Reinhard Lechner in Québec: Erfahrungsbericht zum Literatur-Austauschstipendium in Gatineau
Das Kunstministerium vergibt seit einigen Jahren ein Literaturstipendium für einen zweimonatigen Aufenthalt in der kanadischen Provinz Québec. Das Stipendium, das im Rahmen eines Schriftstelleraustauschs zwischen dem Oberpfälzer Künstlerhaus Schwandorf-Fronberg und dem Conseil des Arts et des Lettres du Québec vergeben wird, ermöglicht einer Autorin oder einem Autor aus Bayern den zweimonatigen Arbeitsaufenthalt in Gatineau, der viertgrößten Stadt der Provinz Québec. Der bayerische Lyriker Reinhard Lechner hat im Herbst 2018 zwei Monate als Stipendiat im Maison Fairview in Gatineau verbracht – eine Villa mitten in einem Park, in der Lechner an seinem akuellen Lyrik-Projekt arbeitete. Hier ist sein Bericht.
*
ich lande in ottawa wie europäer überall: im handgepäck den reiseführer, den noch niemand hat („mind travel-bringt dich ins kanadische herz“), meine psychosoziale müdigkeit & den befehl entwickle dich weiter (er wütet im trolley, als wollte ich ein wildes tier über die grenze bringen).
mein weg & meine groben inneren zustände lassen sich auf facebook verfolgen. man spricht in hashtags, nur die sensationen (#amazing journey #maple leaf, grizzly&me #into the wild). ich bringe eine kamera für den indian summer jeden der tausend seen den blizzard nah an der netzhaut. und dieser apparat fotografiert ohne jeden geisterfleck.
so vieles will ich hier: dichten tauchen zum wirklichen cranberryrot nie mehr zurückfallen in die funktionen. und ich werde immun sein, sogar gegen die grundfragen.
als ich meinen reisepass zeige, höre ich erstmals das flussrauschen, plumpsen von eicheln ins gelbe blattwerk, tief drinnen im land. dieses reichhaltige licht, es will nichts; dringt durch die glasfront der ankunftshalle, hängt sich an hektische schritte, täuscht den fingerabdruckscanner, fällt ein ins werbeplakat von british columbia.
im taxi überquere ich den ottawa river ans französische ufer. je me souviens steht auf den nummerntafeln der wägen. dieses reichhaltige licht. ein mädchen fängt einen schluck in einem probierglas, nimmt es mit in die nacht. so prüfen die québecs: es ist da. unweit im süden beginnt die grenze. beginnen grenzen zu sternen & streifen
**
Mit meiner Nominierung für das im Rahmen der Partnerschaft zwischen dem Freistaat Bayern und der Region Québec zur Intensivierung des Kulturaustauschs eingerichtete Aufenthaltsstipendium 2018 zwischen dem Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst und dem Conseil des Arts et des Lettres du Québec hatte ich die Möglichkeit, Oktober und November im Maison Fairview in Gatineau zu verbringen. Das Stipendium wird gemeinsam durch das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst aus Mitteln der Bayerischen Staatskanzlei und dem Conseils des Arts et des Lettres du Québec finanziert.
Während der zwei Monate Aufenthalt im Maison trieb ich intensiv mein eigenes Lyrik-Manuskript verwildern. voran. Neben dem ungestörten Schreibraum, den das weitläufige Haus im italienischen Renaissance-Stil bietet, liegt ein mindestens ebenso wertvoller Ertrag vom Stipendium in der Chance, eingebunden in die frankophone Literaturszene von l'Outaouais, die engagiert durch die Association des auteurs et auteures de l'Outaouais (AAAO) belebt wird, AutorInnen aus der Region kennenzulernen und Kooperationen für künftige Arbeiten knüpfen zu können. Unter diesen Umständen initiierte ich ein Übersetzungsprojekt zu Poesie aus l'Outaouais für die Literaturzeitschrift LICHTUNGEN, nachdem mir auch Michael von Killisch-Horn, arrivierter Übersetzer aus dem Französischen und Träger des Stipendiums 2016, seine Mitarbeit angeboten hatte. Die Schwerpunktnummer soll im Jahr 2020 erscheinen.
