Logen-Blog [185]: Joditziana V
Du trabtest singend aus Deinem Mittagsquartier, namens Joditz, durch eine Landschaft voll Lustschlösser.
Joditz spielt nicht nur in Jean Pauls Jugend und Jugenderzählung hinein – auch in sein Werk. In den Flegeljahren findet man Anspielungen auf die herrliche Landschaft, die wir, nachdem wir im Joditzer Wirtshaus durchaus nicht Mangel an allem Überraschenden fanden, durchstreifen, um zum Felsen zu gelangen, der nach dem Erdichter dieser realistischen Traumheimat benannt wurde – und dort, dort oben, finden wir, auf einer nicht nummerierten, wundersam überraschenden Sonderausgabe einer der Tafeln des Jean-Paul-Wegs, das wie nichts Anderes passende Zitat aus dem Roman, der die Topographie sehr genau beschreibt. Natur und Kunst, sie scheinen sich nicht mehr zu fliehen. Jean Paul hatte genau diese Landschaft im Blick – so wie wir sie anschauen dürfen, durchaus glücklich für ein paar versöhnte Momente, die die Helden der Unsichtbaren Loge zur Zeit nicht zu empfinden vermögen –, als er seinen ersten Roman schrieb, um einige Szenen hier anzusiedeln: freilich nur als dichterisch verwandelte Wunschlandschaft, als künstliche Topographie des Kontrasts.
Der Dichter der Flegeljahre, der die Fußnote[1] in das 46. Kapitel der Flegeljahre setzte, hatte Recht: Joditz ist nicht Joditz. Das Auenthal ist auf keiner Landkarte zu finden – auch wenn wir für ein paar selige Augenblicke ein paar Schritte durchs Thal zu gehen scheinen.
Es gibt zwar ein zweites Joditz mit gleicher Gegend – das Kindheitsdorf des gegenwärtigen Verfassers –, es liegt aber nicht in Haßlau, sondern im Vogtland, wohin gewiß nicht der Notar gekommen.
Wir verlassen nun mit ihm das unbekannte Dörfchen; aber ob es sich gleich noch keinen Lorbeerkranz wie so manches anderes Dorf durch eine Schlacht aufgesetzt: so darf er, glaub' ich, es doch hoch in seinem Herzen halten und zu ihm, als wenn er heute schiede, sagen: „Liebes Dörflein! du bleibst mir teuer und wert! Zwei kleine Schwestern ließ ich in deinem Boden – Mein zufriedener Vater hat auf ihm seine schönsten Sonntage gefunden – Und unter dem Morgenrote meines Lebens sah ich deine Fluren stehen und glänzen. Zwar sind deine mir bekannten Bewohner, denen ich danken will, längst fortgegangen wie mein Vater; aber ihren unbekannten Kindern und Enkeln geh' es wohl, wünscht mein Herz, und jede Schlacht ziehe weit vor ihnen vorbei.“[2]
Finis Joditzianae
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[1] Nebenbei: Der Erzähler Jean Paul bestätigt selbst, dass er im Vogtland aufwuchs. Geistig gesehen ist er also, nach seiner Selbstdefinition, ein Vogtländer, meinethalben ein Vogtländer des nördlichen Markgrafentums Bayreuth.
[2] Das muss man nicht mehr, das kann man nicht kommentieren.
Logen-Blog [185]: Joditziana V>
Du trabtest singend aus Deinem Mittagsquartier, namens Joditz, durch eine Landschaft voll Lustschlösser.
Joditz spielt nicht nur in Jean Pauls Jugend und Jugenderzählung hinein – auch in sein Werk. In den Flegeljahren findet man Anspielungen auf die herrliche Landschaft, die wir, nachdem wir im Joditzer Wirtshaus durchaus nicht Mangel an allem Überraschenden fanden, durchstreifen, um zum Felsen zu gelangen, der nach dem Erdichter dieser realistischen Traumheimat benannt wurde – und dort, dort oben, finden wir, auf einer nicht nummerierten, wundersam überraschenden Sonderausgabe einer der Tafeln des Jean-Paul-Wegs, das wie nichts Anderes passende Zitat aus dem Roman, der die Topographie sehr genau beschreibt. Natur und Kunst, sie scheinen sich nicht mehr zu fliehen. Jean Paul hatte genau diese Landschaft im Blick – so wie wir sie anschauen dürfen, durchaus glücklich für ein paar versöhnte Momente, die die Helden der Unsichtbaren Loge zur Zeit nicht zu empfinden vermögen –, als er seinen ersten Roman schrieb, um einige Szenen hier anzusiedeln: freilich nur als dichterisch verwandelte Wunschlandschaft, als künstliche Topographie des Kontrasts.
Der Dichter der Flegeljahre, der die Fußnote[1] in das 46. Kapitel der Flegeljahre setzte, hatte Recht: Joditz ist nicht Joditz. Das Auenthal ist auf keiner Landkarte zu finden – auch wenn wir für ein paar selige Augenblicke ein paar Schritte durchs Thal zu gehen scheinen.
Es gibt zwar ein zweites Joditz mit gleicher Gegend – das Kindheitsdorf des gegenwärtigen Verfassers –, es liegt aber nicht in Haßlau, sondern im Vogtland, wohin gewiß nicht der Notar gekommen.
Wir verlassen nun mit ihm das unbekannte Dörfchen; aber ob es sich gleich noch keinen Lorbeerkranz wie so manches anderes Dorf durch eine Schlacht aufgesetzt: so darf er, glaub' ich, es doch hoch in seinem Herzen halten und zu ihm, als wenn er heute schiede, sagen: „Liebes Dörflein! du bleibst mir teuer und wert! Zwei kleine Schwestern ließ ich in deinem Boden – Mein zufriedener Vater hat auf ihm seine schönsten Sonntage gefunden – Und unter dem Morgenrote meines Lebens sah ich deine Fluren stehen und glänzen. Zwar sind deine mir bekannten Bewohner, denen ich danken will, längst fortgegangen wie mein Vater; aber ihren unbekannten Kindern und Enkeln geh' es wohl, wünscht mein Herz, und jede Schlacht ziehe weit vor ihnen vorbei.“[2]
Finis Joditzianae
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[1] Nebenbei: Der Erzähler Jean Paul bestätigt selbst, dass er im Vogtland aufwuchs. Geistig gesehen ist er also, nach seiner Selbstdefinition, ein Vogtländer, meinethalben ein Vogtländer des nördlichen Markgrafentums Bayreuth.
[2] Das muss man nicht mehr, das kann man nicht kommentieren.