https://www.literaturportal-bayern.de/images/lpbplaces/jpweg_logo_doppel_164.jpg

Friedhof Schwarzenbach: Grab des Vaters

Am 25. April 1779 stirbt in Schwarzenbach an der Saale unerwartet Johann Christian Christoph Richter. Sein ältester Sohn Fritz wohnt zu diesem Zeitpunkt bereits bei den Großeltern in Hof, da er im Januar die Aufnahmeprüfung des dortigen Gymnasiums bestanden hat und Großvater Kuhn Sinn und Notwendigkeit einer weiteren schulischen Bildung für den Enkel erkennt und fördert.

Rosina Richter steht nun mit leeren Händen und fünf minderjährigen Söhnen da. Es fehlt nicht nur an dem ohnehin kargen Verdienst ihres Mannes – Sozialversicherungen gibt es damals nicht –, sondern auch an einer Wohnung, denn die Familie muss das Pfarrhaus räumen. Auch hier springt Großvater Kuhn ein und unterstützt die Richters fortan finanziell. Jedoch stirbt auch dieser Gönner bereits ein Jahr später, sodass die Familie, die mittlerweile nach Hof gezogen ist, erneut in große Schwierigkeiten gerät.

Das Grab von Johann Christian Christoph Richter ist nicht erhalten; zu besichtigen ist allerdings noch die Grabplatte, auf der sein Lebenslauf von der Geburt über die Heirat und seine verschiedenen Posten bis zum Tod festgehalten ist (Nordseite der Kirche St. Gumbertus). Von der großen Liebe seines Vaters zur Musik, die Jean Paul in der Selberlebensbeschreibung ausgiebig schildert, ist darauf höchstens zwischen den Zeilen die Rede.

Richter über seinen Vater in der Selberlebensbeschreibung:

Mein Vater, in Neustadt 1727 den 16ten Dezember geboren – fast mehr zum Winter des Lebens als gleich mir zu einem Frühling, würd' ich sagen, hätte seine Kraftnatur sich nicht auch in Eisberge gute Häfen einzuschneiden vermocht – konnte das Lyzeum in Wunsiedel, wie Luther die Schule in Eisenach, nur als sogenannter Alumnus oder armer Schüler genießen oder erdulden; denn wenn man 150fl. jährliche Einnahme gehörig unter Vater, Mutter und mehre Schwestern verteilte, so mußte auf ihn selber gerade gar nichts kommen, als höchstens das Alumnus-Brot. Darauf bezog er das Gymnasium poeticum in Regensburg, um nicht nur in einer größern Stadt zu hungern, sondern auch darin statt des Laubes die eigentliche Blüte seines Wesens zu treiben. Und diese war die Tonkunst. In der Kapelle des damaligen Fürsten von Thurn und Taxis, – des bekannten Kenners und Gönners der Musik  konnte er der Heiligen, zu deren Anbetung er geboren war, dienen. Klavier und Generalbaß erhoben ihn zwei Jahrzehende später zu einem geliebten Kirchenkomponisten des Fürstentums Baireuth. An Karfreitagabenden erfreuete er oft sich und uns Kinder mit den Darstellungen der heiligen Allmacht, womit an eben diesen Tagen die Töne in katholischen Kirchen die Seelen hoben und heiligten. Ich muß leider bekennen, daß mir, als ich vor einigen Jahren in Regensburg war, unter allen dortigen Antiken und Vergangenheiten – nicht einmal den Reichstag ausgenommen – das väterliche gedruckte Leben die Wichtigste war; und ich dachte im Thurn und Taxischen Palast und in den engen Gassen, wo ein paar Dickbäuche ein schweres Ausweichen haben, oft an die einklemmenden Wege und engen Pässe seiner Jugendtage. Darauf studierte er statt der Tonkunst in Jena und Erlangen Theologie, vielleicht bloß um in Baireuth, wo sein Sohn alle diese Nachrichten sammelt, als Hauslehrer eine Zeit lange, d. h. bis in sein 32tes Jahr, sich abzuplagen. Denn schon 1760 rang er dem Staate den Posten eines Organisten und Tertius in Wonsiedel ab; und machte sonach unter dem Baireuther Markgrafen mehr und früheres Glück als jener Kandidat in Hannover, wovon ich gelesen, welcher 70 Jahre alt wurde und doch keine andere Stelle in der Kirche bekam als eine darneben im Kirchhofe.

 


Zur Station 17 von 48 Stationen


 

Verfasst von: Jean-Paul-Weg - Verbundprojekt Jean Paul in Oberfranken

Verwandte Inhalte