Info
16.11.2017, 14:15 Uhr
Marlena Simmet
Spektakula
images/lpbblogs/redaktion/2017/klein/LitFest164.jpg

Preview der Panoptikum Festival-Bar im Literaturhaus München

https://www.literaturportal-bayern.de/images/lpbblogs/redaktion/2017/klein/Panoptikum1_500_neu.jpg
Eingang der Panoptikum Festival-Bar (c) Literaturportal Bayern/Marlena Simmet

Ebenso spektakulär wie skurril und zauberhaft: Das Literaturhaus München hat dieses Jahr erstmals im Rahmen des Literaturfests seine Ausstellungshalle in ein Panoptikum umgewandelt. Als kommunikativer Mittelpunkt soll es Münchens Literaturfestival begleiten. Das Panoptikum ist Festival-Bar, allabendlicher Treffpunkt nach den Literaturveranstaltungen, Tagescafé und Tipp für alle Festivalbesucher*innen, die ihren Lieblingsautor*innen in besonderer Atmosphäre begegnen wollen. Am 14. November öffnete das Panoptikum bei einer Preview schon mal vorab seine Türen und zeigte Bloggern und Presseleuten erste Einblicke. Marlena Simmet war für uns dort.

Alles Echt. Alles Fiktion, das ist das Motto der Kuratoren-Reihe forum:autoren, die Doris Dörrie gemeinsam mit dem Literaturhaus München entwickelt hat. Lesungen, Vorträge, Gespräche, Performances, Symposien, Film- und Hörfunk-Präsentationen, musikalische Darbietungen und ein Graphic-Novel-Abend setzen sich vom 16. bis 24. November mit Herkunft und dem eigenen Ich auseinander.

Eine besondere Umsetzung des Mottos Alles Echt. Alles Fiktion präsentiert das Literaturhaus München im eigens eingerichteten Panoptikum: tagsüber eine Hörbar, in der Podcasts und True Stories gelauscht werden kann und nachts ein literarisch-musikalischer Festivaltreff, spektakulär gestaltet wie eine Filmkulisse – mit einem Wachsfigurenkabinett.

Als man am Dienstagabend die Festival-Bar betritt, eröffnet sich einem ein schaurig-schöner und dennoch gemütlich-einladender Anblick. Wir, ein kleines Publikum aus jungen Bloggern und Presseleuten, werden zunächst mit einem Glas Sekt empfangen und dürfen dann erstaunt, entzückt und mitunter auch irritiert, den Raum begutachten. Wir alle wandeln mit großen staunenden Augen durch die Galerie und sind sofort von der Einrichtung begeistert.

Eindrücke der Panoptikum-Atmosphäre / (c) Literaturportal Bayern/Marlena Simmet

Das bewährte Gestalter-Team von unodue{münchen hat Requisiten und Kulissen aus einem Fundus zusammengetragen, aus welchem schon die Szenenbilder von Filmen wie Grand Budapest Hotel schöpften. Der Holzboden wurde, ebenso wie große Teile der Wände, schwarz lackiert. Ein historisches Bar-Element, bestückt mit einer großen Anzahl gruseliger Wachsköpfe, steht auf alten Teppichen, dazu wurde die Bestuhlung eines alten Tanzcafés gruppiert. Zwischen verschlissenen Cocktailsesseln, mehrarmigen Kerzenständern, einer Diskokugel und einem original Steinway-Flügel sitzen, schweben und stehen, lebensecht und lebensgroß, Wachsfiguren, die größtenteils aus Castan's Panoptikum stammen. Castan's wurde 1869 als erstes Wachsfigurenkabinett Deutschlands in Berlin eröffnet und zeigte neben berühmten Persönlichkeiten vor allem medizinische Sonderfälle, wie die tierähnlich anmutenden „Haarmenschen“ oder die sogenannten „Halbmenschen“ ohne Unterleib. Nach der Schließung 1922 blieben weite Teile der Figuren erhalten und gingen schließlich in den Besitz des Filmausstatters Oliver Huber über, bei dem nun genau diese Figuren wiederentdeckt wurden und für die Gestaltung des Panoptikums gewonnen werden konnten. Nun sind sie die schaurig schönen Botschafter für die Frage Alles Echt. Alles Fiktion?

