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08.12.2014, 13:55 Uhr
Frank Piontek
Jean-Paul-Reihe
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Jean Paul selbst nannte seinen Debütroman eine „geborne Ruine“: Frank Piontek liest „Die unsichtbare Loge“ von Jean Paul, Tag für Tag, von der ersten bis zur letzten Seite, und bloggt darüber.

Logen-Blog [519]: Die dunkeln durchschimmerten Begriffe

Man schwebt wie auf Wolken. Glücklicher als unsere kleine Gesellschaft kann man nicht sein. Ein Alphorn bläst, die Musik erfüllt dieses kleine Arkadien und die Arkadier, und wieder kann der Blogger auf eine Textsammlung im Buch zum Jean-Paul-Wanderweg verweisen.

Denn der Erzähler befindet diesmal:

Die dunkeln wolkigen durchschimmerten Begriffe, die der Weltweise von allen Empfindungen verlangt, müssen langsam über die Seele ziehen oder gänzlich stehen, wenn sie sich vergnügen soll; so wie Wolken, die langsam gehen, schönes Wetter, und fliegende schlimmes bedeuten.

Woraufhin Beata das Bild mit der notorisch tugendhaften Interpretation erläutert, dass es tugendhafte Tage gebe, an denen man alles verzeihe „und alles über sich vermag, wo die Freude gleichsam im Herzen kniet und betet, dass sie länger dableiben und wo alles in uns ausgeheitert und beleuchtet ist; – wenn man dann vor Vergnügen darüber weint: so wird dieses so groß, dass alles wieder vorbei ist.“ Eine seltsame Paradoxie, die vielleicht verständlich ist, wenn man weiß und erfahren hat, dass man auch dann zu weinen vermag (ES weint dann aus einem heraus), wenn es gerade besonders schön ist. Da man nicht stundenlang weinen kann, muss man sich nicht darüber wundern, dass „alles“ irgendwann vorbei ist.

Muss man sich darüber wundern, das Ottomar gelind widerspricht, wenn er die Bedingung von Frohsinn und Sturm bemerkt? Je froher ich in einer Stunde, in einer Woche war, desto mehr stürmte dann die folgende – Wie Blumen ist der Mensch: je heftiger das Gewitter werden wird, desto mehr Wohlgerüche verhauchen sie vorher.

Was wiederum auf eine Fatalität hinausläuft – der schwer zu widersprechen ist. Man kennt das ja selbst – und man vermag plötzlich auch Beata zu folgen, deren Vergnügungsbegriff, psychologisch betrachtet, nicht so weit hergeholt ist, wie es auf den ersten kritischen Blick scheint.

„Sie müssen uns nicht mehr einladen, Herr Doktor“, sagte lächelnd Beata, aber ihr Auge schwamm doch in etwas mehr als in Freude.

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[1] Aus Dr. Pionteks spanischen Notizen, hingekritzelt im Prado: „Vicente Lopez' wundervolles Porträt der melancholischen María Pilar de la Cerda y Marín de Resende, der Herzogin von Nájera (von 1795). Sehr modisch, sehr elegant, und nur ein wenig blasiert, die Hofdame der Königin Maria Luisa.“

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