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Sendlingerstraße 10

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(c) Thomas Steierer

Sigi Sommer besucht regelmäßig das Cafe „Ganz privat“ im Erdgeschoss des SZ-Verlagsgebäudes in der Sendlingerstraße, „480 Vertreterschritte lang oder 610 Nuttenschritte. Sie wuiselt sich weinerlich durch ihren eigenen Verkehr“. Die Straße gilt nach dem Krieg zunächst als verrucht, wie sich Sigi Sommer in diversen Glossen erinnert:

Die Sendlinger Straße galt neben der Müllerstraße schon immer als eine „Rue de Galopp“ der Handelsklasse C. Das Prachtstück dieses Unterrockgeschwaders war die schwarze Nana. Sie war geheimnisvoll und immer traurig wie die Zypressen auf den Böcklin-Bildern. Auch war sie sehr fromm und trug stets einen Rosenkranz mit sich, den sie dann manchmal bei der ländlichen Kundschaft und beim Aufsperren der Kemenate sehen ließ, so dass der Freier das Gefühl hatte, sein Vorhaben wäre gar nicht so illegal.

Um Frauengeschichten dreht sich Sigi Sommers zweiter, Ende der 1940er-, Anfang der 1950er-Jahre in München spielender Roman Meine 99 Bräute von 1956, der mehrfach verfilmt wird, 1958 unter der Regie von Alfred Vohrer. Protagonist ist Nicki Montag, ein Münchner Vorstadt-Casanova und halbstarker Frauenschwarm. Zwischenzeitlich arbeitet er als Dekorationsmaler und Fahrer des Konsuls Hale, mit dessen Frau Gin er – „bisschen Gigolo und Playboy und Vorstadtganove“, auf „Unterrockodyssee“ – eine Affäre hat. Mit 18 zieht er von zu Hause aus, kriegt Frauen aus diversen Gesellschaftsschichten herum: „Und ich nahm mir vor, bei jeder Braut, die ich besessen hatte, in Zukunft einen Pfennig in das Schweinchen zu werfen. Und ich suchte schnell nach einem Namen für das Steingutferkel und ich nannte es vorerst ‚die Sündensau‘“.

Ebenso wie Leo in Und keiner weint mir nach sehnt sich der Protagonist Nicki in Meine 99 Bräute nichtsdestotrotz nach der Liebe seiner Kindheit, seiner Sandkastenfreundin Irmelin, der er bereits mit sieben ein Heiratsversprechen gegeben hat. Mit Erfolg. Im Gegensatz zu dem Antiheld Leo in Sigi Sommers Romandebüt wird Irmelin Nickis 100. Braut und Frau: „Lang war der Weg zur Irmelin – und lang der Weg zu mir“.

 


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Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Thomas Steierer

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