Logen-Blog [430]: Ein Zimmer im dritten Stock von Ottomars Haus
O sanfter Horror... es ist nicht allein das merkwürdige Arrangement der Kinderkleider auf dem grabähnlichen Hügel, das befremdet. Gustav betritt in Ottomars Haus ein Zimmer im dritten Stock, das definitiv nicht heiter ist: weil es den Horror einer nostalgischen Sanftmut besitzt, die auf schwärzesten Gründen basiert.
Er findet dort zum einen betitelte Gemälde mit schwarzen Gründen und weißen Särgen: „Darin ist mein Vater, darin meine Mutter, darin meine Frühlinge, darin liegen sechs Jahrtausende mit allen ihren Menschen“. Er findet zum anderen Wachsfiguren:
Eine schöne Frau, die sich zu einem unserm Gustav fast ähnlichen Kinde herabneigte, weil es ihr etwas leise sagen wollte; ein alter Offizier in Uniform, der eine zerrissene Landkarte, und vor einem schönen jungen Italiener, der ein fliegendes Stammbuch hielt. Das Kind hatte einen Vergissmeinnicht-Strauß auf der Brust, die Frau und die zwei Männer hatten einen schwarzen Strauß. Schließlich Doktor Fenk am Fenster, mit einer Rose an der Brust.
Und was soll das Ganze? Ottomar erklärt ihm den Sinn des Arrangements: „Alles, was mir in meinem Leben Liebe und Freude gab, steht und bleibt in diesem Zimmer – wer gestorben ist, dem gab ich schwarze Blumen – bei meinem verlornen Kinde weiß ichs noch nicht, und seine Kleider liegen draußen im Garten.“
Zwar ist Ottomar kein psychopathischer Killer, der in seinen Wachsfiguren die Toten versteckt, die er auf dem Gewissen hat, doch muss der Blogger unversehens an einen schönen wie unvergesslichen Horrorfilm aus dem Jahre 1953 denken: House of Wax. Die künstlerisch gestaltete Memorialkultur des 18. Jahrhunderts, die sich derartige ewige Abbilder imaginierte, um mit toten Gegenständen an einst Untote zu erinnern, ist hier auf seltsame Weise parodiert worden: auch dank Vincent Price und seiner Kunst.
Hand aufs Herz: Wer findet Wachsfigurenkabinette nicht per se ein wenig gruselig?
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O sanfter Horror... es ist nicht allein das merkwürdige Arrangement der Kinderkleider auf dem grabähnlichen Hügel, das befremdet. Gustav betritt in Ottomars Haus ein Zimmer im dritten Stock, das definitiv nicht heiter ist: weil es den Horror einer nostalgischen Sanftmut besitzt, die auf schwärzesten Gründen basiert.
Er findet dort zum einen betitelte Gemälde mit schwarzen Gründen und weißen Särgen: „Darin ist mein Vater, darin meine Mutter, darin meine Frühlinge, darin liegen sechs Jahrtausende mit allen ihren Menschen“. Er findet zum anderen Wachsfiguren:
Eine schöne Frau, die sich zu einem unserm Gustav fast ähnlichen Kinde herabneigte, weil es ihr etwas leise sagen wollte; ein alter Offizier in Uniform, der eine zerrissene Landkarte, und vor einem schönen jungen Italiener, der ein fliegendes Stammbuch hielt. Das Kind hatte einen Vergissmeinnicht-Strauß auf der Brust, die Frau und die zwei Männer hatten einen schwarzen Strauß. Schließlich Doktor Fenk am Fenster, mit einer Rose an der Brust.
Und was soll das Ganze? Ottomar erklärt ihm den Sinn des Arrangements: „Alles, was mir in meinem Leben Liebe und Freude gab, steht und bleibt in diesem Zimmer – wer gestorben ist, dem gab ich schwarze Blumen – bei meinem verlornen Kinde weiß ichs noch nicht, und seine Kleider liegen draußen im Garten.“
Zwar ist Ottomar kein psychopathischer Killer, der in seinen Wachsfiguren die Toten versteckt, die er auf dem Gewissen hat, doch muss der Blogger unversehens an einen schönen wie unvergesslichen Horrorfilm aus dem Jahre 1953 denken: House of Wax. Die künstlerisch gestaltete Memorialkultur des 18. Jahrhunderts, die sich derartige ewige Abbilder imaginierte, um mit toten Gegenständen an einst Untote zu erinnern, ist hier auf seltsame Weise parodiert worden: auch dank Vincent Price und seiner Kunst.
Hand aufs Herz: Wer findet Wachsfigurenkabinette nicht per se ein wenig gruselig?