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03.08.2022, 09:58 Uhr
Wolfsmehl
Rezensionen
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(c) Verlag Anton Pustet

Rezension zum Roman „Hexenloch“ von Christoph Lindenmeyer

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Carl Wilhelm Hübner (1814-1879): Abschied der Auswanderer, Öl auf Leinwand, 1855 (Kunstforum Ostdeutsche Galerie, Regensburg)

Christoph Lindenmeyer (*1945 in Berchtesgaden) ist Journalist, Dozent und Autor. Nach seinem Studium der Evangelischen Theologie in Erlangen, Heidelberg und München war er bis 2010 Leitender Redakteur im Bayerischen Rundfunk, u.a. als Kulturchef im Hörfunk. Er ist Honorarprofessor für Christliche Publizistik an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und Mitglied des deutschen PEN-Zentrums. Als Schriftsteller trat er u.a. mit folgenden Büchern hervor: Rebeller, Opfer, Siedler – die Vertreibung der Salzburger Protestanten (Sachbuch, 2015, 22016), Der Birnbaum im Pfarrgarten – eine evangelische Gemeinde im Nationalsozialismus (Sachbuch, 2019) sowie Teufelsgasse (Roman, 2021). Dieses Jahr erscheint sein neuer Roman Hexenloch bei Anton Pustet. Eine Rezension von Wolfsmehl

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Wie und wann verschwand ein Gemälde des Landschaftsmalers Carl Wilhelm Hübner aus der Nationalgalerie in Oslo? Auf welchem Wege gelangte es nach Salzburg in den Besitz der Schauspielerin Elisabeth Achatz von Harnier und ihrem Ehemann, dem Hörfunkregisseur Otto Achatz?

Al Wolff, Leiter eines großen Medienunternehmens und Freund der Familie Achatz, stößt auf Ungereimtheiten. Er spürt, dass dunkle Wirkungen und weit in die Vergangenheit zurückreichende Zusammenhänge reziproker Art bestehen. Schließlich führte der NS-Chefideologe Alfred Rosenberg seinerzeit das Kulturraub-Kommando nicht nur in Paris, sondern an vielen Orten Europas. Aus Abneigung gegen Rosenberg, wandelte Wolff einstmals seinen Vornamen von Alfred in Al um.

Und nun ausgerechnet ein solches Gemälde …

Das vorliegende Buch ist kein Krimi, sondern ein dichtes Drama. Die Bühne: zwischen Salzburg und München. Die Pole: Hexenloch und Funkhaus. Der Stromkreis: 380 Volt Wechselspannung. Das Netz: gebündelte Phantasie. Ein Sittengemälde aus dem Umfeld gehobener Kreise, klug komponiert, detailreich, ehrlich.

Dreh- und Angelpunkt: das geheimnisvolle Gemälde Die Auswanderer von Carl Wilhelm Hübner. Was ist es wert? Wie entstehen Preise, die in keiner Bilanz auftauchen? Machen Tauschgeschäfte oder Bargeld Sinn? Die Antwort weiß ein alter Salzburger Kunsthändler namens Chobot. Er kennt alle Tricks. Die Psyche seiner Kunden und Bieter, deren Taxen. Ihre Wichtigtuerei und Gier, welche die Kunstmarktmaschine der Sammler zum Glühen bringen. Chobot hat ein Gespür für den richtigen Zeitpunkt, sich ein Glas Prosecco mit einem Brandsteigkrapfen zu gönnen, dazu drei Salzburger Zeitungen zu lesen und im Anschluss das Geld in einer Plastiktüte in sein verstaubtes Antiquariat zu tragen.

Wie durch Schlitze dringt der Leser in das Geschehen ein. Es bietet viele Nischen, Verstecke, Mappen. Temporeiche Belletristik gepaart mit authentischer Erfahrung und mit neuen, erfreulichen, überraschenden Zügen. Gerade durch seine spielerische Leichtigkeit macht es das Buch dem Leser leicht.

Mit diesem Roman ist man auf der Überholspur unterwegs. Ab und zu einparken. Wie der Autor einen Cappuccino genießen. Dann geht es auch schon weiter, mit Schalkhaftigkeit, Charme und Humor. Schnell hat der Leser die 334 Seiten hinter sich gelassen. Das Ziel erreicht. Die Literatur von Christoph Lindenmeyer entdeckt.

Dieser entpuppt sich als Meister der leisen Töne, die im Nachhall wie der Auspuff einer Harley zwischen Funkhaus und Hexenloch blubbern.

Prädikat: wertvoll
Wolfsmehl Dramatiker

 

Christoph Lindenmeyer: Hexenloch. Roman. Verlag Anton Pustet, Salzburg 2022, € 22,00, ISBN 978-37025-1058-9