Kurfürstenstr. 45: Atelier von Elk Eber

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(c) Karl-May-Stiftung Radebeul

Ein späterer Häuptling des Stammes der Dakota ist aktiver Teilnehmer des „Hitler-Putsches“ am 9.11.1923 und bekommt 1934 von Adolf Hitler den „Blutorden“ verliehen. Das mag bizarr klingen, ist jedoch Bestandteil der Biografie eines Münchner Malers der, politisch und weltanschaulich äußerst schwierig, künstlerisch umstritten ist. In seiner aktiven Zeit machte er eine bemerkenswerte Karriere als Emil „Elk“ Eber. Er arbeitete in den 1930er-Jahren mehrfach für das Karl-May-Museum Radebeul.

Der am 18.4.1892 in Haardt in der Pfalz geborene Wilhelm Emil Eber zog 1910 nach dem Abitur nach München, um dort an der Akademie der Bildenden Künste zu studieren. Während seiner Studienzeit war er als „Kriegsmaler“ an verschiedenen Kriegsschauplätzen. Infolgedessen zog er sich eine Verletzung des Gehörs zu. Nach Kriegsende trat Eber in die Münchner Freimaurer-Loge ein, verließ diese 1919 wieder und schloss sich dem Freikorps „Werdenfels“ an. Über seine Freikorps Aktivitäten in München, kam der seit 1921 nach kurzer Ehe verwitwete Eber in Kontakt mit der NS-Bewegung und nahm am so genannten „Marsch auf die Feldherrnhalle“ teil. Bei den Kämpfen verlor er sein Gehör auf einem Ohr völlig und auf dem anderen fast. Die Geschehnisse vom 9.11.1923 hielt er in Bildern fest.

1924 ehelichte er eine Münchner Arzttochter, die ein Modeatelier führte. Eber zeichnete Entwürfe für deren spätere Produkte. Zu dieser Zeit befand er sich oft im Werdenfelser Land und übertrug seine Eindrücke von den Bergen und deren Menschen auf Papier und Leinwand. Diese Motive verschafften ihm eine gewisse Bekanntheit und etwas Einkommen. Für 1925 ist ein erster Kontakt mit dem „Cowboy-Club-München“ und einem indigenen Amerikaner belegt. In seinem Atelier in der Kurfürstenstr. 45 porträtierte er den Häuptling „Chief Black Wulfe“, der gerade in München weilte.

Ab diesem Zeitpunkt kam Eber über den „Cowboy-Club-München“ und den Dresdner Zirkus Sarrasani, der in München Wild-West-Shows inszenierte, in Kontakt mit weiteren Indigenen. Von da an waren Porträts, Szenen des täglichen Lebens und Schlachten nordamerikanischer Stämme ein Schaffensschwerpunkt Ebers.

Als Anerkennung wurde Eber 1929 offiziell in den Stamm der Sioux aufgenommen. Big Chief White Horse Eagle, der angeblich 107 Jahre alte „Oberhäuptling aller Indianer“ verlieh Eber den Namen „Chief He-Ha Ha-Ka-Ska“. Zu dieser Zeit nannte er sich schon länger „Elk“ Eber, ein selbstgewählter Künstlername, der der Lakota-Sprache entstammt und den Wapiti-Hirsch bezeichnet. Ende der 1920er-Jahre sammelte Eber sehr umfassend Ethnografika aus Nordamerika. Ein Tipi stand in seinem Atelier, und er trat regelmäßig in der traditionellen Kleidung indigener Amerikaner auf.

Über die ethnografische Sammelszene kam Eber mit Patty Frank, dem Mitbegründer und Kustos des 1928 eröffneten Karl-May-Museums in Radebeul, in Kontakt. 1930 erhielt er einen ersten Auftrag des Karl-May-Museums. Seine Aufgabe bestand im Reinigen und Bemalen einer Winnetou Büste von Vittorio Güttner. In der Folge fasste Eber von Güttner modellierte Figuren in Farbe. Diese Schwabinger Produkte werden bis heute im Museum in Radebeul ausgestellt. Für das Museum schuf Eber eine Plastik von „Sitting Bull“, die Rückwand eines Dioramas, kleinere grafische Arbeiten und sein Hauptwerk der „nordamerikanischen Werkgruppe“: Custers letzte Schlacht. Für das monumentale Gemälde erhielt Eber 3.000 Reichsmark.

Der früher ständig am Existenzminimum lebende Eber erfuhr durch seine frühen Aktivitäten in der NS-Bewegung ab 1933 eine gesteigerte Wertschätzung seiner Kunst. Das wirkte sich positiv auf seine Finanzen aus. Die Galerie im Lenbachhaus erwarb einige Weltkriegs- und Hitlerputsch-Motive. Ab 1937 hingen 16 Ölgemälde in der „Großen Deutschen Kunstausstellung“ im „Haus der Deutschen Kunst“, von denen Adolf Hitler einige selbst kaufte. So gilt das Bild „Die letzte Handgranate“ als eines der Lieblingsbilder Hitlers, ebenso wie das Gemälde „So war SA“, welches zum Preis von 15.000 Mark für die Reichskanzlei erworben wurde.

Der mittlerweile von seiner zweiten Frau geschiedene Eber, dessen einziger Sohn Kurt bei der Großmutter aufwuchs, investierte sein Geld weiter in indianische Ethnografika. Im Juli 1939 zeigte das Münchner Völkerkundemuseum in einer Sonderausstellung einen Teil von Ebers Sammlung, deren wissenschaftlicher Charakter die Presse hervorhob. Eber, den Hitler mittlerweile zum Professor ernannt hatte, erklärte, dass er mit der Ausstellung und seinen Bildern „das vielfach verbreitete Vorurteil gegen die Indianer“ überwinden wolle.

Im September 1939 meldete sich Eber freiwillig zum Kriegsdienst und betätigte sich erneut Kriegsmaler. In Aquarellen und Zeichnungen hielt er Geschehnisse und Zerstörungen in Polen fest. Einige dieser Arbeiten waren 1940 in der Berliner Ausstellung „Polenfeldzug in Bildern und Bildnissen“ zu sehen. Der mittlerweile mit dem Kunstpreis der SA ausgezeichnete Eber, erkrankte im Sommer 1940 an einer Bauchfelltuberkulose, die am 12.8.1941 in Garmisch zu seinem Tod führte. Drei Tage später fand die Feuerbestattung am Münchner Ostfriedhof statt. Sein Grab am Münchner Nordfriedhof ist mittlerweile aufgelassen. Das „Haus der Deutschen Kunst“ zeigte seine Werke 1942 in einer „Gedächtnisausstellung“.

Gegenstände aus Ebers Sammlung und Schaffen befinden sich aktuell im Museum Fünf Kontinente, im Museum des „Cowboy Club München“, des Karl-May-Museums und des Offenbacher Ledermuseums.

Propagandistische Arbeiten Ebers (Flugblätter u.ä.) befinden sich im Militärdepot in Washington, Werke aus dem Ersten Weltkrieg im Archiv des Lenbachhauses. Bis heute gibt es keine umfassende wissenschaftlich-kritische Auseinandersetzung mit Leben und Werk eines der ersten NS-Künstler Münchens, der bis jetzt mit seiner Begeisterung für die Ureinwohner Nordamerikas und deren Kultur in der deutschen Museumslandschaft präsent ist.

 


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