„Würzburg liest ein Buch“ ehrt den jüdischen Autor Jehuda Amichai
Lesen verbindet. Über mehrere Wochen lesen möglichst viele Menschen in Würzburg ein Buch und kommen darüber ins Gespräch. 2018 ist es der Erinnerungsroman Nicht von jetzt, nicht von hier des jüdischen Autors Jehuda Amichai. Denn Israels größter, mehrfach für den Literaturnobelpreis nominierter Lyriker ist ein Würzburger: 1924 in Würzburg als Ludwig Pfeuffer geboren, emigrierte er 1934 auf den Flucht vor den Nazis nach Palästina, 2000 ist er dort verstorben. Das Festival Würzburg liest ein Buch widmet Jehua Amichai die diesjährige Leseaktion mit über 100 Veranstaltungen und Aktionen.
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Die Arbeitsgemeinschaft „Würzburg liest ein Buch“ hat für 2018 Amichais autobiografischen Erinnerungsroman Nicht von jetzt, nicht von hier in den Mittelpunkt der dritten großen Leseaktion in Würzburg gestellt. Sein Roman setzt sich auf höchstem literarischem Niveau mit der Spannung zwischen den zwei Identitäten als Deutscher und Jude auseinander: Hier das Würzburg der Nachkriegszeit, das nicht mehr das Würzburg von Amichais traumhafter, doch traumatischer Kindheit ist, dort seine Lebenswelt in Jerusalem, in der er in eine persönliche Krise gerät.
Nicht von jetzt, nicht von hier
Der Roman erzählt, einen Sommer lang, die Geschichte des jungen Jerusalemer Archäologen Joel. In einem Traum begegnet Joel seiner Jugendfreundin Ruth, die im KZ ermordet worden war, und ihm wird klar, dass der Zeitpunkt gekommen ist, seine Vergangenheit Schicht für Schicht zu ergründen. Da ist einerseits die Sehnsucht nach der Kindheit in dem romantischen deutschen Städtchen Weinburg, gleichzeitig ist es aber auch der Drang, Rache zu üben an den während des Naziregimes für die Judendeportationen Verantwortlichen. Während Joel schon fast entschlossen ist, an den Ort der Kindheit zu fahren, raten ihm seine Freunde, in Jerusalem zu bleiben und vielleicht in einer Liebesaffäre neue Impulse zu finden …
Von nun an vermischen sich Wirklichkeit und Imagination: Tatsächlich verliert sich Joel in einer heftigen Leidenschaft mit der amerikanischen Ärztin Patricia; sein Alter ego jedoch nähert sich Weinburg, der Stadt, die, halb noch zerstört, halb wiederaufgebaut, eine surreale Kulisse für seine Begegnung mit der Vergangenheit bildet.
Spannungsreich alterniert die Handlung zwischen Würzburg (Weinburg) und Jerusalem, zwischen Schauplätzen und Erzählperspektiven, zwischen der kargen, sonnenverbrannten israelischen Wüstenlandschaft und der lieblich-grünen, vom Sommerregen verwaschenen deutschen Stadt und ihrer Umgebung, zwischen der monomanischen Liebesbeziehung und der für alte und neue Begegnungen offenen Haltung des „Heimkehrers“. Beide Erzählstränge machen in ihrer engen Verwobenheit deutlich: Die Vergangenheit lässt sich nur bewältigen, indem man sie in die Gegenwart integriert.
© Königshausen & Neumann
Amichais Werk ist trotz seiner weltweiten Bedeutung in Würzburg und Deutschland wenig präsent. „Würzburg liest ein Buch 2018“ will wie bei Die Jünger Jesu von Leonhard Frank (2014) und Der Aufruhr um den Junker Ernst von Jakob Wassermann (2016) wieder einen bedeutenden Würzburg-Roman in das Bewusstsein der Stadtgesellschaft heben.
Die Beschäftigung mit dem Roman Nicht von jetzt, nicht von hier eröffnet interessante Themenfelder wie z. B. „Jüdisches Leben in Würzburg vor 1933“ oder „Auswanderung und Neuanfang im Heiligen Land“, aber auch „Jüdisches Leben heute“. Darüber hinaus gilt es mit Jehuda Amichai einen der großen Poeten des 20. Jahrhunderts kennenzulernen. Gut 100 Veranstaltungen mit etwa 5.000 Teilnehmenden werden sich 2018 mit Buch und Autor auseinandersetzen.
