Panizza-Blog [6]: Wer ist dieses englische Mädchen?
Ein Gedicht aus den Londoner Liedern, die in der Geschichte der deutschen Lyrik gewiss nicht zu den besten Gedichten zählen, verdient noch unsere Aufmerksamkeit (S. 79):
An ein Mädchen
An Deiner Schulter gelehnt, Du kleines,
Du englisches Mädchen, vergess’ ich ganz,
Dass ich einmal in Deutschland gewesen,
Und über dem Meer mein Vaterland.
Ich meine, London ist der Himmel,
Die Luft ist heut so klar und rein,
Und Englein gehen auf der Straße
Umweht von weissem Sonnenschein.
An Deiner Schulter gelehnt, ich fürchte
Mich nicht in diesem fremden Land,
Dein Englisch wird den Weg mir weisen,
Dein Englisch ist meine weisse Hand.
An Deiner Schulter gelehnt, ich höre,
Welch weisser Gedanke in Dir sich regt,
Ich fühl’ wie unter Deinem Kleide
Ein weisser Busen ängstlich schlägt.
Wer ist dieses englische Mädchen? Hat es sie wirklich gegeben? Ist es eine junge Frau, die er vielleicht im Hyde-Park getroffen hat? Vielleicht ist es nur eine der vielen Prostituierten, mit denen Panizza schon früh Umgang pflegt. Michael Bauer berichtet in seiner Panizza-Biographie über höchst unanständige Zeichnungen in einem frühen Notizbuch Panizzas. Zum Beispiel von dem Unterleib einer Prostituierten, „die mit weit geöffneten Beinen als Frau ohne Oberleib auf dem Bett ruht“. (S. 94) Er schreibt weiter: „Panizzas Frauenbild kannte Dornröschen und Dirnen. ... ‚Viragines oder Hetären’ waren neben ‚Mutter’ und ‚Schwester’ wohl die einzigen Begriffe, in die Oskar Panizza Frauen zu fassen vermochte.“ (S. 95) Vorlage für seine Zeichnungen waren vermutlich eigene Erfahrungen oder „erotische“ Postkarten, die in dieser prüden Zeit weite Verbreitung fanden. Jahre später wird Panizza wegen einer minderjährigen Prostituierten aus der Schweiz ausgewiesen...
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Ein Gedicht aus den Londoner Liedern, die in der Geschichte der deutschen Lyrik gewiss nicht zu den besten Gedichten zählen, verdient noch unsere Aufmerksamkeit (S. 79):
An ein Mädchen
An Deiner Schulter gelehnt, Du kleines,
Du englisches Mädchen, vergess’ ich ganz,
Dass ich einmal in Deutschland gewesen,
Und über dem Meer mein Vaterland.
Ich meine, London ist der Himmel,
Die Luft ist heut so klar und rein,
Und Englein gehen auf der Straße
Umweht von weissem Sonnenschein.
An Deiner Schulter gelehnt, ich fürchte
Mich nicht in diesem fremden Land,
Dein Englisch wird den Weg mir weisen,
Dein Englisch ist meine weisse Hand.
An Deiner Schulter gelehnt, ich höre,
Welch weisser Gedanke in Dir sich regt,
Ich fühl’ wie unter Deinem Kleide
Ein weisser Busen ängstlich schlägt.
Wer ist dieses englische Mädchen? Hat es sie wirklich gegeben? Ist es eine junge Frau, die er vielleicht im Hyde-Park getroffen hat? Vielleicht ist es nur eine der vielen Prostituierten, mit denen Panizza schon früh Umgang pflegt. Michael Bauer berichtet in seiner Panizza-Biographie über höchst unanständige Zeichnungen in einem frühen Notizbuch Panizzas. Zum Beispiel von dem Unterleib einer Prostituierten, „die mit weit geöffneten Beinen als Frau ohne Oberleib auf dem Bett ruht“. (S. 94) Er schreibt weiter: „Panizzas Frauenbild kannte Dornröschen und Dirnen. ... ‚Viragines oder Hetären’ waren neben ‚Mutter’ und ‚Schwester’ wohl die einzigen Begriffe, in die Oskar Panizza Frauen zu fassen vermochte.“ (S. 95) Vorlage für seine Zeichnungen waren vermutlich eigene Erfahrungen oder „erotische“ Postkarten, die in dieser prüden Zeit weite Verbreitung fanden. Jahre später wird Panizza wegen einer minderjährigen Prostituierten aus der Schweiz ausgewiesen...
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