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Hermann Hesse, ca. 1927

Kunstausstellungsgebäude / Neue Staatsgalerie (Königsplatz 1)

Im Juni 1901 besucht Hermann Hesse auch das Kunstausstellungsgebäude am Königsplatz (seit 1967 „Staatliche Antikensammlungen“). Damals wird dort die Ausstellung „Meisterwerke der Renaissance“ gezeigt, die sich Hesse, laut Tagebuch, ansieht.[33] Das nach Plänen von Klenze und Ziebland errichtete ehemalige Kunst- und Industrie-Ausstellungsgebäude (1845) war zwischen 1898 und 1916 das Haus der Münchener Secession.[34] Bei der „Ausstellung von Meisterwerken der Renaissance aus Privatbesitz“, die vom 3. Juni bis zum 30. September 1901 mehr als 900 Einzelobjekte präsentierte, war der Münchener Mathematikprofessor und Kunstsammler Prof. Dr. Alfred Pringsheim (der spätere Schwiegervater Thomas Manns) mit 187 Objekten der größte Leihgeber.[35]

Als Hesse im April 1929 anlässlich seiner Lesung im Hotel Vier Jahreszeiten (vgl. Station 11) wiederkehrt, heißt das Gebäude seit 1919 (und bis 1939) „Neue Staatsgalerie“.[36] In seinem Feuilleton „Bilderbeschauen in München“ meint Hesse mit beißender Ironie, es habe sich der „Galerieschöpfer die Aufgabe gestellt, er möge deutlich zeigen, wie unerträglich öde und schlecht die deutsche, speziell die Münchner Malerei gewisser Jahrzehnte sei“.[37] Man sehe dort zwar anfangs Beispiele „der besten deutschen Malerei“ von Hans von Marées, Wilhelm Leibl, Hans Thoma und Wilhelm Trübner, es folge dann aber „ein entsetzlicher Querschnitt durch den Niedergang der deutschen, speziell der Münchner Kunst, vom Ende der achtziger Jahre an“.

Einen Lichtblick biete jedoch ein „Sälchen“, wo gezeigt werde, „was wirkliche Malerei sein kann. Es ist der Franzosensaal; zwei Lieblinge von mir hängen da: der ‚Bahndurchstich‘ von Cézanne und die ‚Barke‘ von Manet.“ Zuletzt werde noch eine „schöne Auswahl moderner Malerei“ geboten, unter der Hesse „wieder einen Liebling“ findet, „das ‚Venedig‘ von Kokoschka mit seiner frischen böigen Laune“.[38] Die Ölgemälde Der Bahndurchstich (um 1870) von Paul Cézanne (1839-1906) und Die Barke (1874) von Edouard Manet (1832-1883) gehören heute zum Bestand der Neuen Pinakothek;[39] das Ölgemälde Venedig, Boote an der Dogana (1924) von Oskar Kokoschka (1886-1980) wurde 1925 von den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen erworben und findet sich heute in der Pinakothek der Moderne.[40]

 


Station 8 von 13 Stationen


 


[33] Vgl. Orte, die Hermann Hesse in München besuchte, in: Wittmann: Hesse und München (wie Anm. 3), S. 40-42, hier S. 41.

[34] Vgl. Königsplatz 1. Staatliche Antikensammlungen, in: Josef H. Biller, Hans-Peter Rasp: München. Kunst & Kultur. Stadtführer und Handbuch. München 2003, S. 194.

[35] Vgl. Sandra Kriebel: Renaissance-Ausstellungen aus Privatbesitz in Berlin und München um 1900. In: kunsttexte.de, PDF, S. 1-28, hier S. 13. Alfred Pringsheim hatte einen eigenen kleinen Saal zur Verfügung gestellt bekommen, vgl. ebd. S. 12 (Plan) und S. 16; zu den damaligen einzelnen Exponaten vgl. Lorenz Seelig: Die Silbersammlung Alfred Pringsheim. Riggisberg (CH) 2013, S. 25.

[36] Vgl. Königsplatz 1. Staatliche Antikensammlungen (wie Anm. 34).

[37] Hermann Hesse: Bilderbeschauen in München (1929), in: Hermann Hesse: Sämtliche Werke, Band 14 (wie Anm. 9), S. 145.

[38] Ebd., S. 146.

[39] Bayerische Staatsgemäldesammlungen: Neue Pinakothek. Erläuterungen zu den ausgestellten Werken. Korrigierte und durch einen Nachtrag erweiterte Ausgabe 1989, 5. Auflage. München 1989, S. 47f., 207f.

[40] Vgl. den „Online Werkkatalog“ der Fondazione Oskar Kokoschka unter 1924/3, https://www.oskar-kokoschka.ch/de/1020/1445/Venedig%2C%20Boote%20 an%20der%20Dogana, Aufruf vom 14.07.2022.

Verfasst von: Dr. Dirk Heißerer

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