AutorInnen der l'AAAO zu Besuch im Maison Scott Fairview
In den heute sich rasch „internationalisierenden“ Literaturräumen, vorangetrieben auch durch die Präsentationsmöglichkeiten im Internet, das mit seinem Format Lyrik und verdichtete literarische Darstellungsformen im besonderen Maß anspricht, lässt sich das Einzelwerk gezielt einem größeren Publikum zugänglich machen und inszenieren. Mein Aufenthalt in Gatineau dagegen verlief wohltuend ‚analog‘. Ich konnte „vor Ort“ sein, auf eigene Faust nachsehen: was tut sich dort, woran arbeiten die AutorInnen, in welchen Veranstaltungsformaten präsentieren sie Texte, wie organisieren und vernetzen sie sich dafür. Die beiden Monate haben mir einen Zeitraum geboten, den Literaturen und die Personen dahinter im Mindesten benötigen, um einander einigermaßen zu durchdringen.
La Maison Fairview
Der Aufenthalt im idyllischen Maison Fairview bietet mir ideale Bedingungen zur Reduktion und Konzentration meines Alltags auf das eigene Schreiben. Im Grunde ließe sich mein Aufenthalt allein mit dem beglückenden, da ungestörtem Arbeiten im Maison fassen, in dem sich, erstreckt über zwei Stockwerke und mindestens fünf verschiedene Räume, schreiben lässt. Durch die großzügig mit Utensilien eingerichtete Küche klappt eine Selbstversorgung daneben wunderbar. Die Monate Oktober und November bieten aber auch abseits des Schreibens einen passenden Zeitraum für den Aufenthalt in Québec. Es lassen sich Gatineau und seine Umgebung erkunden, etwa der beeindruckende Parc de la Gatineau oder natürlich die angrenzende Hauptstadt Ottawa. Zwischen dem im Oktober auslaufenden Indian Summer mit bis zu plus zwanzig Grad und Tagen mit minus zwanzig Grad im November, geprägt von Schneefall und eisigen Winden, bekomme ich auch einen Eindruck vom rauen québecschen Klima.
Das Maison Scott Fairview in Gatineau
Das Maison liegt im Stadtsektor Hull, eingebettet in eine ergiebige Parklandschaft mit Wiese und verschiedenen Bäumen. Der Bonus des Platzes liegt in einer grünen Abgeschiedenheit, die sich mitten in der Stadt genießen lässt. Während ich mich morgens mit einer Tasse Kaffee in einem der Räume der Villa zum Arbeiten einrichte, blicke ich hinaus auf Eichhörnchen, die für den Winter Vorräte sammeln und bin neugierig auf die regelmäßigen Parkbesucher, die es mit ihren Hunden, meist früh am Morgen oder abends, hierher zum Spazieren verschlägt. Dennoch ist die Einkaufsgalerie des Stadtteils Hull (Les Galeries de Hull) in fünf Laufminuten für mich erreichbar, ebenso wie die öffentliche Stadtbibliothek (La Bibliothèque Lucien-Lalonde), die auch eine Auswahl an lokaler Poesie verleiht. Einen Bibliotheksausweis erhalte ich auf Anfrage bei Michelle Lapierre. Die Direktorin der AAAO unterstützt mich seit unserem Erstkontakt per Mail vom Besorgen des Adaptersteckers bis zu Empfehlungen von Poesie.
Bei aller wohltuenden Abgeschiedenheit kann ich jederzeit zur AAAO Kontakt aufnehmen bzw. werde ich in Aktivitäten eingebunden, nicht im Übermaß, sondern so, dass ich Strukturen und regelmäßige Veranstaltungen des frankophonen Literaturvereins kennenlerne. Am Programm stehen das Besuchen von Lesungen, gemeinsame Abendessen (Piz'za-za, Le Foubrac), Poetry Slams, die auch in Gatineau sehr boomen, ich lerne einige AutoInnen der AAAO näherkennen, wir machen Ausflüge in die idyllische Umgebung oder ins Musée canadien de l'histoire, gespannt nehme ich Einladungen zu Abendessen zu Hause an. Ich möchte einige Namen nennen, Kalula Kalambay, Carolé Frechette und Guy Jean.
Ergebnisse
Bei meiner Abschlusspräsentation im Maison trage ich Gedichte aus meinem aktuellen Lyrikmanuskript verwildern. vor, an dem ich im Verlauf der beiden Monate gearbeitet habe. Darüber hinaus haben mich drei AutorInnen des Vereins beim Übersetzen von insgesamt vier Gedichten aus dem Skript ins Französische unterstützt, die sie dann bei der Präsentation auch vortragen. Die Übersetzungen ins Französische geben dem Publikum Zugang zu meiner Poesie. Ich nutze die Möglichkeit der gut besuchten Abschlusspräsentation außerdem, um mein Übersetzungsprojekt von Poesie aus l'Outaouais für die Literaturzeitschrift LICHTUNGEN (gemeinsam mit Michael von Killisch-Horn) vorzustellen.
