Theresienhöhe 3d: Wohnhaus Bergens

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Sehr viele Künstler versuchten, Karl Mays Traumwelten sichtbar zu machen. Der zu Mays Lebzeiten produktivste war der Münchner Claus Bergen. Der Sohn des Malers und Illustrators Fritz Bergen kam am 18. April 1885 in Stuttgart zur Welt. Er schuf 1893 das Deckelbild für Karl Mays Orangen und Datteln ebenso wie in der Folge einige Stiche und Zeichnungen zu deutschen und ins Niederländische übersetzten May-Erzählungen. 1895 zog die Familie Bergen nach München, die Heimatstadt seiner Mutter.

Bereits während seiner Gymnasialzeit zeichnete und malte Claus Bergen. Seine frühesten erhaltenen Werke sind „Isartal“ (1896) und „Oktoberfest“ (1903). Ab 1904 besuchte er in München die Malschule von Moritz Weinhold und die Königliche Akademie der Bildenden Künste, kombiniert mit einigen Studienaufenthalten außerhalb Münchens.

Der Freiburger Verleger von Karl Mays „Reiseerzählungen“, Friedrich Ernst Fehsenfeld (1853-1933), versuchte den Absatz seiner Bücher, der ab der Jahrhundertwende deutlich zurückging, wieder zu steigern. Grund für den Verkaufseinbruch der Werke Mays waren die Presseangriffe auf May, denen die Vorstrafen des Autors, die Wahrheit hinter der „Old Shatterhand-Legende“ sowie vermeintliche Unsittlichkeiten in seinen Werken zugrunde lagen. Hinzu kamen, dass Mays neue, symbolisch-verschlüsselten Werke – nach seiner Orientreise 1899/1900 – den Erwartungen des Großteils seiner Leser nicht entsprachen.

Bisher waren die „Reiseerzählungen“ (später „Reiseromane“) von Karl May ohne Illustrationen erschienen. Nun sollte eine neue, attraktive und von May redigierte Ausgabe erscheinen. Fehsenfeld warb dafür Illustratoren an, deren Arbeiten für die Ausgabe aber von May abgesegnet werden mussten. Ab Ende 1907 erschienen „Karl Mays Illustrierte Reiseerzählungen“. Die Ausgabe wuchs bis zu Mays Tod 1912 auf 30 Bände an. Allein 23 dieser Werke versah Claus Bergen mit seinen Bildern. Darunter befinden sich 21 Einbandvignetten, 23 farbige Gouachen als Frontispize, 277 Schwarzweiß-Gouachen als Einschaltbilder und 110 Federzeichnungen als Textillustrationen.

Zu Beginn der Zusammenarbeit zeigt sich das unterschiedliche Verständnis der beiden Männer von den darzustellenden Motiven. Bergen fragt, anscheinend noch überzeugt, Mays Reiseerzählungen hätten einen realen Hintergrund, im Sommer 1907 nach, wie die „Festung Gumri“ für Durchs wilde Kurdistan umzusetzen sei. May antwortete ihm: „Der Zweck meiner Bücher ist kein topographischer, sondern ein rein menschlicher, völkerpsychologischer. Eine genaue Wiedergabe von Festungswerken liegt ganz außerhalb dieser Zwecke ... Gerad der Illustrator muß vor allen Dingen wissen, daß ich nicht unterhalten will, sondern ganz andere, unendlich höhere Zwecke verfolge.“

Dies bedeutete eine große künstlerische Gestaltungsfreiheit für Bergen. Karl May zeigte sich sehr zufrieden mit Bergens Arbeit. So entstand eine ergiebige Zusammenarbeit. Allen Bemühungen zum Trotz verkaufte sich die „Blaue Illustrierte May-Ausgabe“ nur schleppend. Lag die Auflagenzahl der einzelnen Bände zu Beginn der Reihe noch bei 10.000 Stück, sank sie bei den späteren Bänden auf 4.000. Gut erhaltene Exemplare dieser Reihe sind heute rare und teure bibliophile Kostbarkeiten. Die detaillierten Umsetzungen der Personenbeschreibungen Mays durch Claus Bergen trugen erheblich zu dem „Indianerbild“ bei, das bis heute in Deutschland vorherrscht.

Mit dem Ende der Reihe endete auch Claus Bergens illustratroische Arbeit zu Karl May. Ab 1915 durfte Bergen offiziell im Bereich der Kaiserlichen Marine malen. Seine Spezialität waren Hochseebilder mit U-Booten. Am bekanntesten sind seine Bilder zur „Skagerrakschlacht“, bei der er nicht dabei war, die er aber durch Berichte, Aufzeichnungen und Schiffe im Hafen rekonstruierte. Bergen, der vor allem im Münchner Glaspalast seine Werke ausstellte und gut verdiente, war von 1922 bis 1923 und wieder ab 1932 Mitglied der NSDAP. Zeit seines Lebens blieb er seinem Hauptgenre treu, zog 1943 von München nach Lenggries, wo er am 4. Oktober 1964 an einer Farbvergiftung starb. Sein Grab am Münchner Westfriedhof ist mittlerweile aufgelassen.

Innerhalb Münchens zog der Maler mehrfach um. Während er für Karl May arbeitete, wohnte er auf der Theresienhöhe 3d. Vom wohl bekanntesten Marinemaler Deutschlands sind seine ersten erhaltenen Darstellungen eines Ruderbootes, eines Dampfschiffes und von Segelschiffen in „Karl Mays Illustrierten Reiseerzählungen“ zu sehen.

 


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Sekundärliteratur:

Hormann, Jörg-M.; Kliem, Eberhard (2014): Claus Bergen – Marinemaler beider Weltkriege. München.

Hermesmeier, Wolfgang; Schmatz, Stefan (2004): Traumwelten Band 1 – Bilder zum Werk Karl Mays. Bamberg.


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