Hauptbahnhof
Der Münchner Hauptbahnhof bekommt nach den Kriegszerstörungen bereits Ende der 1950er-Jahre sein bis 2019 bestimmendes Gesicht mit dem Hauptgebäude, das ab 1950 nach Plänen von Heinich Gerbel und Franz Hart errichtet wird. In seinen Erinnerungen hält Klaus Piper einen überlebenswichtigen Anruf Ingeborg Bachmanns Ende Mai 1956 fest:
„So rief sie einmal an einem Sonntag vom Münchner Bahnhof aus bei uns an – wir waren Gott sei Dank zu Hause – und sagte: »Bei mir stimmt irgendetwas nicht. Ich habe solche Bauchschmerzen.« Ich vermutete eine Bilddarmentzündung, telephonierte herum, holte sie vom Bahnhof ab und fuhr mit ihr gleich in die Klinik. Eine Stunde später wurde sie operiert. Es war fast ein Durchbruch. Sie hatte die Schmerzen abgespalten wie einen Fremdkörper.“
Der Ort jenes Notrufs, der Hauptbahnhof, wird später zum Knotenpunkt verschiedenster Reisen von Ingeborg Bachmann während ihrer Münchner Zeit. So fährt sie im März 1958 nach Berlin, um Marie Luise Kaschnitz zu treffen, mit der sie einen Tierparkbesuch unternimmt. In Ostberlin sucht sie Peter Huchel auf, wie sie Heinrich Böll brieflich am 25.3.1958 schildert. Die Rückkehr nach München wird wiederum Hans Werner Henze postalisch am 23. März mit folgenden Worten mitgeteilt: „… vor einer halben Stunde bin ich nach München zurückgerollt (das ist noch Berliner Jargon, der sich eingenistet hat) ...“
Am 5. Dezember 1957 kündigt Paul Celan auf seiner Bahnreise zu Ingeborg Bachmann nach München, gerade in Stuttgart Station machend, per Eilbrief an, dass er in zwei Tagen um 12.07 Uhr in München am Hauptbahnhof ankomme. Ob Ingeborg Bachmann zur Bahn kommen könne, fragt er, falls nicht, werde er vor ihrem Haus in der Franz-Joseph-Straße „auf und abgehen“. Dem Adress-Kopf auf dem Kuvert dieses Briefes ist zu entnehmen, dass Ingeborg Bachmann noch nicht in der Franz-Josef-Straße eingezogen ist, da von fremder Hand der Straßenname Franz-Joseph-Str. 9a durchgestrichen und durch den Adresszusatz ersetzt wurde „Pension / Biederstein / Biedersteiner Str. 21a“. Auf der Rückseite des Kuverts findet sich die Information: „noch nicht eingezogen zur Zeit“.
Am 9. Dezember 1957 nimmt Ingeborg Bachmann am Münchner Hauptbahnhof bereits wieder Abschied von Paul Celan nach seinem ersten zweitätigen Besuch bei ihr. In Frankfurt adressiert er einen Brief an sie und rekapituliert darin nochmals die Abschiedsszene: „Ingeborg, meine liebe Ingeborg — Ich habe dann noch einmal aus dem Zug geschaut, auch Du hattest Dich umgesehen, aber ich war zu weit.“
Anekdotisch schildert er ihr im Folgenden, wie ihn der Abschied körperlich mitgenommen und dass eine junge Frau mit ihm das Abteil geteilt habe, die, während er Ingeborg Bachmanns Gedichte hervorholte, die Zeitschrift Akzente durchzublättern begann. Er habe nun neugierig beobachtet, ob die Leserin der Zeitschrift bei den Gedichten Ingeborg Bachmanns mit dem Blättern innehalten würde. Als genau dies geschehen sei, habe er sie angesprochen und ihr sowohl seine Identität wie die Beziehung zu Ingeborg Bachmann preisgegeben. Und er fordert Ingeborg Bachmann auf, an die junge Frau einen Gruß zu senden und fügt hierzu deren Kölner Adresse an.
