Gnadenthal-Kloster: Schule und weitere Ausbildung
Im Herbst 1907 kommt Luis Fleißer in die Schule. Sie besucht die städtische Volksschule, die „Werktagsschule“ und erweist sich schnell als Klassenbeste. Zwei Jahre später wechselt sie an die private Vorschule der Höheren Töchterschule des Klosters Gnadenthal, das dem Elternhaus quasi gegenüber liegt, anschließend an die Töchterschule selbst, wo sie ebenfalls zu den hervorragenden Schülerinnen gehört und zudem durch ihr schauspielerisches Talent auffällt.
Vor allem dem guten Notenschnitt ist es wohl zu verdanken, dass Heinrich Fleißer eine weitere Ausbildung als sinnvoll erachtet und seine Tochter am Realgymnasium der Englischen Fräulein in Regensburg anmeldet. Luis muss Ingolstadt verlassen und die folgenden fünf Jahre im Internat leben: Zwar sind Frauen in Bayern seit 1903 zum Studium zugelassen; die Möglichkeiten für Mädchen, die Hochschulreife zu erlangen, sind jedoch weiterhin rar. Das Regensburger Institut der Englischen Fräulein ist das erste in Bayern, das entsprechende Kurse anbietet; 1916 legen junge Frauen dort erstmals ihr Abitur ab. Luis Fleißer folgt diesen Pionierinnen wenig später: Der Jahresbericht der Schule nennt sie unter dem Namen „Fleißer, Aloisia“ als eine von zehn Abiturientinnen 1919.
Die Zeit im Internat wird gemeinhin als jene Zeit verstanden, in der Luis Fleißer wichtige Erfahrung mit Zensur und Unterdrückung im Namen der Religion, aber auch mit dem männlichen Korpsgeist macht. Zwischen der Anmeldung am Institut und dem tatsächlichen Beginn des Schuljahrs bricht der Erste Weltkrieg aus, das Gebäude der Englischen Fräulein beherbergt während der Kriegsjahre ein Reservelazarett. Den jungen Mädchen ist eine Kontaktaufnahme mit den Soldaten freilich strengstens untersagt; die Realität aber sieht vermutlich anders aus. In ihrem Prosatext Der Venusberg heißt es über ein Kloster-Internat: „Hier ließen Frauen freiwillig sich entstellen und wurden einseitig streng und hielten einem Scheuklappen an. Sie trieben auf Fluchtwege, was jung war und weltlich und was sich wehrte.“ Paradebeispiel des Mädchen, das sich nicht wehrt, ist Linchen Geier aus Fleißers Roman Eine Zierde für den Verein.
Als „Aloysia Fleißer“ immatrikuliert sich Luis Fleißer im Herbst desselben Jahres an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität. Dort lernt sie Alexander Weicker kennen, der sich „Jappes“ nennt, als Schriftsteller dilettiert und in krumme Geschäfte verwickelt zu sein scheint. Weicker nennt Fleißer „Lu“ – und reagiert eifersüchtig, wenn ein anderer Mann diesen Kosenamen benutzt. Zu diesen anderen Männern gehört der Schriftsteller Lion Feuchtwanger, den Fleißer 1922 im Münchner Fasching kennenlernt, der sie bei ihren ersten Schritten im Literaturbetrieb unterstützt, ihr im März 1924 endlich den längst intellektuell begehrten Bertolt Brecht vorstellt – und sie schließlich auf „Marieluise“ tauft: fortan ihr Autorinnenname.
Im Jahr 1923 wird erstmals ein Text von Marieluise Fleißer gedruckt. In der Zeitschrift Das Tagebuch erscheint ihre Erzählung Meine Zwillingsschwester Olga. Zum Leben reicht das freilich nicht. In Meine Biographie schreibt sie:
Ende 1924 muss die Fleißer nach Ingolstadt zurück. Der Vater ist zornig, weil sie kein Examen angestrebt hat. Er wollte eine Mittelschullehrerin aus ihr machen, das wollte sie wieder nicht.
