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05.07.2017, 09:28 Uhr
Marlena Simmet
Spektakula
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Biene Maja – Eine musikalische Lesung für kleine und große Zuschauer

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Waldemar Bonsels: Himmelsvolk. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart und Berlin, o.J., ca. 1920.

Am Samstag, den 1. Juli fand im Forum Atelier der Monacensia im Hildebrandhaus eine musikalische Lesung zur Biene Maja statt. Schon 100 Jahre vor der bekannten Zeichentrickserie wurde die Geschichte der Biene Maja von dem Schriftsteller Waldemar Bonsels in Schleißheim geschrieben. Dass Bonsels Original sinnlicher und tiefgründiger ist als das, was das Fernsehen daraus gemacht hat, stellte der Schauspieler Stefan Wilkening zusammen mit dem Percussionisten Stefan Blum unter Beweis. 

Wer kennt sie nicht, die kleine, schlaue, freche Biene aus einem unbekannten Land, die vor nicht allzu langer Zeit... Doch so gut man sich an die Zeichentrickserie aus den 1970er-Jahren erinnern mag, so reizend ist es auch, dass nun die schriftstellerische Originalerzählung von Waldemar Bonsels wieder ins Bewusstsein gerufen wird. Denn Maja ist viel tiefgründiger, als die meisten von ihr wissen. Der Schauspieler Stefan Wilkening hat zusammen mit dem Percussionisten Stefan Blum auf mitreißende, künstlerische und nicht zuletzt auch lustige Art und Weise die alte Geschichte der Biene Maja wieder aufleben lassen.

Während man am Samstagnachmittag das Forum Atelier im Hildebrandhaus betritt, sieht man eine über und über mit bunten Wiesenblumen geschmückte Bühne, auf der sich neben den Sitzplätzen der Künstler auch alle denkbar möglichen Gegenstände befinden, mit denen man Geräusche erzeugen kann. Nächstliegend zu einem Xylophon, verschiedenen Trommeln und Becken, ist dort eine Tonvase und ein Luftballon zu erkennen. Allmählich füllt sich der Zuschauerraum, bis fast alle Plätze besetzt sind und schließlich alle, auch die Erwachsenen, mit erwartungsvollen Kinderaugen auf die Bühne sehen.

Schauspieler Stefan Wilkening (r.) mit Percussionist Stefan Blum (c) Literaturportal Bayern/Marlena Simmet

Als Stefan Wilkening beginnt den Text der Biene Maja zu rezitieren, wird man sofort mitgerissen und taucht ein in die Welt der Blumen, Insekten und Elfen. Mit vollem Körpereinsatz untermalt Stefan Blum die Worte des Schauspielers mit Musik und Geräuschen. Die Geschichte, die in 80 Minuten erzählt wird, handelt von Maja, die sich schon als frisch geschlüpfte Biene, anders als die anderen, dazu entschließt den Bienenstock zu verlassen und allein die Welt mit all ihren Facetten und Bewohnern kennenzulernen und zu erfahren. Auf ihrer Reise begegnen ihr allerhand Gefahren, Abenteuer und magische Momente. Allseits bekannte Figuren, wie Puck (die Stubenfliege), Thekla (die Kreuzspinne) und Kot (der Mistkäfer) begleiten die kleine Biene, erzählen ihr vom Leben und erweitern ihren Horizont. Doch anders als in der Zeichentrickserie werden auch ernste Themen, wie der Tod oder das Ausgegrenzt-Sein behandelt. Maja muss dabei zusehen, wie ein befreundeter Käfer von einer faszinierend schönen Libelle verspeist wird, was sie allerdings den natürlichen Kreislauf des Lebens erkennen lässt. Sie beobachtet, wie Kot, der Mistkäfer, von seiner großen Liebe zurückgewiesen wird, da er ihr aufgrund seiner Tätigkeit vor den anderen Insekten peinlich ist. Maja selbst gerät in die Fänge der Spinne Thekla und entgeht nur knapp dem sicheren Tod. So verläuft die Lesung wellenartig zwischen ernsthaften Momenten und fröhlichen, zwischendurch auch mit Gesang umrahmten Sequenzen. Als Zuschauer fühlt man sich wohl inmitten von lachenden Kindergesichtern und staunenden Augen zu sitzen und den beiden Künstlern bei ihrer Performance zuzusehen. Stefan Wilkening und Stefan Blum überbieten sich gegenseitig beim Einsatz der gesamten Bandbreite von Mimik und Gestik sowie ihrer Stimmen. Im Saal entsteht eine Energie, die die Zuschauer packt und ins Geschehen mit hineinzieht.

Höhepunkte in Majas Reise sind zum einen die Begegnung mit einer Elfe, die ihr Leben opfert, um Maja ihren sehnlichsten Wunsch zu erfüllen. Die Biene will nichts lieber als den Menschen kennenlernen und zwar dann, wenn er am schönsten ist. Sie darf schließlich stille Beobachterin eines menschlichen Liebespaares werden. Zum anderen gipfelt die Erzählung in dem Ereignis der Gefangenschaft Majas in einem Hornissennest, aus dem sie sich allerdings mit List befreien kann. Maja erfährt, dass die Hornissen Majas Bienenstock angreifen wollen. Mit unendlichem Mut und ihren letzten Kräften setzt die Biene alles daran, um ihr Volk zu retten und letztendlich wieder zu ihrer Familie zurückzukehren.

(c) Literaturportal Bayern/Marlena Simmet

Maja fliegt mit offenen Augen und Ohren durch die Welt, geht vorurteilsfrei auf Fremde zu, kommt mit den unterschiedlichsten Figuren in Kontakt, versucht immer den Blickwinkel des Anderen zu verstehen, hilft bedingungslos anderen und erfährt gleichzeitig auch selbst bedingungslose Liebe und Unterstützung. Sie vergisst dabei niemals ihre Herkunft und kann später auch den Bienen ihres Volkes helfen, eine größere Welt jenseits des eigenen Lebens zu erkennen. All diese Themen sind für Kinder und ihre charakterliche Bildung von wichtiger Bedeutung, aber auch allgemein in unserer heutigen Zeit, einer Zeit voller Kriege, flüchtender Menschen und der Auswirkungen der Globalisierung, präsenter denn je. Es lohnt sich allemal, die Geschichte der Biene Maja von Waldemar Bonsels wieder neu zum Leben zu erwecken, was Stefan Wilkening und Stefan Blum auf sehr schöne, faszinierende und unterhaltsame Weise gelungen ist.

Die Monacensia öffnete erstmals ihre Türen auch für ein kindliches Publikum. Die Veranstaltung konnte mit freundlicher Unterstützung der Waldemar-Bonsels-Stiftung gelingen. Der umfangreiche Nachlass des Schriftstellers Waldemar Bonsels wurde der Monacensia als Dauerleihgabe anvertraut.