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Thomas Mann, 30.4.1900 (ETH-Bibliothek Zürich, Thomas-Mann-Archiv / Fotograf: Atelier Elvira / TMA_0016)

Marktstraße 5 (heute Haimhauserstraße 6)

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Marktstraße 5 (heute Haimhauserstraße 6). Foto: Dirk Heißerer

Mehr als die zweite Hälfte des Romans entsteht im alten Schwabing. Das einstige Dorf um den alten Marktplatz (seit 1959: Wedekindplatz) urkundlich viel früher erwähnt (782) als Munichen (1158) ist seit 1891 ein Stadtteil Münchens. Hier entstehen in zwei Wohnungen sechs der elf Teile des Romans. Ab Anfang Oktober 1898 wohnt Thomas Mann in der Marktstraße5/III (heute Haimhauserstraße 6) bei dem Bauunternehmer Rank und steckt hier, wie er seinem Freund Grautoff schreibt, „noch in den [18]50ger Jahren“ seiner zwischen 1835 und 1877 spielenden Erzählung.[19] Das sind der fünfte Teil mit der Heirat von Thomas Buddenbrook und Gerda Arnoldsen sowie, vor allem, der sechste Teil mit den München-Partien des Romans. Mit dem fürchterlichen bayerischen Fluch des Alois Permaneder seiner Gattin gegenüber, die ihn bei einem Techtelmechtel mit der Köchin Babette auf der für die alten Münchener Bürgerhäuser typischen „Himmelsleiter“ überrascht, endet diese Ehe, der sechste Teil des Romans und auch der erste der beiden Bände der Erstausgabe von 1901.

An den Schreibort in der Schwabinger Marktstraße, wo ihm ein Kleiderschrank ohne hölzerne Rückwand, von Thomas Mann selbst erdbeerrot gestrichene Rohrmöbel sowie ein Schreibtisch mit grünem Filzüberzug (den später auch der Held Adrian Leverkühn in Doktor Faustus benutzt) auffielen, erinnert sich Viktor Mann in seinen Erinnerungen Wir waren fünf (1949).[20] Wenn ‚Onkel Ommo’, wie er den 15 Jahre älteren größeren Bruder nannte, zum Mittagessen in der nahen Herzogstraße gewesen war, unternahmen die Mutter und der Jüngste gerne einen Spaziergang zum fleißigen Autor, der sein Logis zudem für die Décadence-Novelle Der Kleiderschrank verwendet hat. Bei dieser Gelegenheit könnte Onkel Ommo seinen kleinen Bruder tatsächlich, wie der angibt, nach dem bayerischen Fluch des Alois Permaneder gefragt haben, wenn auch die Darstellung Viktors dem Älteren „unwahrscheinlich fast bis zum Grade der Unmöglichkeit“[21] vorkam. Der Fluch „Geh zum Deifi, Saulud’r, dreckats“ des Ehemanns am Ende des ersten Bandes versteckt den Teufel jedenfalls ebenso im Dialekt wie das „Je den Düwel ook“ des Großvaters gegenüber der kleinen Tony zu Beginn.[22]

 


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[19] Thomas Mann: Brief an Otto Grautoff, München, 25.10.1898. In: Briefe Grautoff, S. 105.

[20] Vgl. Viktor Mann: Beiträge zur Weltliteratur. In: Ders.: Wir waren fünf. Bildnis der Familie Mann. Konstanz 1949, S. 133.

[21] Ebda. Vgl. Thomas Mann: [Richtigstellung], 12.11.1951. In: GW XI, S. 799.

[22] GW I, S. 9, 394.

Verfasst von: Dr. Dirk Heißerer

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