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Ödön von Horváth (c) Monacensia - Stadtbibliothek und Literaturarchiv

Murnau, Obermarkt 1: Horváths Abreise

Das Hotel Post ist eines der traditionsreichsten Häuser in Murnau – Ödön von Horváth ist dort Stammgast. Vor allem am Nachmittag, wenn nicht so viel Betrieb ist, trinkt er gern seinen Kaffee und las Zeitung. Das Hotel ist bekannt für seine gute Küche und seine erstklassigen Moselweine, die der Posthalter August Wagner direkt vom Produzenten aus Bernkastel bezieht. Zudem bietet das Hotel  einen schönen schattigen Sommer-Keller mit Aussicht auf ein herrliches Gebirgspanorama und den See.

Seit 1632 befindet sich das Hotel Post im Besitz der Familie Bayerlacher/Wagner, früher war es der frühere „königliche Poststatthalt“. Wenn auch die Gasträume im Parterre  inzwischen einem  Supermarkt gewichen sind, so übernachten im  Hotel mit seinen 25 Betten immer noch Jahr für Jahr viele Sommergäste. Das Hotel Post hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Während der Revolution 1918/19 hat der rote Soldatenrat in diesem Hotel seine Geschäftszimmer. Dort wird Mitte Februar 1923 Murnauer Ortsgruppe der NSDAP gegründet. im Ratskeller des Hotel Post finden zwischen 1924 und 1933 häufig Parteiversammlungen der NSDAP statt. Im Postanger (heute Kohlgruber Strasse) lässt der frühere Posthalter August Bayerlacher als glühender Verehrer des ehemaligen Landesherrn 1894 das erste Denkmal zu Ehren König Ludwig II errichten.

Außenansicht des Hotels Post (rechts im Bild) und dessen Innenräume © Schloßmuseum Murnau

Im Februar 1933 gerät der Schriftsteller Ödön von Horváth im Hotel Post mit örtlichen Nationalsozialisten in Streit. Der Vorfall zwingt ihn, Murnau umgehend zu verlassen. Das kommt so: Am Abend des 10. Februar 1933 überträgt die Stimme Bayerns, der Vorläufer des Bayerischen Rundfunks, die erste Rede des frisch ernannten Reichskanzlers Adolf Hitler aus dem Berliner Sportpalast, die von deutschen Radiosendern übertragen wird. Horváth fühlt sich von den Aussagen Adolf Hitlers belästigt und fordert die Kellnerin auf, das Radiogerät abzuschalten. Das provoziert anwesende Nationalsozialisten. Es kommt zu heftigen Auseinandersetzungen, in deren Verlauf zwei SA-Leute Horváth aus dem Lokal schaffen und „nach Hause begleiteten". Bereits am nächsten Morgen verlässt Horváth Murnau und fuhr mit dem Zug zunächst nach München, wo die Eltern eine Stadtwohnung besitzen. Von dort aus lässt er durch seinen Rechtsanwalt richtigstellen, dass er keine Bemerkungen, "noch weniger Bemerkungen schlimmster Art gemacht" hat. In der Villa der Horváths findet eine Hausdurchsuchung statt, möglicherweise um die Familie einzuschüchtern und aus Murnau zu vertreiben. Ein schriftlicher Einsatzbefehl lässt sich bis heute nicht finden. Am 11. Februar 1933 ist im Murnauer Tagblatt zu lesen:

Murnau. Bei der Rede des Reichskanzlers Adolf Hitler, die jedem, der noch Ideale hat und sein Vaterland liebt, bis ins Innerste bewegte, konnte es der Schriftsteller Oedoen Horváth nicht unterlassen, in einem öffentlichen Lokal durch Bemerkungen schlimmster Art herauszufordern. Es wäre beinahe zu einem ernsten Zwischenfall gekommen, wenn Kreisleiter Engelbrecht auf Horváths Bitten diesen nicht geschützt hätte. Zwei S.A.Leute begleiteten ihn als Deckung nach Hause. Herr Horváth soll inzwischen abgereist sein. (Murnauer Tagblatt, Staffelsee-Bote, 11. Februar 1933)

 


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Verfasst von: Dr. Elisabeth Tworek