Reinhard Lechner mit Kalula Kalambay
Resümierend kann ich das Stipendium als eine einzigartige, durch die Institutionen unbedingt fortzusetzende Erfahrung beschreiben. Ich bekam mit dem Maison in Gatineau einen Rahmen geboten, in dem ich mich zwei Monate lang völlig auf den eigenen lyrischen Werkprozess konzentrieren konnte. Außerdem bot sich mir durch die angenehme Präsenz der AAAO an, mich mit den AutorInnen und deren Werken kurzzuschließen, um ein Kooperationsnetzwerk für ein Übersetzungsprojekt, und möglicherweise auch für weitere zukünftige Zusammenarbeiten, aufzubauen. Das Stipendium bietet eine professionelle Unterstützungsstruktur, die eine intensive individuelle und kooperative künstlerische Arbeit ermöglicht und dem eigenen Werk eine ‚internationale‘ Dimension eröffnet. Die Arbeit gelangt zur Reflexion und zur Weiterentwicklung in der Diskussion der künstlerischen Positionen. Dabei stellen meinem Erleben nach die literarischen Erfahrungen aus beiden Sprachen und Szenen beidseits eine Bereicherung dar, nämlich die des Deutschen und des Québec-Französischen.
Zum Autor: Geboren 1986 in Bruck an der Mur, studierte Reinhard Lechner Erziehungs- und Bildungswissenschaft in Graz. Heute lebt und arbeitet er in Würzburg als Autor und wissenschaftlicher Mitarbeiter der Erwachsenen- und Weiterbildung an der Julius-Maximilians-Universität. Er veröffentlichte in Literaturzeitschriften und Anthologien, betreut als Mitredakteur die Grazer Literaturzeitschrift Lichtungen und erhielt einige Preise und Stipendien. Veröffentlichungen: handschrift, zeitstrahl. Gedichte, Leykam 2012; Erzähl mir vom Mistral, edition keiper, Graz 2017 – daraus stammt der zitierte Gedichtausschnitt. Lechner ist gerne unter freiem Himmel unterwegs im Frankenland, laufend & pedalierend.
Reinhard Lechner in Québec: Erfahrungsbericht zum Literatur-Austauschstipendium in Gatineau>
Das Kunstministerium vergibt seit einigen Jahren ein Literaturstipendium für einen zweimonatigen Aufenthalt in der kanadischen Provinz Québec. Das Stipendium, das im Rahmen eines Schriftstelleraustauschs zwischen dem Oberpfälzer Künstlerhaus Schwandorf-Fronberg und dem Conseil des Arts et des Lettres du Québec vergeben wird, ermöglicht einer Autorin oder einem Autor aus Bayern den zweimonatigen Arbeitsaufenthalt in Gatineau, der viertgrößten Stadt der Provinz Québec. Der bayerische Lyriker Reinhard Lechner hat im Herbst 2018 zwei Monate als Stipendiat im Maison Fairview in Gatineau verbracht – eine Villa mitten in einem Park, in der Lechner an seinem akuellen Lyrik-Projekt arbeitete. Hier ist sein Bericht.
*
ich lande in ottawa wie europäer überall: im handgepäck den reiseführer, den noch niemand hat („mind travel-bringt dich ins kanadische herz“), meine psychosoziale müdigkeit & den befehl entwickle dich weiter (er wütet im trolley, als wollte ich ein wildes tier über die grenze bringen).
mein weg & meine groben inneren zustände lassen sich auf facebook verfolgen. man spricht in hashtags, nur die sensationen (#amazing journey #maple leaf, grizzly&me #into the wild). ich bringe eine kamera für den indian summer jeden der tausend seen den blizzard nah an der netzhaut. und dieser apparat fotografiert ohne jeden geisterfleck.
so vieles will ich hier: dichten tauchen zum wirklichen cranberryrot nie mehr zurückfallen in die funktionen. und ich werde immun sein, sogar gegen die grundfragen.
als ich meinen reisepass zeige, höre ich erstmals das flussrauschen, plumpsen von eicheln ins gelbe blattwerk, tief drinnen im land. dieses reichhaltige licht, es will nichts; dringt durch die glasfront der ankunftshalle, hängt sich an hektische schritte, täuscht den fingerabdruckscanner, fällt ein ins werbeplakat von british columbia.
