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Bayerns einziger Leuchtturm steht in Lindau (Postkarte, koloriert, um 1930)

Lindau

Aus Dank für seine Rettung aus der Seenot lässt Adalbert von Rätien, so die Legende, Anfang oder Mitte des 9. Jahrhunderts ein Frauenkloster auf der Insel vor dem Ort Aeschach am Bodensee errichten, der bereits zu Zeiten der Römer besiedelt war. Im Jahr 882 erwähnt ein Mönch aus St. Gallen die Insel erstmals als „Lindau“: als Insel, auf der Lindenbäume wachsen. Aus Sicherheitsgründen verlegt das Damenstift seinen Markt im Jahr 1079 vom Festland auf die Insel – der Grundstein für die spätere Stadt ist damit gelegt, da der Handel sich bald nach Italien ausweitet.

Seit 1322 und bis 1824 verkehrt der Lindauer (oder auch: Mailänder) Bote wöchentlich zwischen Lindau und Mailand. Er transportiert Waren, Post und Reisende; einer seiner prominentesten Kunden ist Johann Wolfgang von Goethe, der mit dem Lindauer Boten im Jahr 1788 von seiner berühmt gewordenen italienischen Reise zurückkehrt. Auch Friedrich Hölderlin bemerkt in seiner Elegie Heimkunft die Rolle Lindaus als Tor zur Welt:

[…]
Freilich wohl! das Geburtsland ists, der Boden der Heimat,
Was du suchest, es ist nahe, begegnet dir schon.
Und umsonst nicht steht, wie ein Sohn, am wellenumrauschten
Tor und siehet und sucht liebende Namen für dich,
Mit Gesang, ein wandernder Mann, glückseliges Lindau!
Eine der gastlichen Pforten des Landes ist dies

[…]

Dieses Gedicht entsteht um 1803 – für Lindau eine bewegte Zeit: 1802 wird das Damenstift säkularisiert, kurzzeitig fällt die Stadt an Österreich, um 1806 schließlich ins Königreich Bayern eingegliedert zu werden. Von dieser Zeitenwende erzählt Horst Wolfram Geißlers Roman Der liebe Augustin, der 1921 erscheint und der vorletzten Fürstäbtissin des beinahe tausend Jahre alten Lindauer Damenstifts Friederike von Bretzenheim ein Denkmal setzt. Heute erinnert ein Brunnen im Hafenpark an der Seepromenade an die unglückliche, aber leichtfüßig erzählte Liebesgeschichte zwischen Augustin und Friederike.

Im Jahr 1820 wird Lindaus literarisch bekanntester Sohn geboren: Hermann Lingg studiert zunächst Medizin in München und widmet sich nach seinem Militärdienst ganz der Schriftstellerei. Mit Unterstützung von Emanuel Geibel veröffentlicht er Gedichte und wird Mitglied der Münchner Künstler-Vereinigung „Die Krokodile“. Seit 1890 darf er sich Hermann Ritter von Lingg nennen, im selben Jahr wird ihm die Ehrenbürgerschaft sowohl von Lindau als auch von München verliehen. Anlässlich seines 80. Geburtstages wird die Lindauer Kirchgasse im Jahr 1900 in Linggstraße umbenannt, und im November 1920 wird der Lingg-Brunnen gegenüber von seinem Geburtshaus enthüllt. Noch zu entdecken ist dagegen der Lyriker William Becher, der ab den 1920ern in Lindau lebt, dem es jedoch nicht gelingt, sich einen großen Namen im Literaturbetrieb zu machen.

Im Gegensatz zum Rest Bayerns wird Lindau im April 1945 von französischen Truppen eingenommen, wird deshalb Teil der französischen Besatzungszone und erst 1955 in den Freistaat eingegliedert. Auch der junge Martin Walser muss das Ende des Zweiten Weltkriegs abwarten, um seine Schullaufbahn zu beenden, da er zwischenzeitlich als Flakhelfer eingezogen worden war: 1946 legt er in Lindau das Abitur ab.

Der Tourismus, den schon Eduard Mörike in seiner Idylle vom Bodensee (1846) mit Blick auf Lindau anspricht –

Aber nun fuhren sie fröhlich einmal mit andern zu Markte
Nach Lindau, der vergnüglichen Stadt, die schön auf der Insel
Liegt im See, durch die Brücke nur breit mit dem Lande verbunden.

 – spielt in Lindau noch heute eine wichtige Rolle, gerade auch auf literarische Weise: 2004 eröffnet in Lindau das erste bayerische Bibliotel, das Inselhotel Lindau, das auch den Lindauer Literaturschmaus veranstaltet. Und 2008 zieht die Lindauer Stadtbücherei in ein ehemaliges Postgebäude am Bahnof, das noch einmal neue Perspektiven auf den Lindauer Nah- und Fernverkehr ermöglicht.

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