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Lesen verbindet. Über mehrere Wochen lesen möglichst viele Menschen in Würzburg ein Buch und kommen darüber ins Gespräch. 2018 ist es der Erinnerungsroman Nicht von jetzt, nicht von hier des jüdischen Autors Jehuda Amichai. Denn Israels größter, mehrfach für den Literaturnobelpreis nominierter Lyriker ist ein Würzburger: 1924 in Würzburg als Ludwig Pfeuffer geboren, emigrierte er 1934 auf den Flucht vor den Nazis nach Palästina, 2000 ist er dort verstorben. Das Festival Würzburg liest ein Buch widmet Jehua Amichai die diesjährige Leseaktion mit über 100 Veranstaltungen und Aktionen.
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Die Arbeitsgemeinschaft „Würzburg liest ein Buch“ hat für 2018 Amichais autobiografischen Erinnerungsroman Nicht von jetzt, nicht von hier in den Mittelpunkt der dritten großen Leseaktion in Würzburg gestellt. Sein Roman setzt sich auf höchstem literarischem Niveau mit der Spannung zwischen den zwei Identitäten als Deutscher und Jude auseinander: Hier das Würzburg der Nachkriegszeit, das nicht mehr das Würzburg von Amichais traumhafter, doch traumatischer Kindheit ist, dort seine Lebenswelt in Jerusalem, in der er in eine persönliche Krise gerät.
Nicht von jetzt, nicht von hier
Der Roman erzählt, einen Sommer lang, die Geschichte des jungen Jerusalemer Archäologen Joel. In einem Traum begegnet Joel seiner Jugendfreundin Ruth, die im KZ ermordet worden war, und ihm wird klar, dass der Zeitpunkt gekommen ist, seine Vergangenheit Schicht für Schicht zu ergründen. Da ist einerseits die Sehnsucht nach der Kindheit in dem romantischen deutschen Städtchen Weinburg, gleichzeitig ist es aber auch der Drang, Rache zu üben an den während des Naziregimes für die Judendeportationen Verantwortlichen. Während Joel schon fast entschlossen ist, an den Ort der Kindheit zu fahren, raten ihm seine Freunde, in Jerusalem zu bleiben und vielleicht in einer Liebesaffäre neue Impulse zu finden …
Von nun an vermischen sich Wirklichkeit und Imagination: Tatsächlich verliert sich Joel in einer heftigen Leidenschaft mit der amerikanischen Ärztin Patricia; sein Alter ego jedoch nähert sich Weinburg, der Stadt, die, halb noch zerstört, halb wiederaufgebaut, eine surreale Kulisse für seine Begegnung mit der Vergangenheit bildet.
Spannungsreich alterniert die Handlung zwischen Würzburg (Weinburg) und Jerusalem, zwischen Schauplätzen und Erzählperspektiven, zwischen der kargen, sonnenverbrannten israelischen Wüstenlandschaft und der lieblich-grünen, vom Sommerregen verwaschenen deutschen Stadt und ihrer Umgebung, zwischen der monomanischen Liebesbeziehung und der für alte und neue Begegnungen offenen Haltung des „Heimkehrers“. Beide Erzählstränge machen in ihrer engen Verwobenheit deutlich: Die Vergangenheit lässt sich nur bewältigen, indem man sie in die Gegenwart integriert.
© Königshausen & Neumann
Amichais Werk ist trotz seiner weltweiten Bedeutung in Würzburg und Deutschland wenig präsent. „Würzburg liest ein Buch 2018“ will wie bei Die Jünger Jesu von Leonhard Frank (2014) und Der Aufruhr um den Junker Ernst von Jakob Wassermann (2016) wieder einen bedeutenden Würzburg-Roman in das Bewusstsein der Stadtgesellschaft heben.
Die Beschäftigung mit dem Roman Nicht von jetzt, nicht von hier eröffnet interessante Themenfelder wie z. B. „Jüdisches Leben in Würzburg vor 1933“ oder „Auswanderung und Neuanfang im Heiligen Land“, aber auch „Jüdisches Leben heute“. Darüber hinaus gilt es mit Jehuda Amichai einen der großen Poeten des 20. Jahrhunderts kennenzulernen. Gut 100 Veranstaltungen mit etwa 5.000 Teilnehmenden werden sich 2018 mit Buch und Autor auseinandersetzen.