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Im Herbst 1907 kommt Luis Fleißer in die Schule. Sie besucht die städtische Volksschule, die „Werktagsschule“ und erweist sich schnell als Klassenbeste. Zwei Jahre später wechselt sie an die private Vorschule der Höheren Töchterschule des Klosters Gnadenthal, das dem Elternhaus quasi gegenüber liegt, anschließend an die Töchterschule selbst, wo sie ebenfalls zu den hervorragenden Schülerinnen gehört und zudem durch ihr schauspielerisches Talent auffällt.
Vor allem dem guten Notenschnitt ist es wohl zu verdanken, dass Heinrich Fleißer eine weitere Ausbildung als sinnvoll erachtet und seine Tochter am Realgymnasium der Englischen Fräulein in Regensburg anmeldet. Luis muss Ingolstadt verlassen und die folgenden fünf Jahre im Internat leben: Zwar sind Frauen in Bayern seit 1903 zum Studium zugelassen; die Möglichkeiten für Mädchen, die Hochschulreife zu erlangen, sind jedoch weiterhin rar. Das Regensburger Institut der Englischen Fräulein ist das erste in Bayern, das entsprechende Kurse anbietet; 1916 legen junge Frauen dort erstmals ihr Abitur ab. Luis Fleißer folgt diesen Pionierinnen wenig später: Der Jahresbericht der Schule nennt sie unter dem Namen „Fleißer, Aloisia“ als eine von zehn Abiturientinnen 1919.
Die Zeit im Internat wird gemeinhin als jene Zeit verstanden, in der Luis Fleißer wichtige Erfahrung mit Zensur und Unterdrückung im Namen der Religion, aber auch mit dem männlichen Korpsgeist macht. Zwischen der Anmeldung am Institut und dem tatsächlichen Beginn des Schuljahrs bricht der Erste Weltkrieg aus, das Gebäude der Englischen Fräulein beherbergt während der Kriegsjahre ein Reservelazarett. Den jungen Mädchen ist eine Kontaktaufnahme mit den Soldaten freilich strengstens untersagt; die Realität aber sieht vermutlich anders aus. In ihrem Prosatext Der Venusberg heißt es über ein Kloster-Internat: „Hier ließen Frauen freiwillig sich entstellen und wurden einseitig streng und hielten einem Scheuklappen an. Sie trieben auf Fluchtwege, was jung war und weltlich und was sich wehrte.“ Paradebeispiel des Mädchen, das sich nicht wehrt, ist Linchen Geier aus Fleißers Roman Eine Zierde für den Verein.
Als „Aloysia Fleißer“ immatrikuliert sich Luis Fleißer im Herbst desselben Jahres an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität. Dort lernt sie Alexander Weicker kennen, der sich „Jappes“ nennt, als Schriftsteller dilettiert und in krumme Geschäfte verwickelt zu sein scheint. Weicker nennt Fleißer „Lu“ – und reagiert eifersüchtig, wenn ein anderer Mann diesen Kosenamen benutzt. Zu diesen anderen Männern gehört der Schriftsteller Lion Feuchtwanger, den Fleißer 1922 im Münchner Fasching kennenlernt, der sie bei ihren ersten Schritten im Literaturbetrieb unterstützt, ihr im März 1924 endlich den längst intellektuell begehrten Bertolt Brecht vorstellt – und sie schließlich auf „Marieluise“ tauft: fortan ihr Autorinnenname.
Im Jahr 1923 wird erstmals ein Text von Marieluise Fleißer gedruckt. In der Zeitschrift Das Tagebuch erscheint ihre Erzählung Meine Zwillingsschwester Olga. Zum Leben reicht das freilich nicht. In Meine Biographie schreibt sie:
Ende 1924 muss die Fleißer nach Ingolstadt zurück. Der Vater ist zornig, weil sie kein Examen angestrebt hat. Er wollte eine Mittelschullehrerin aus ihr machen, das wollte sie wieder nicht.
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