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Der Münchner Hauptbahnhof bekommt nach den Kriegszerstörungen bereits Ende der 1950er-Jahre sein bis 2019 bestimmendes Gesicht mit dem Hauptgebäude, das ab 1950 nach Plänen von Heinich Gerbel und Franz Hart errichtet wird. In seinen Erinnerungen hält Klaus Piper einen überlebenswichtigen Anruf Ingeborg Bachmanns Ende Mai 1956 fest:
„So rief sie einmal an einem Sonntag vom Münchner Bahnhof aus bei uns an – wir waren Gott sei Dank zu Hause – und sagte: »Bei mir stimmt irgendetwas nicht. Ich habe solche Bauchschmerzen.« Ich vermutete eine Bilddarmentzündung, telephonierte herum, holte sie vom Bahnhof ab und fuhr mit ihr gleich in die Klinik. Eine Stunde später wurde sie operiert. Es war fast ein Durchbruch. Sie hatte die Schmerzen abgespalten wie einen Fremdkörper.“
Der Ort jenes Notrufs, der Hauptbahnhof, wird später zum Knotenpunkt verschiedenster Reisen von Ingeborg Bachmann während ihrer Münchner Zeit. So fährt sie im März 1958 nach Berlin, um Marie Luise Kaschnitz zu treffen, mit der sie einen Tierparkbesuch unternimmt. In Ostberlin sucht sie Peter Huchel auf, wie sie Heinrich Böll brieflich am 25.3.1958 schildert. Die Rückkehr nach München wird wiederum Hans Werner Henze postalisch am 23. März mit folgenden Worten mitgeteilt: „… vor einer halben Stunde bin ich nach München zurückgerollt (das ist noch Berliner Jargon, der sich eingenistet hat) ...“
Am 5. Dezember 1957 kündigt Paul Celan auf seiner Bahnreise zu Ingeborg Bachmann nach München, gerade in Stuttgart Station machend, per Eilbrief an, dass er in zwei Tagen um 12.07 Uhr in München am Hauptbahnhof ankomme. Ob Ingeborg Bachmann zur Bahn kommen könne, fragt er, falls nicht, werde er vor ihrem Haus in der Franz-Joseph-Straße „auf und abgehen“. Dem Adress-Kopf auf dem Kuvert dieses Briefes ist zu entnehmen, dass Ingeborg Bachmann noch nicht in der Franz-Josef-Straße eingezogen ist, da von fremder Hand der Straßenname Franz-Joseph-Str. 9a durchgestrichen und durch den Adresszusatz ersetzt wurde „Pension / Biederstein / Biedersteiner Str. 21a“. Auf der Rückseite des Kuverts findet sich die Information: „noch nicht eingezogen zur Zeit“.
Am 9. Dezember 1957 nimmt Ingeborg Bachmann am Münchner Hauptbahnhof bereits wieder Abschied von Paul Celan nach seinem ersten zweitätigen Besuch bei ihr. In Frankfurt adressiert er einen Brief an sie und rekapituliert darin nochmals die Abschiedsszene: „Ingeborg, meine liebe Ingeborg — Ich habe dann noch einmal aus dem Zug geschaut, auch Du hattest Dich umgesehen, aber ich war zu weit.“
Anekdotisch schildert er ihr im Folgenden, wie ihn der Abschied körperlich mitgenommen und dass eine junge Frau mit ihm das Abteil geteilt habe, die, während er Ingeborg Bachmanns Gedichte hervorholte, die Zeitschrift Akzente durchzublättern begann. Er habe nun neugierig beobachtet, ob die Leserin der Zeitschrift bei den Gedichten Ingeborg Bachmanns mit dem Blättern innehalten würde. Als genau dies geschehen sei, habe er sie angesprochen und ihr sowohl seine Identität wie die Beziehung zu Ingeborg Bachmann preisgegeben. Und er fordert Ingeborg Bachmann auf, an die junge Frau einen Gruß zu senden und fügt hierzu deren Kölner Adresse an.
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