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Mondstraße 46

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(c) Thomas Steierer

In einem Mietshaus, Hausnummer 46, in der Mondstraße am Auer Mühlbach, „Kleinvenedig“ genannt, wächst Leonhard Knie bei seiner Einperson-Ersatzfamilie, seiner hartherzigen Großmutter, auf. Er ist der Hauptprotagonist und Antiheld von Und keiner weint mir nach, Sigi Sommers in München zwischen 1924 und 1952 spielendem ersten Roman von 1953.

Obwohl Sommer den Schauplatz des Romans willkürlich gewählt haben will, ähnelt dieser wohl stark dem kleinbürgerlichen Geburtshaus des Autors in der Bruderhofstraße.

Dem an Anekdoten, Alltagsbeobachtungen und Eigenheiten aus dem Kleinbürgermilieu sowie lakonischer Tonalität reichen Roman Sigi Sommers ist wenig zu eigen an idyllischer Romantik, unbeschwerter Kinderzeit und erster Liebe.

Nach dem Schulabschluss 1924 begegnet der 18-jährige Leonhard Knie immer wieder seiner Nachbarin im zweiten Stock des Mietshauses und ehemaligen Klassenkameradin, Marilli Kosemund, in die er seit jeher verliebt ist. Da ihr einziges Rendevous misslingt, kommen Leo und Marilli – trotz durchaus auch ihrerseits vorhandenem Interesse an einer Beziehung – nicht zusammen.

Leo lässt sich vereinsamt und verzweifelt mit der Prostituierten Fanny ein. Als diese ihm mitteilt, von ihm schwanger zu sein, schluckt er eine Überdosis Schlaftabletten samt Schnaps, woran er stirbt. Zuvor schreibt er an eine feuchte Fensterscheibe in der Großmutterwohnung Und keiner weint mir nach, den romantitelgebenden Abschiedssatz.

Am Ende des Romans erfährt man im Epilog, wie es nach Leos Selbstmord für die anderen Mietshausbewohner weitergeht. Nicht zuletzt für Marilli, die, inzwischen siebenunddreißigjährig und mit einem herzlosen und brutalen Mann verheiratet, durch einen unglücklichen Zufall im Keller von Brennholz erschlagen wird.

Der Schluss von Roman und Epilog ist tieftraurig, wenn man so will, ein Plädoyer für die Verwirklichung der Liebe, ohne die die Geschichte für Leo und Marilli schlecht ausgeht. „An dem Tag, an dem ich mich entschloss, den Leonhard Knie sterben zu lassen, da habe ich den ganzen Tag geweint“, berichtet Sigi Sommer Kollegen.

 


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Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Thomas Steierer

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