im taxi überquere ich den ottawa river ans französische ufer. je me souviens steht auf den nummerntafeln der wägen. dieses reichhaltige licht. ein mädchen fängt einen schluck in einem probierglas, nimmt es mit in die nacht. so prüfen die québecs: es ist da. unweit im süden beginnt die grenze. beginnen grenzen zu sternen & streifen
**
Mit meiner Nominierung für das im Rahmen der Partnerschaft zwischen dem Freistaat Bayern und der Region Québec zur Intensivierung des Kulturaustauschs eingerichtete Aufenthaltsstipendium 2018 zwischen dem Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst und dem Conseil des Arts et des Lettres du Québec hatte ich die Möglichkeit, Oktober und November im Maison Fairview in Gatineau zu verbringen. Das Stipendium wird gemeinsam durch das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst aus Mitteln der Bayerischen Staatskanzlei und dem Conseils des Arts et des Lettres du Québec finanziert.
Während der zwei Monate Aufenthalt im Maison trieb ich intensiv mein eigenes Lyrik-Manuskript verwildern. voran. Neben dem ungestörten Schreibraum, den das weitläufige Haus im italienischen Renaissance-Stil bietet, liegt ein mindestens ebenso wertvoller Ertrag vom Stipendium in der Chance, eingebunden in die frankophone Literaturszene von l'Outaouais, die engagiert durch die Association des auteurs et auteures de l'Outaouais (AAAO) belebt wird, AutorInnen aus der Region kennenzulernen und Kooperationen für künftige Arbeiten knüpfen zu können. Unter diesen Umständen initiierte ich ein Übersetzungsprojekt zu Poesie aus l'Outaouais für die Literaturzeitschrift LICHTUNGEN, nachdem mir auch Michael von Killisch-Horn, arrivierter Übersetzer aus dem Französischen und Träger des Stipendiums 2016, seine Mitarbeit angeboten hatte. Die Schwerpunktnummer soll im Jahr 2020 erscheinen.
AutorInnen der l'AAAO zu Besuch im Maison Scott Fairview
In den heute sich rasch „internationalisierenden“ Literaturräumen, vorangetrieben auch durch die Präsentationsmöglichkeiten im Internet, das mit seinem Format Lyrik und verdichtete literarische Darstellungsformen im besonderen Maß anspricht, lässt sich das Einzelwerk gezielt einem größeren Publikum zugänglich machen und inszenieren. Mein Aufenthalt in Gatineau dagegen verlief wohltuend ‚analog‘. Ich konnte „vor Ort“ sein, auf eigene Faust nachsehen: was tut sich dort, woran arbeiten die AutorInnen, in welchen Veranstaltungsformaten präsentieren sie Texte, wie organisieren und vernetzen sie sich dafür. Die beiden Monate haben mir einen Zeitraum geboten, den Literaturen und die Personen dahinter im Mindesten benötigen, um einander einigermaßen zu durchdringen.
La Maison Fairview
Der Aufenthalt im idyllischen Maison Fairview bietet mir ideale Bedingungen zur Reduktion und Konzentration meines Alltags auf das eigene Schreiben. Im Grunde ließe sich mein Aufenthalt allein mit dem beglückenden, da ungestörtem Arbeiten im Maison fassen, in dem sich, erstreckt über zwei Stockwerke und mindestens fünf verschiedene Räume, schreiben lässt. Durch die großzügig mit Utensilien eingerichtete Küche klappt eine Selbstversorgung daneben wunderbar. Die Monate Oktober und November bieten aber auch abseits des Schreibens einen passenden Zeitraum für den Aufenthalt in Québec. Es lassen sich Gatineau und seine Umgebung erkunden, etwa der beeindruckende Parc de la Gatineau oder natürlich die angrenzende Hauptstadt Ottawa. Zwischen dem im Oktober auslaufenden Indian Summer mit bis zu plus zwanzig Grad und Tagen mit minus zwanzig Grad im November, geprägt von Schneefall und eisigen Winden, bekomme ich auch einen Eindruck vom rauen québecschen Klima.
