstützt.

Das 40. Erlanger Poetenfest wird vom 27. bis 30. August 2020 stattfinden.

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