Nymphenburger Kanal: Nördliche und Südliche Auffahrtsallee
Während also Thomas Mann in den Jahren 1941 bis 1943 im kalifornischen Exil am Schreibtisch saß und am vierten seiner Joseph-Romane schrieb, hatte seine Prosa Einfluss auf den jungen Andersch, als der mit dem Schreiben begann. Diesen Einfluss zeigt sehr gut eine damals verfasste „Skizze zu einem jungen Mann“ namens Bernhard, in dem unschwer Andersch selbst zu erkennen ist. Die Schilderung der Szenerie am Nymphenburger Kanal mit den beiden Auffahrtsalleen orientiert sich am Satz-Rhythmus Thomas Manns:
Da war zum Beispiel der große Kanal, der den Villenort in zwei Teile zerlegte, seine Achse bildete und der, von sanft geschwungenen Brücken überquert und stetig begleitet von Alleen auf beiden Seiten, Alleen alter riesiger Bäume, auf das am Abschluß der Perspektive weiß strahlende, vom Halbrund der Kavalierhäuser umgebene Schloß zuführte. Welche Lust mag Bernhard empfunden haben, wenn er aus der Tiefe jener Straßen, die ständig eine etwas qualmige Sonntagnachmittags-Melancholie nährten, in den freien, schwingenden Rhythmus dieser Alleen hineinlief oder gar auf dem Fahrrad in ihnen auf und ab raste! Möglich, daß er hier das Feudale seines Bewegungsstils erlernte, jene unmerklich eckige Harmonie, in der die Glieder wie auf schwingenden Widerständen ruhen.[71]
Diese Skizze, erstmals postum 1986 in dem Band Erinnerte Gestalten erschienen, adaptiert den Thomas-Mann-Stil deutlich. Aber die Kunst bietet Andersch keine Rettung aus seiner Misere. Sein Weg führt ihn aus München als Werbetexter nach Hamburg in die Fotopapierfirma seines Schwagers Fritz Albert; der Weg zu den „Halligen“ lässt sich in den Kirschen der Freiheit und auch in dem davon abgeleiteten Hörspiel Aktion ohne Fahnen nachvollziehen, wenn auch nicht in allen biographischen Einzelheiten.
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[71] Alfred Andersch: Skizze zu einem jungen Mann. In: Ders.: Erinnerte Gestalten. Frühe Erzählungen. Zürich 1986, S. 7-37, hier S. 16.
Während also Thomas Mann in den Jahren 1941 bis 1943 im kalifornischen Exil am Schreibtisch saß und am vierten seiner Joseph-Romane schrieb, hatte seine Prosa Einfluss auf den jungen Andersch, als der mit dem Schreiben begann. Diesen Einfluss zeigt sehr gut eine damals verfasste „Skizze zu einem jungen Mann“ namens Bernhard, in dem unschwer Andersch selbst zu erkennen ist. Die Schilderung der Szenerie am Nymphenburger Kanal mit den beiden Auffahrtsalleen orientiert sich am Satz-Rhythmus Thomas Manns:
Da war zum Beispiel der große Kanal, der den Villenort in zwei Teile zerlegte, seine Achse bildete und der, von sanft geschwungenen Brücken überquert und stetig begleitet von Alleen auf beiden Seiten, Alleen alter riesiger Bäume, auf das am Abschluß der Perspektive weiß strahlende, vom Halbrund der Kavalierhäuser umgebene Schloß zuführte. Welche Lust mag Bernhard empfunden haben, wenn er aus der Tiefe jener Straßen, die ständig eine etwas qualmige Sonntagnachmittags-Melancholie nährten, in den freien, schwingenden Rhythmus dieser Alleen hineinlief oder gar auf dem Fahrrad in ihnen auf und ab raste! Möglich, daß er hier das Feudale seines Bewegungsstils erlernte, jene unmerklich eckige Harmonie, in der die Glieder wie auf schwingenden Widerständen ruhen.[71]
Diese Skizze, erstmals postum 1986 in dem Band Erinnerte Gestalten erschienen, adaptiert den Thomas-Mann-Stil deutlich. Aber die Kunst bietet Andersch keine Rettung aus seiner Misere. Sein Weg führt ihn aus München als Werbetexter nach Hamburg in die Fotopapierfirma seines Schwagers Fritz Albert; der Weg zu den „Halligen“ lässt sich in den Kirschen der Freiheit und auch in dem davon abgeleiteten Hörspiel Aktion ohne Fahnen nachvollziehen, wenn auch nicht in allen biographischen Einzelheiten.
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[71] Alfred Andersch: Skizze zu einem jungen Mann. In: Ders.: Erinnerte Gestalten. Frühe Erzählungen. Zürich 1986, S. 7-37, hier S. 16.