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Carry Brachvogel. Foto: Theodor Hilsdorf, G 28/1382 (Münchner Stadtmuseum)

München, Wilhelmstraße 9a (Carry Brachvogel)

1896 zieht Carry Brachvogel in die Wilhelmstraße 9a. In diesem Haus wohnt sie bis zum Jahr 1902.

Heute hat hier der Beck Verlag sein Domizil. Nach ihrem Debütroman Alltagsmenschen veröffentlicht sie noch fünf weitere Bücher im S. Fischer Verlag, die sie alle in diesem Haus verfasst.

Sowohl in der Wahl der Genres als auch in der Themenwahl präsentiert sie sich dabei als eine ausgesprochen vielseitige und produktive Schriftstellerin. 1897 veröffentlicht sie einen Novellenband unter dem Titel Der Erntetag und Anderes. Sie widmet ihn ihrer Freundin Marie Haushofer. Die darin versammelten Novellen kreisen alle um das Verhältnis der Geschlechter und um die Rolle und Stellung der Frau. 1900 kommen von ihr phantastische Legenden und Erzählungen unter dem Titel Die Wiedererstandenen. Cäsarenlegenden heraus. Berühmte historische Gestalten und mythische Figuren versetzt sie hier in einen neuen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang. Alle Erzählungen muten surreal und fantastisch an. Hier geht sie völlig andere Wege als in ihren Werken zuvor. Von großer Bedeutung darunter ist die Erzählung Götter a.D., die die Thematik des Ewigen Juden neu gestaltet. Ihr Buch Die Wiedererstandenen ist in engem Austausch mit dem Dichter Max Haushofer entstanden. In seinen Werken spielt die Wanderung des Menschen durch die Zeiten eine große Rolle. 1886 hatte er bereits das Versepos Der ewige Jude veröffentlicht, dass die Wanderung des Menschen durch die Zeiten schildert. Immer wieder tauscht sich Carry Brachvogel, während sie an ihrem Buch arbeitet, mit ihm über die Wiedergängerthematik und über das literarische Motiv vom Ewigen Juden aus.

1901 legt Carry Brachvogel ihren ersten Theaterroman Die große Pagode vor, der die finanzielle Situation und die Abhängigkeiten der Schauspielerinnen in München beleuchtet. Im selben Jahr erscheint das Theaterstück Der kommende Mann – eine Komödie über Napoleon, die sie zusammen mit dem Schriftsteller Oskar Mysing geschrieben hat und die 14-mal in Berlin aufgeführt wird und zahlreiche Rezensionen erhält. Brachvogel gilt zeit ihres Lebens als große Kennerin des Theaters und arbeitet selbst vor 1900 in Berlin immer wieder als Schauspielerin. Als große Kennerin des Theaters wird sie sich auch künftig zeigen. Noch 1923 heißt es: „Heimisch wie kaum eine andere ist Carry Brachvogel im Theatermilieu.“

 


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Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Dr. Ingvild Richardsen

Sekundärliteratur:

Mensch, Ella (1923): Deutsche Gegenwartsschriftstellerinnen. Carry Brachvogel. In: Hannoversches Tageblatt, 26. August.

Rezensionen zu Carry Brachvogels Theaterstück über Napoleon, z.B. in: Vossische Zeitung, 29. September 1901; Die Literatur, September 1901; Kölnische Volkszeitung, 1. Oktober 1901; Frankfurter Zeitung, 2. Oktober 1901; Berliner Börsen-Zeitung, 29. September, 1901; Berliner Nachtausgabe, 29. September 1901; Berliner Tageblatt, 29. September 1901

Richardsen, Ingvild (2018): Evas Töchter. Münchner Schriftstellerinnen 1894-1933. München.