Wachsfiguren des Panoptikums (c) Literaturportal Bayern/Marlena Simmet

Nachdem wir uns bei Jazz-Musik und dem ersten Glas Sekt einen Eindruck der Festival-Bar machen konnten, begrüßt uns Alke Müller-Wendlandt im Namen des Literaturhauses, bedankt sich bei dem ebenfalls anwesenden Oliver Huber nochmals für die großartigen Leihgaben und übergibt dann das Wort an Doris Dörrie. Die diesjährige Kuratorin des forum:autoren bedankt sich ebenfalls für unser Erscheinen und bei den Verantwortlichen der ausgefallenen Raumgestaltung. Danach stellt sie kurz das diesjährige Motto und das damit einhergehende Konzept vor. Die Veranstaltungen werden sich mit dem Ich, seiner Herkunft sowie dem Raum zwischen Erfundenem und Realem auseinandersetzen. Wo verlaufen die Grenzen zwischen Fakten, Fake und Fiktion? Was bedeuten in einer global vernetzten Welt, in der sich jeder neu erfinden kann, die eigenen Wurzeln? Dürfen sich Schriftsteller die Erzählungen anderer aneignen? Die Kulisse des Panoptikums mit seinen Wachsfiguren bietet den perfekten Raum, um jenen Fragen auf den Grund zu gehen. Im Mittelpunkt des Panoptikum-Programms steht außerdem das dokumentarische und serielle Erzählen im Radio. Dem Thema Audio-Storytelling ist daher im Literaturhaus ein gemeinsam mit der BR-Feature-Redaktion entwickelter Abend gewidmet: Radio-Serien sind in den letzten Jahren vor allem in den USA zu beeindruckender Hörfunk-Kunst avanciert. Nach ihrer Einführung gibt Dörrie noch eine kurze Vorschau auf die in den nächsten Wochen stattfindenden Veranstaltungen und Events und wünscht allen einen schönen, kommunikativen Abend.

Alke Müller-Wendlandt und Doris Dörrie (c) Literaturportal Bayern/Marlena Simmet

Bei ein paar weiteren Gläsern Sekt kommt man ins Gespräch, lernt neue interessante Blogger*innen wie Lena Kettner (Kulturfluesterin.com) kennen, tauscht sich über das Literaturfest, die Münchner Bücherschau und die einzigartige Idee des Panoptikums aus. Nach einem letzten Streifzug durch die Ausstellungshalle, bei der nochmal der individuell besondere Gesichtsausdruck jeder Wachsfigur genauestens betrachtet wird, man noch ein paar letzte Fotos schießt, die ausliegenden Bücher der Literaturfest-Autoren durchblättert und sich kurzzeitig überlegt, ein paar schräge Töne auf dem Steinway-Flügel zu klimpern, es dann aber doch lässt, geht man schließlich voller Enthusiasmus und Vorfreude auf die kommenden Panoptikum-Abende nach Hause.

Die Panoptikum Festival-Bar (c) Literaturportal Bayern/Marlena Simmet

In der speziellen Atmosphäre des Panoptikums finden ab heute Kurzlesungen, Konzerte und Performances statt, u.a. mit der Impro-Opern-Truppe La Triviata sowie Pollyester-Frontfrau Polly Lapkovskaja.

Die Panoptikum Festival-Bar ist täglich ab 11 Uhr geöffnet. Bei einem Kaffee oder einem Aperol kann man hier Podcasts und True Stories lauschen, in die aktuellen Titel des Festivalprogramms hineinlesen, sich zwischen zwei Veranstaltungen ausruhen, sich treffen, ratschen, hängenbleiben. An ausgewählten Abenden gibt es Live-Musik. Den Anfang macht heute (22 Uhr) Isolation Berlin & Tobias Bamborschke.