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16.03.2014, 15:01 Uhr
Frank Piontek
Jean-Paul-Reihe
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Jean Paul selbst nannte seinen Debütroman eine „geborne Ruine“: Frank Piontek liest „Die unsichtbare Loge“ von Jean Paul, Tag für Tag, von der ersten bis zur letzten Seite, und bloggt darüber.

Logen-Blog [378]: Wie man Apo- und Hemiplexie gleichzeitig bekämpft

Und schon wendet sich der Autor von seinen Helden ab, er lässt sie in ihrer Ecke, wo sie sich beim Küssen nicht stören lassen müssen: weder vom Autor noch vom Leser. Ich finde das sehr diskret, zumal das „Einbein“ seine Diskretion mit der Unfähigkeit zur Beschreibung erklärt: „Das ist aber unmenschlich schwer, und ich bin am wenigsten der Mann dazu.“ Kein Wunder, denn der Mann ist krank, er laboriert gleich am Schlagfluss, nachdem er, sagt er, im Kuhstall die Lungensucht überwunden habe – ach, wenn es doch immer so einfach wäre, mit den Gebresten fertig zu werden, „Jean Paul“ weiß, dass es mit dem Schlagfluss nicht so einfach ist, er muss gegen ihn die Geschütze seiner gelehrten Bildung in Anschlag bringen, ja: er möchte ein wahres Kartätschenfeuer (und wieder setzt er, nicht der Blogger, das Wort kursiv) gegen die Krankheit in die Schlacht werfen, er liest und setzt das Gelesene, etwa Anton Nikolais Systema materiae medicae ad praxin explicatae in die Praxis um – sage noch einer, dass Jean Pauls Detail- und „Spezial“-Kenntnisse nicht auch für den „normalen“ Leser sinnvoll wären! Denn man kann immer noch von ihm lernen, wie man sich eine Eismütze auf den Kopf stülpt und gleichzeitig wie eine Vorhölle die Pelzstiefel und Senfpflaster ansetzt, um gleichzeitig Apo- und Hemiplexie zu bekämpfen, die ja verschwinden müssen, um dem Erzähler wieder ordentlich arbeiten zu lassen, aber es ist schon komisch: zu beobachten, dass der leidende Autor noch im Kampf gegen die Elemente seiner Krankheiten geistreich genug ist, um uns mit Vergnügen von seinen Therapieversuchen zu unterrichten.

Gibt es eigentlich ein Buch des Titels Jean Paul und die Medizin. Selbstzeugnisse und Dokumente? Im Falle Goethes gibt es immerhin ein schmales Insel-Bändchen, das Goethes Medizin in chronologischer Folge darstellt[1], im selben Verlag auch Goethe – Der heilkundige Dichter. Wir haben genügend literarische Dokumente und Selbstzeugnisse über Jean Pauls Krankheiten, sein medizinisches Interesse und seine therapeutische Kompetenz – es wäre reizvoll, auch sie einmal in einem Buch zu kollektionieren.

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[1] Hier erfahren wir auch, dass sich Goethe, als Jean Paul gerade die Loge schrieb, bei Friedrich Heinrich Jacobi (in seinem Haus in Pempelfort) wegen eines Hexenschusses in ärztliche Behandlung begab.

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