Logen-Blog [361]: Fenk, Ottomar und Iwan alias Johann
Der Schlaf und der Tod – die beiden Gestalten eröffnen sinnreich, in der Illustration Heinrich Sintzenichs, den zweiten Band des Romans.
„… als er plötzlich ein so heftiges, hitziges Fieber bekam, dass man am Hofe, in der Stadt und im Lande zu einer Zeit seine Krankheit und die Hoffnungslosigkeit seines Zustandes erfuhr.“ So steht´s geschrieben in Nikolai Karamsins Geschichte des russischen Reiches, „nach der zweiten Original-Ausgabe übersetzt“, publiziert in Riga: in Jean Pauls Sterbejahr. Aus Iwan IV., besser bekannt unter dem Beinamen „der Schreckliche“ – also Ива́н (Иоа́нн) Васи́льевич Гро́зный[1] –, haben sie einen deutschen Johann IV. gemacht, und das „hitzige Fieber“ hat er mit Ottomar gemein.
Hitziges Fieber? Ottomar ist am Typhus gestorben – kein Wunder: Typhus ist eine Tropenkrankheit, morbus lenticularis, Nervenfieber, da kann man nichts machen. Wenn Fenk vom verstorbenen Freund Abschied nimmt, leidet der empfindsame Leser mit – und wer wäre das nicht, der es geschafft, den 32. Sektor zu erreichen? Der folgende Absatz beginnt sogleich mit einer grandiosen Formulierung:
Als er endlich die Hand, welche Alpen und Jahre von seiner abgerissen hatten, wieder damit umschlossen hielt, ohne doch dem näher zu sein, nach dem er sich so lange gesehnet, und ohne die Freude des Wiederfindens: so war sein Schmerz noch dicht, dunkel und warf sich schwer über seine ganze Seele her, ohne eine Gestalt zu haben. – Aber als er in jener Hand zwei Warzen wiederfand, die er sonst bei ihrem Druck so oft gefühlet hatte: so nahm der Schmerz die Schleiergestalt der Vergangenheit an; Mailand ging mit den Blüten seiner Weinberge und mit den Gipfeln seiner Kastanien und mit den schönen Tagen unter beiden vorüber und sah traurig die zwei Menschen an, die nichts mehr hatten.
---------------------------------------------
[1] Grozny: das bedeutet wörtlich „furchteinflößend“.
Logen-Blog [361]: Fenk, Ottomar und Iwan alias Johann>
Der Schlaf und der Tod – die beiden Gestalten eröffnen sinnreich, in der Illustration Heinrich Sintzenichs, den zweiten Band des Romans.
„… als er plötzlich ein so heftiges, hitziges Fieber bekam, dass man am Hofe, in der Stadt und im Lande zu einer Zeit seine Krankheit und die Hoffnungslosigkeit seines Zustandes erfuhr.“ So steht´s geschrieben in Nikolai Karamsins Geschichte des russischen Reiches, „nach der zweiten Original-Ausgabe übersetzt“, publiziert in Riga: in Jean Pauls Sterbejahr. Aus Iwan IV., besser bekannt unter dem Beinamen „der Schreckliche“ – also Ива́н (Иоа́нн) Васи́льевич Гро́зный[1] –, haben sie einen deutschen Johann IV. gemacht, und das „hitzige Fieber“ hat er mit Ottomar gemein.
Hitziges Fieber? Ottomar ist am Typhus gestorben – kein Wunder: Typhus ist eine Tropenkrankheit, morbus lenticularis, Nervenfieber, da kann man nichts machen. Wenn Fenk vom verstorbenen Freund Abschied nimmt, leidet der empfindsame Leser mit – und wer wäre das nicht, der es geschafft, den 32. Sektor zu erreichen? Der folgende Absatz beginnt sogleich mit einer grandiosen Formulierung:
Als er endlich die Hand, welche Alpen und Jahre von seiner abgerissen hatten, wieder damit umschlossen hielt, ohne doch dem näher zu sein, nach dem er sich so lange gesehnet, und ohne die Freude des Wiederfindens: so war sein Schmerz noch dicht, dunkel und warf sich schwer über seine ganze Seele her, ohne eine Gestalt zu haben. – Aber als er in jener Hand zwei Warzen wiederfand, die er sonst bei ihrem Druck so oft gefühlet hatte: so nahm der Schmerz die Schleiergestalt der Vergangenheit an; Mailand ging mit den Blüten seiner Weinberge und mit den Gipfeln seiner Kastanien und mit den schönen Tagen unter beiden vorüber und sah traurig die zwei Menschen an, die nichts mehr hatten.
---------------------------------------------
[1] Grozny: das bedeutet wörtlich „furchteinflößend“.