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Oskar Maria Graf, Fotografie 1927. (Bayerische Staatsbibliothek/Porträtsammlung)

Oberberg, Grafstraße 9

Wenige Schritte weiter steht das Geburtshaus Oskar Maria Grafs. Zu dem Haus gehört das Gewerberecht für eine Bäckerei. 1831 kauft es der zugewanderte Waldenser Andreas Graf, der mit Pferden handelt und eine Stellmacherei betreibt. 1875 wird im hinteren Teil neben dem Stall schließlich die Bäckerei betrieben. Vater Max kann dank des steigenden Villen- und Hotelbaus am See, der königlichen Hofhaltung in Berg und seines geschickten Auftretens als Geschäftsmann den Betrieb zum Erfolg führen. Schon kurz nach der Hochzeit mit Therese Graf, Oskar Maria Grafs Mutter, beginnen die Umbauten am Haus, die den sozialen Aufstieg festigen. Vater Max richtet eine Krämerei ein und baut das zerfallene „Wäscherhäusl“ zu einem Nebenhaus um:

Stolz und breit und sehr augenfällig stand das ausgebaute Bäckerhaus mit seinem hohen, mächtigen Kamin in der Dorfmitte von Oberberg. Es war nicht mehr wegzudenken. Die Ladenglöcklein  bimmelten den ganzen, lieben Tag. Weithin sichtbar, an der Hausmauer, oberhalb der zwei Auslagenfenster des Ladens, prangte eine cremegelbe, lange Holztafel mit den fettschwarzen Buchstaben:

Bäckerei, Melberei und Kolonialwarenhandlung
von
Theres und Max Graf
gegründet 1776.

(Oskar Maria Graf: Das Leben meiner Mutter. Werkausgabe in 16 Bänden. Hg. von Wilfried F. Schoeller. Bd. 1-13. List Verlag, München/Leipzig 1994, Bd. 5, S. 320)

(c) Frank Piontek

Bis 1983 ist das Geburtshaus Oskar Maria Grafs eine Bäckerei mit angegliedertem Gemischtwarenladen; der hohe Schornstein des Backofens ist noch heute erkennbar. Dass die Arbeit in der Bäckerei alles andere als einfach war, beweist Graf nicht zuletzt in seiner Autobiografie Wir sind Gefangene:

Wir mußten schwer arbeiten. Ich wurde abends (im Winter um 11 Uhr, im Sommer um 9 Uhr) vom Gesellen geweckt. Die ganze Nacht ging es. Um sechs Uhr früh zählte mir Mutter das Brot in den Korb, legte Wecken obenauf, füllte den Rucksack für Anna, die bereits schläfrig gähnend in der Küche wartete. Und hinaus ging es in die frische Morgenluft bis zwölf Uhr mittags. Anna machte auch noch den ganzen Nachmittag Gänge. Ich mußte in der Konditorei mithelfen. Schneeschlagen neben Max, Sandtorte einrühren, Mürbteig kneten. Um fünf Uhr abends konnte ich schlafen gehen. Das war der normale Taglauf. Oster-, Pfingst- und Weihnachtszeit wurde es oft viel später. Nebenbei galt es Holz zu spalten oder Häcksel zu schneiden. Und immer dieses peitschende, drohende „Loslos! Los! Marschmarsch!“

(Oskar Maria Graf: Wir sind Gefangene. Ein Bekenntnis aus diesem Jahrzehnt. Werkausgabe in 16 Bänden. Hg. von Wilfried F. Schoeller. Bd. 1-13. List Verlag, München/Leipzig 1994, Bd. 1, S. 17)

Aus dem Wohnhaus mit Bäckerei ist nach mehreren Verwandlungen ein Gasthof namens „Oskar-Maria-Graf-Stüberl“ geworden. Der Platz vor dem Haus heißt „Oskar-Maria-Graf-Platz“ in Erinnerung an den bayerischen „Provinzschriftsteller“. Das Denkmal selbst befindet sich im Nachbarort Aufkirchen (Station 12).

 


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Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Dr. Peter Czoik