Horváth: Schellingstraße 23
Alfons Kobler aus der Schellingstraße, die Hauptfigur in Ödön von Horváths Roman Der ewige Spießer, kauft sich regelmäßig seine Zigaretten im Tabakwarenladen Stanzinger. Im Roman heißt es:
An der Ecke in der Schellingstraße kaufte er sich bei der guten alten Frau Stanzinger eine Schachtel Achtpfennigzigaretten, direkt aus Mazedonien. Er liebte nämlich dieselben sehr, weil sie so überaus mild und aromatisch waren.
„Jessas Mariandjosef!“ schrie die brave Frau Stanzinger, die, seitdem ihr Fräulein Schwester gestorben war, einsam zwischen ihren Tabakwaren und Rauchutensilien saß und aussah, als würde sie jeden Tag um ein Stückchen kleiner werden – „Seit wann rauchens denn welche zu acht, Herr Kobler? Wo habens denn das viele Geld her? Habens denn wen umgebracht, oder haben Sie sich gar mit der Frau Hofopernsänger wieder versöhnt?“ „Nein“, sagte der Herr Kobler. „Ich hab bloß endlich den Karren verkauft.“ (aus: Ödön von Horváth: Gesammelte Werke. Kommentierte Werkausgabe in Einzelbänden. Hg. von Traugott Krischke und Susanna Foral-Krischke. Bd. 1-14. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1983ff., Bd. 12, S. 131)
Vorbild für den Tabakwarenladen könnte das „Tabackhaus: Zum Hausdichter“ sein. Der Schriftsteller Joachim Ringelnatz alias Hans Bötticher führt den kleinen Laden in der Schellingstraße 23 1908 neun Monate lang: „In der Zeitung wurde ein Zigarrengeschäft angeboten. Das kostete ungefähr soviel, wie ich besaß. Ich kaufte es.“ Der Laden befindet sich, für Bötticher nicht unwichtig, in der Nähe von Kathi Kobus' Künstlerkneipe „Simplicissimus“. Bereits kurz nach der Eröffnung müssen die Räumlichkeiten jedoch für etwas anderes herhalten – als ‚post-sperrstündliches‘ Idyll für trinkfeste Gelage Böttichers und seiner Zech-Kumpanen. Beim Versuch, den Laden zu einer einträglichen Geldquelle zu machen, lässt er sich so einiges einfallen: Das Ladenschild lässt er gelb anstreichen und darauf mit blauen Buchstaben schreiben: „Tabackhaus: Zum Hausdichter.“ An der Tür liest man „on parle francais“, „english spoken“ sowie einige Phantasiezeichen, ins Schaufenster wird ein Menschenskelett gelegt. Das Geschäft wirft allerdings keinen rechten Gewinn ab, und Bötticher muss den Tabakladen bald wieder schließen.
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Alfons Kobler aus der Schellingstraße, die Hauptfigur in Ödön von Horváths Roman Der ewige Spießer, kauft sich regelmäßig seine Zigaretten im Tabakwarenladen Stanzinger. Im Roman heißt es:
An der Ecke in der Schellingstraße kaufte er sich bei der guten alten Frau Stanzinger eine Schachtel Achtpfennigzigaretten, direkt aus Mazedonien. Er liebte nämlich dieselben sehr, weil sie so überaus mild und aromatisch waren.
„Jessas Mariandjosef!“ schrie die brave Frau Stanzinger, die, seitdem ihr Fräulein Schwester gestorben war, einsam zwischen ihren Tabakwaren und Rauchutensilien saß und aussah, als würde sie jeden Tag um ein Stückchen kleiner werden – „Seit wann rauchens denn welche zu acht, Herr Kobler? Wo habens denn das viele Geld her? Habens denn wen umgebracht, oder haben Sie sich gar mit der Frau Hofopernsänger wieder versöhnt?“ „Nein“, sagte der Herr Kobler. „Ich hab bloß endlich den Karren verkauft.“ (aus: Ödön von Horváth: Gesammelte Werke. Kommentierte Werkausgabe in Einzelbänden. Hg. von Traugott Krischke und Susanna Foral-Krischke. Bd. 1-14. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1983ff., Bd. 12, S. 131)
Vorbild für den Tabakwarenladen könnte das „Tabackhaus: Zum Hausdichter“ sein. Der Schriftsteller Joachim Ringelnatz alias Hans Bötticher führt den kleinen Laden in der Schellingstraße 23 1908 neun Monate lang: „In der Zeitung wurde ein Zigarrengeschäft angeboten. Das kostete ungefähr soviel, wie ich besaß. Ich kaufte es.“ Der Laden befindet sich, für Bötticher nicht unwichtig, in der Nähe von Kathi Kobus' Künstlerkneipe „Simplicissimus“. Bereits kurz nach der Eröffnung müssen die Räumlichkeiten jedoch für etwas anderes herhalten – als ‚post-sperrstündliches‘ Idyll für trinkfeste Gelage Böttichers und seiner Zech-Kumpanen. Beim Versuch, den Laden zu einer einträglichen Geldquelle zu machen, lässt er sich so einiges einfallen: Das Ladenschild lässt er gelb anstreichen und darauf mit blauen Buchstaben schreiben: „Tabackhaus: Zum Hausdichter.“ An der Tür liest man „on parle francais“, „english spoken“ sowie einige Phantasiezeichen, ins Schaufenster wird ein Menschenskelett gelegt. Das Geschäft wirft allerdings keinen rechten Gewinn ab, und Bötticher muss den Tabakladen bald wieder schließen.
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