München, Schellingstraße 27: Wedekinds Wohnung
Ende Oktober 1884 bezieht Frank Wedekind eine Wohnung im dritten Stock der Schellingstraße 27 und ist dort für mehr als ein Jahr gemeldet. Das geht aus dem polizeilichen Meldebogen sowie aus einem aus der Schellingstraße 27 an den Vater adressierten Brief vom 27. April 1885 hervor.
Während Wedekinds Bruder Armin, der mit ihm in München studiert (siehe Station 12), vom Sommersemester 1885 an in die Schweiz geht, um dort weiter zu studieren, bleibt er selbst in München in der Schellingstraße 27/III, wo noch drei andere Studenten wohnen. Gegenüber dem Vater schreibt er, seine Wirtin gefalle ihm „sehr gut. Sie ist Witwe und besorgt mir sehr pünktlich selber meine Wäsche und die Ausbesserung der Kleider.“ (Gesammelte Briefe. Bd. 1, S. 94) Wedekind ist viel unterwegs, besucht Museen und Konzerte, zeichnet und hört hin und wieder juristische und kunstgeschichtliche Vorlesungen. Vor den Semesterferien wird er krank, eine Infektion am Bein, eine sogenannte „falsche Rose“, hält ihn gefangen. Im Krankenhaus verbringt er sieben Wochen. Während seines Krankenhausaufenthaltes entstehen u.a. zwei Balladen: „Melitta oder Die Liebe siegt, eine Künstlerballade“ und „Ännchen Tartini, die Kunstreiterin“, eine parodistische Umkehrung von Friedrich Silchers populärem Lied Ännchen von Tharau, die mit dem sexuellen Doppelsinn von „reiten“ operiert. Daneben arbeitet Wedekind an zwei Novellen (Fanny und Der Kuß); ein ebenfalls im Krankenhaus begonnenes Trauerspiel ist dagegen nicht mehr erhalten.
Nach einem kurzen Besuch in Lenzburg ist Wedekind im November 1885 wieder in München. Anstatt Jura zu studieren, belegt er jetzt nur Vorlesungen über Kulturgeschichte sowie über Staatswissenschaft und Politik. Tatsächlich arbeitet er an seinem ersten erhaltenen Theaterstück Der Schnellmaler oder Kunst und Mammon. Große tragikomische Originalposse in drei Aufzügen, das am Karfreitag 1886 vollendet wird. Vorbild ist die durch Selbstmord beendete Künstlerkarriere eines mit Wedekind befreundeten Mitschülers. Der Titel ist Programm: Fridolin Wald, Wedekinds Alter Ego, muss für seinen Lebensunterhalt in rasender Eile Gemälde aufs Papier bringen, „tagtäglich vor einer entmenschten Menge die Kunst zur Dirne machen“, er tut dies aber lieber, als sich bürgerlich vereinnahmen zu lassen. Obgleich er die Gesellschaft durch seine Schlitzohrigkeit überlisten will, scheitert Fridolin Wald an seiner eigenen Empfindsamkeit.
Wedekind versucht vergeblich, das Stück am Gärtnerplatztheater zur Aufführung zu bringen. Es erscheint schließlich 1889 in Zürich und wird erst 1916 an den Münchner Kammerspielen uraufgeführt. Die im Stück enthaltene Beschreibung der Beziehung zwischen und Kunst und Kommerz wird im weiteren Verlauf zu einem Grundthema im künstlerischen Schaffen Wedekinds.
Zur Station 12 von 19 Stationen
Ende Oktober 1884 bezieht Frank Wedekind eine Wohnung im dritten Stock der Schellingstraße 27 und ist dort für mehr als ein Jahr gemeldet. Das geht aus dem polizeilichen Meldebogen sowie aus einem aus der Schellingstraße 27 an den Vater adressierten Brief vom 27. April 1885 hervor.
Während Wedekinds Bruder Armin, der mit ihm in München studiert (siehe Station 12), vom Sommersemester 1885 an in die Schweiz geht, um dort weiter zu studieren, bleibt er selbst in München in der Schellingstraße 27/III, wo noch drei andere Studenten wohnen. Gegenüber dem Vater schreibt er, seine Wirtin gefalle ihm „sehr gut. Sie ist Witwe und besorgt mir sehr pünktlich selber meine Wäsche und die Ausbesserung der Kleider.“ (Gesammelte Briefe. Bd. 1, S. 94) Wedekind ist viel unterwegs, besucht Museen und Konzerte, zeichnet und hört hin und wieder juristische und kunstgeschichtliche Vorlesungen. Vor den Semesterferien wird er krank, eine Infektion am Bein, eine sogenannte „falsche Rose“, hält ihn gefangen. Im Krankenhaus verbringt er sieben Wochen. Während seines Krankenhausaufenthaltes entstehen u.a. zwei Balladen: „Melitta oder Die Liebe siegt, eine Künstlerballade“ und „Ännchen Tartini, die Kunstreiterin“, eine parodistische Umkehrung von Friedrich Silchers populärem Lied Ännchen von Tharau, die mit dem sexuellen Doppelsinn von „reiten“ operiert. Daneben arbeitet Wedekind an zwei Novellen (Fanny und Der Kuß); ein ebenfalls im Krankenhaus begonnenes Trauerspiel ist dagegen nicht mehr erhalten.
Nach einem kurzen Besuch in Lenzburg ist Wedekind im November 1885 wieder in München. Anstatt Jura zu studieren, belegt er jetzt nur Vorlesungen über Kulturgeschichte sowie über Staatswissenschaft und Politik. Tatsächlich arbeitet er an seinem ersten erhaltenen Theaterstück Der Schnellmaler oder Kunst und Mammon. Große tragikomische Originalposse in drei Aufzügen, das am Karfreitag 1886 vollendet wird. Vorbild ist die durch Selbstmord beendete Künstlerkarriere eines mit Wedekind befreundeten Mitschülers. Der Titel ist Programm: Fridolin Wald, Wedekinds Alter Ego, muss für seinen Lebensunterhalt in rasender Eile Gemälde aufs Papier bringen, „tagtäglich vor einer entmenschten Menge die Kunst zur Dirne machen“, er tut dies aber lieber, als sich bürgerlich vereinnahmen zu lassen. Obgleich er die Gesellschaft durch seine Schlitzohrigkeit überlisten will, scheitert Fridolin Wald an seiner eigenen Empfindsamkeit.
Wedekind versucht vergeblich, das Stück am Gärtnerplatztheater zur Aufführung zu bringen. Es erscheint schließlich 1889 in Zürich und wird erst 1916 an den Münchner Kammerspielen uraufgeführt. Die im Stück enthaltene Beschreibung der Beziehung zwischen und Kunst und Kommerz wird im weiteren Verlauf zu einem Grundthema im künstlerischen Schaffen Wedekinds.
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