Das Maison Scott Fairview in Gatineau
Das Maison liegt im Stadtsektor Hull, eingebettet in eine ergiebige Parklandschaft mit Wiese und verschiedenen Bäumen. Der Bonus des Platzes liegt in einer grünen Abgeschiedenheit, die sich mitten in der Stadt genießen lässt. Während ich mich morgens mit einer Tasse Kaffee in einem der Räume der Villa zum Arbeiten einrichte, blicke ich hinaus auf Eichhörnchen, die für den Winter Vorräte sammeln und bin neugierig auf die regelmäßigen Parkbesucher, die es mit ihren Hunden, meist früh am Morgen oder abends, hierher zum Spazieren verschlägt. Dennoch ist die Einkaufsgalerie des Stadtteils Hull (Les Galeries de Hull) in fünf Laufminuten für mich erreichbar, ebenso wie die öffentliche Stadtbibliothek (La Bibliothèque Lucien-Lalonde), die auch eine Auswahl an lokaler Poesie verleiht. Einen Bibliotheksausweis erhalte ich auf Anfrage bei Michelle Lapierre. Die Direktorin der AAAO unterstützt mich seit unserem Erstkontakt per Mail vom Besorgen des Adaptersteckers bis zu Empfehlungen von Poesie.
Bei aller wohltuenden Abgeschiedenheit kann ich jederzeit zur AAAO Kontakt aufnehmen bzw. werde ich in Aktivitäten eingebunden, nicht im Übermaß, sondern so, dass ich Strukturen und regelmäßige Veranstaltungen des frankophonen Literaturvereins kennenlerne. Am Programm stehen das Besuchen von Lesungen, gemeinsame Abendessen (Piz'za-za, Le Foubrac), Poetry Slams, die auch in Gatineau sehr boomen, ich lerne einige AutoInnen der AAAO näherkennen, wir machen Ausflüge in die idyllische Umgebung oder ins Musée canadien de l'histoire, gespannt nehme ich Einladungen zu Abendessen zu Hause an. Ich möchte einige Namen nennen, Kalula Kalambay, Carolé Frechette und Guy Jean.
Ergebnisse
Bei meiner Abschlusspräsentation im Maison trage ich Gedichte aus meinem aktuellen Lyrikmanuskript verwildern. vor, an dem ich im Verlauf der beiden Monate gearbeitet habe. Darüber hinaus haben mich drei AutorInnen des Vereins beim Übersetzen von insgesamt vier Gedichten aus dem Skript ins Französische unterstützt, die sie dann bei der Präsentation auch vortragen. Die Übersetzungen ins Französische geben dem Publikum Zugang zu meiner Poesie. Ich nutze die Möglichkeit der gut besuchten Abschlusspräsentation außerdem, um mein Übersetzungsprojekt von Poesie aus l'Outaouais für die Literaturzeitschrift LICHTUNGEN (gemeinsam mit Michael von Killisch-Horn) vorzustellen.
Reinhard Lechner mit Kalula Kalambay
Resümierend kann ich das Stipendium als eine einzigartige, durch die Institutionen unbedingt fortzusetzende Erfahrung beschreiben. Ich bekam mit dem Maison in Gatineau einen Rahmen geboten, in dem ich mich zwei Monate lang völlig auf den eigenen lyrischen Werkprozess konzentrieren konnte. Außerdem bot sich mir durch die angenehme Präsenz der AAAO an, mich mit den AutorInnen und deren Werken kurzzuschließen, um ein Kooperationsnetzwerk für ein Übersetzungsprojekt, und möglicherweise auch für weitere zukünftige Zusammenarbeiten, aufzubauen. Das Stipendium bietet eine professionelle Unterstützungsstruktur, die eine intensive individuelle und kooperative künstlerische Arbeit ermöglicht und dem eigenen Werk eine ‚internationale‘ Dimension eröffnet. Die Arbeit gelangt zur Reflexion und zur Weiterentwicklung in der Diskussion der künstlerischen Positionen. Dabei stellen meinem Erleben nach die literarischen Erfahrungen aus beiden Sprachen und Szenen beidseits eine Bereicherung dar, nämlich die des Deutschen und des Québec-Französischen.
Zum Autor: Geboren 1986 in Bruck an der Mur, studierte Reinhard Lechner Erziehungs- und Bildungswissenschaft in Graz. Heute lebt und arbeitet er in Würzburg als Autor und wissenschaftlicher Mitarbeiter der Erwachsenen- und Weiterbildung an der Julius-Maximilians-Universität. Er veröffentlichte in Literaturzeitschriften und Anthologien, betreut als Mitredakteur die Grazer Literaturzeitschrift Lichtungen und erhielt einige Preise und Stipendien. Veröffentlichungen: handschrift, zeitstrahl. Gedichte, Leykam 2012; Erzähl mir vom Mistral, edition keiper, Graz 2017 – daraus stammt der zitierte Gedichtausschnitt. Lechner ist gerne unter freiem Himmel unterwegs im Frankenland, laufend & pedalierend.