https://www.literaturportal-bayern.de/images/lpbplaces/2024/Steppacher_GemmingSpaziergang/Bild_13_cStadtarchivMnchen_klein.jpg#joomlaImage://local-images/lpbplaces/2024/Steppacher_GemmingSpaziergang/Bild_13_cStadtarchivMnchen_klein.jpg?width=164&height=233
© Stadtarchiv München DE-1992-FS-NL-KV-2183

Feld 9: Das Grab des Bildhauers Michael Wagmüller

https://www.literaturportal-bayern.de/images/lpbplaces/2024/Steppacher_GemmingSpaziergang/Bild_29_ElviraSteppacher_500.jpg
© Elvira Steppacher

Tourenhinweis: Nach Belieben in Richtung Feld 9 angrenzend an Feld 13 laufen. Dort befindet sich am Eck (ggü. Feld 10) das Grab Michael Wagmüllers.

Der Alte Nördliche Friedhof zeigt an mehreren Orten Glaubens-, Wissens- Hoffnungs-Übergänge, sich wandelnde Jenseits-Auffassungen bilden sich ab. Auch Sterben und Tod kennen einen Zeitgeist. Bürgerlich aufgeklärte Kreise finden in den Bildern jüdischer oder christlicher Tradition nicht mehr per se Anknüpfungspunkte. Ausgehend von agnostischen, humanistischen, freimaurerischen, buddhistischen oder materialistischen Diskursen wurden neue Symbole in Stein gemeißelt. Je nach Bekenntnis lösen Motive wie Zirkel, Lorbeerkranz, Fackel, Palmwedel oder Schmetterling die ikonische Sepulkral Tradition jüdischer oder christlicher Prägung ab. 

Die Ästhetisierung des Todes beginnt mit der Frühaufklärung. Die als idealisierend naturnah wahrgenommenen Skulpturen der Antike findet in den Diskursen Johann Joachim Winckelmanns, Johann Gotthold Ephraim Lessings, Johann Gottfried Herders Wertschätzung. Winckelmann erschließt die Antike für die Intellektuellen der europäischen Moderne, Lessing setzt mit seiner Schrift „Wie die Alten den Tod gebildet“ wichtige Impulse, insofern der Tod im Bilde eines Jünglings dargestellt werden könne. Herder, eine sowohl als Kunstrichter wie als Theologe gewichtige Stimme, verteidigt Lessing vehement gegen Anwürfe interessierter Kreise.

Eines der berühmtesten Grabmale des Alten Nördlichen ist das des Bildhauers Michael Wagmüller (1839-1881). Das Grab befindet sich in Feld 9, also zwei Felder weiter rechts von Gemmings Grabfeld in Richtung St. Joseph. Für seine verstorbenen Zwillinge entworfen, überzeugte es auf der Weltausstellung in Paris (1878) so sehr, dass ihm der Verdienstorden der französischen Ehrenlegion verliehen wurde. 

Grabmal Michael Wagmüllers © Elvira Steppacher / © Elvira Steppacher / © Elvira Steppacher

Auf einem Sarkophag, der von vier geflügelten Sphingen getragen wird, sitzt eine überlebensgroße weibliche Statue. An ihrer linken Körperhälfte lehnt ein Kleinkind. Die anmutige Frau trägt ein fließendes Gewand à la grecque, ihre rechte Brust liegt frei, ihr Haar ist locker gewunden, ein Kranz schmückt ihr Haupt. Sie ist barfuß, das Kind nackt. Wo immer die beiden sind, warm und sonnig muss es dort sein, ein heiteres Elysium, kein düsteres Totenreich. In ihrer rechten Hand, locker auf dem Sarkophag liegend, ruht ein Palmenzweig, ihre linke hält ein Epitaph und schützt damit das an ihrem Busen lehnende Kind von der Seite. Genau unter ihrem Herzen stützt es sich ab. Eine intime, innige, friedvolle Szene. Im Winter wird das Grab zum Schutz eingeschalt.


Zur Station 6 von 11 Stationen