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Druck 1887. Aus: Sailer, Ludwig: "Die Bau- und Kunst-Denkmäler weiland Sr. Majestät König Ludwig II. von Bayern". (Bayerische Staatsbibliothek/Porträtsammlung)

Unterberg, Wittelsbacher Straße 29

Nach dem Fischerhaus gerät die Hofgärtner-Villa in den Blick. Damals, zu Beginn der 1920er-Jahre, ist da und dort das Gemäuer abgebröckelt, wie Graf konstatiert:[4]

Ungepflegt sahen auch die paar anderen herrschaftlichen Gebäulichkeiten aus. Die Fischer- und Bauernhäuser dagegen blinkten in ihrem frischen weißen Anstrich stolz und schön aus dem Grün der Bäume.

Das königliche Schloß war unverändert. Wie ein verwunschenes Idyll aus längst gestorbenen Zeiten träumte es im Dunkel der hohen Fichten in den Tag hinein.

(Oskar Maria Graf: Das Leben meiner Mutter. Mit einem Nachwort von Hans-Albert Walter. Deutscher Taschenbuch Verlag, 5. Aufl. München 1986, S. 488)

Schloss Berg liegt versteckt hinter Mauern und Bäumen, die vier Ecktürme und der Isolden-Turm, die Max II. und Ludwig II. haben anbringen lassen, sind nach dem Zweiten Weltkrieg renovierungsbedingt abgerissen worden. In Das Leben meiner Mutter beschreibt Graf gleich zu Beginn, wie das königliche Schloss die Ortschaft Berg „über das rein Bäuerliche etwas hinaushob“: „Staatliche Würdenträger, hohe Militärs und reiche Fremde verbrachten ihre Sommerfrische an den Ufern des Sees, und der König fuhr oft in seiner prunkvollen, von sechs blanken Schimmeln bespannten Karosse in schnellem Trab durch die Dörfer.“ (Oskar Maria Graf: Das Leben meiner Mutter. Werkausgabe in 16 Bänden. Hg. von Wilfried F. Schoeller. Bd. 1-13. List Verlag, München/Leipzig 1994, Bd. 5, S. 26f.) An einer Stelle beschreibt er die Vorbereitungen zu einem „märchenhaften Fest“, das zu Ehren der Zarin Maria Alexandrowna 1868 gehalten wird – Berg und sein Schloss sind dabei der „viel bestaunte, erregende Mittelpunkt“ (ebda., S. 202ff.).

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Die nahegelegene „Wiesmaier-Wirtschaft ‚Gasthof zum König Ludwig‘“ ist Schauplatz des nicht weniger aufsehenerregenden Treffens zwischen König Ludwig II. und der kleinwüchsigen Therese, dem „Zwerg“ der Familie Graf (ebda., 143ff.). Nachdem Therese und der König zum ersten Mal einander begegnet sind, fordert der königliche Kabinettssekretär die alte Stellmacherin, Grafs Großmutter, auf, den Zwerg mit zur Wiesmaier-Wirtschaft zu nehmen. Er gibt zudem die Anordnung bekannt, dass Grafs Vater Max seine Backwaren von nun an dem König liefern dürfe. Daraufhin geht die Nachricht im Dorf um, wie der König und sein Kabinettssekretär „im schattigen Wiesmaiergarten an einem weißgedeckten Tisch mit der Stellmacherin und dem Zwerg Kaffee tränken. [...] Sah man genauer hin, so gewann man den merkwürdigen Eindruck, als behandle der Monarch den Zwerg ungefähr wie ein gutartiges, affenähnliches Tier, dessen linkische Bewegungen und unverständliche Laute ihn ungemein interessierten und belustigten“ (ebda., 147).[5]

Von alledem ist nichts mehr übrig, als Oskar Maria Graf Jahrzehnte später an dem alten Gebäude erneut vorbeikommt:

Ich kam an der ehemaligen Wiesmaier-Wirtschaft vorüber. Ein Spekulant hatte vor kurzem eine Spielwarenfabrik daraus gemacht, mußte aber bald wieder schließen. Die alten Wiesmaiers waren schon lange Jahre gestorben. Ihre Söhne und Töchter, die das Haus verkauft hatten, lebten in der Stadt. Der Kiesbelag des umfänglichen Wirtsgartens war mit Gras überwuchert, alte Kisten und zerbrochene Stellagen standen herum, trüb und verstaubt glotzten die leeren Fenster in diese Verlassenheit, und nur die mächtigen Kastanienbäume schatteten noch wie ehedem. Daneben aber hatte ein fremdes, erst kürzlich zugezogenes Ehepaar ein kleines, hübsches Kaffeehaus eröffnet.

(Oskar Maria Graf: Das Leben meiner Mutter. Mit einem Nachwort von Hans-Albert Walter. Deutscher Taschenbuch Verlag, 5. Aufl. München 1986, S. 488f.)

An der Abzweigung Richtung Oberberg sind am Hausgiebel heute nur noch die Buchstaben „Schlosscafé“ zum „Weißen Rössl“ zu erkennen. Seit 1967 ist auch dieses Restaurant-Café nicht mehr im Betrieb.

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[4] Diese und die letzte in diesem Kapitel zitierte Textpassage fehlen in der List-Werkausgabe von Das Leben meiner Mutter vollständig.

[5] Zu dieser Stelle vgl. Gerd Holzheimer (20062): Auf Trüffeljagd im Fünfseenland, a.a.O., S. 159f.

 


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Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Dr. Peter Czoik

Externe Links:

QUH: Schlosscafe in Berg