Logen-Blog [398]: Über die Petrifizierung im paradis artificiel
Ostermontag, 2014
Apropos Goethe:
Sie feiern die Auferstehung des Herren,
denn sie sind selber auferstanden.
Darum geht’s, auch bei Ottomar: dass inmitten des kosmischen Ganzen und der visionierten finalen Vernichtung von Zeit und Raum – wie sie Jean Paul schon 1790 in Des todten Shakespeare Klage unter todten Zuhörern in der Kirche, daß kein Gott sei mächtig skizziert hat – die zumindest zeitweilige und irdische Auferstehung in der Liebe nicht ausbleibe.
Allein sie ist schwerer zu machen als jene, die die Gläubigen gegen alle Vernunft erhoffen.
Der verehrte Norbert Miller hat 1975 über Ottomars „Vernichtvision“ geschrieben und sehr schön herausgearbeitet, worin das Hoffnungspotential der Ottomarschen Vision begründet ist: im Selbstappell zur verstärkten Menschenliebe:
Der Rückzug des Ich auf sich selbst, der ihm erst die Begegnung mit den höheren Sphären und Mächten ermöglichte, hat nicht wie bei Jean Pauls französischen Bewunderern die bewusste Isolierung des eigenen Erfahrungsbereichs und seiner Petrifizierung im paradis artificiel zur Folge, sondern im Gegenteil eine philantropische Öffnung gegen die gleich hilflosen, gleich vergänglichen und gleich unsterblichen Neben-Ichs.
Ita est! Doch würde man dem Dichter Jean Paul Unrecht tun, ihn auf diesen schönen wie notwendigen Appell zu reduzieren. Was bleibt, ist ein acidischer Dichter, der seine Figuren nicht in den moralinsauren Tank packt, sondern sie, wo er sie nicht schätzt, immer wieder dem Spott seiner Feder aussetzt – auf dass sie ihre Auferstehung in der Satire erleben.
Was freilich nicht für seine „positiven Helden“ gilt – die weder ganz positiv noch Held sind, aber wenigstens im Rosengarten der Tugend wandeln.
Foto: Bayreuth, Kulmbacher Straße, Ostersonntag 2014
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Ostermontag, 2014
Apropos Goethe:
Sie feiern die Auferstehung des Herren,
denn sie sind selber auferstanden.
Darum geht’s, auch bei Ottomar: dass inmitten des kosmischen Ganzen und der visionierten finalen Vernichtung von Zeit und Raum – wie sie Jean Paul schon 1790 in Des todten Shakespeare Klage unter todten Zuhörern in der Kirche, daß kein Gott sei mächtig skizziert hat – die zumindest zeitweilige und irdische Auferstehung in der Liebe nicht ausbleibe.
Allein sie ist schwerer zu machen als jene, die die Gläubigen gegen alle Vernunft erhoffen.
Der verehrte Norbert Miller hat 1975 über Ottomars „Vernichtvision“ geschrieben und sehr schön herausgearbeitet, worin das Hoffnungspotential der Ottomarschen Vision begründet ist: im Selbstappell zur verstärkten Menschenliebe:
Der Rückzug des Ich auf sich selbst, der ihm erst die Begegnung mit den höheren Sphären und Mächten ermöglichte, hat nicht wie bei Jean Pauls französischen Bewunderern die bewusste Isolierung des eigenen Erfahrungsbereichs und seiner Petrifizierung im paradis artificiel zur Folge, sondern im Gegenteil eine philantropische Öffnung gegen die gleich hilflosen, gleich vergänglichen und gleich unsterblichen Neben-Ichs.
Ita est! Doch würde man dem Dichter Jean Paul Unrecht tun, ihn auf diesen schönen wie notwendigen Appell zu reduzieren. Was bleibt, ist ein acidischer Dichter, der seine Figuren nicht in den moralinsauren Tank packt, sondern sie, wo er sie nicht schätzt, immer wieder dem Spott seiner Feder aussetzt – auf dass sie ihre Auferstehung in der Satire erleben.
Was freilich nicht für seine „positiven Helden“ gilt – die weder ganz positiv noch Held sind, aber wenigstens im Rosengarten der Tugend wandeln.
Foto: Bayreuth, Kulmbacher Straße, Ostersonntag 2014