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Adalbert Stifter. Stahlstich von Karl Mahlknecht, gemalt von Daffinger

Plechý, Plöckenstein

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 Stifter-Museumsstraße – 8. Etappe: Plechý, Plöckenstein

Von Oberschwarzenberg aus lässt sich der Plechý, Plöckenstein, auf einer zweistündigen Wanderung erklimmen. Ein anderer Weg führt von Nová Pec, zu deutsch Neuofen, am Schwarzenbergischen Schwemmkanal vorbei auf den Berg. Nová Pec liegt heute nah am Lipno-Stausee. Das Dorf ist seit Ende des 19. Jahrhunderts an das Eisenbahnnetz angeschlossen. Es wirkt sympathisch verschlafen. Von hier aus führt eine schmale Straße durch ein langgezogenes, sumpfiges Tal und später bergan bis nach Jelení, Hirschbergen. In der Nähe liegt der Tunnel des Schwarzenbergischen Schwemmkanals.

Von hier aus geht es durch den Wald auf langer, meist gerader Asphaltstraße hinauf zum Plešné jezero, Plöckensteinsee, der von Stifter sowohl gezeichnet als auch beschrieben wurde. Der Wasserspiegel wurde für den Betrieb des Schwarzenbergischen Schwemmkanals bereits Ende des 18. Jahrhunderts künstlich angehoben. Unterwegs öffnet sich hie und da der Blick nach Norden in die Gebiete des südlichen Böhmerwaldes. Geologisch handelt es sich um einen Gletschersee, die Landschaft ist eine Moränenlandschaft. An dem gut besuchten Ausflugsziel findet sich eine Holzhütte. Im Süden erhebt sich die über 200 Meter hohe lotrechte Seewand. Wie häufig im Böhmer- und im Bayerischen Wald sind auch hier viele tote Bäume zu sehen. Oben, nur zu Fuß erreichbar, steht der bereits 1877 errichtete Obelisk zu Ehren von Adalbert Stifter. Zur Zeit des Eisernen Vorhangs waren der im Grenzgebiet liegende See sowie das Denkmal für fast niemanden zugänglich.

Drei Inschriften befinden sich auf dem 14,5 Meter hohen Gedenkstein. Auf der Nordseite ist ein Zitat aus dem Hochwald zu lesen: „Auf diesem Anger, / An diesem Wasser / ist der Herzschlag des Waldes.“ Ein Gedichtzitat schmückt die Südseite des Obelisken: „Lieg in hohes / Gras gestrecket / Schaue sehnend / Nach der Felswand“. Und auf der Westseite steht die Widmung: „A. / Stifter / dem / Dichter / des / Hochwald“.

Der Dichter hat übrigens nicht nur die Schönheit und Gewaltigkeit des Waldes besungen. Als zeitlebens wissenschaftlich interessierter Zeitgenosse, hat er das südliche Böhmen mit seinen ungeheuren Holzvorräten durchaus auch wirtschaftlich betrachtet und die Veränderungen in dem, während des 18. Jahrhunderts weitgehend noch urwaldartigen, kaum genutzten Raum genau dargestellt. So heißt es in Der beschriebene Tännling:

Weiter aufwärts sind die Wälder schon dichter, und in dem Innern ihrer großen Ausbreitungen hegen sie die Holzschläge. Wenn man den Rand eines solchen Streifens betritt, … so ist er in der Nähe größer und ausgedehnter, als man sich in der Ferne gedacht hätte, und die Menschen sind auf ihm beschäftigt. Es liegen wie Halmen gemähten Getreides die unzähligen Tannenstämme verwirrt herum, und man ist beschäftigt, sie theils mit der Säge, die langsam hin und her geht, in Blöke zu trennen, theils von den Aesten, die noch an ihnen sind, zu reinigen … Wenn eine Fläche des Waldes abgeschlagen ist, wenn die Scheite geordnet, getroknet, weggeführt sind, wenn die Reisige verbrannt wurden, wenn man keine Hütte der Holzhauer mehr sieht, und die Arbeiter fortgegangen sind, dann ist der erste Theil des Lebens eines Holzschlages aus, und es beginnt nun ein ganz anderer, stillerer, einfacherer, aber innigerer … (zitiert nach LWF aktuell, 1-2018).

Hundert Jahre lang wurde Holz aus dem Böhmerwald nach Wien getriftet. Die Wasser der Gegend fließen eigentlich zur Moldau und damit letztlich zur Nordsee hin. Wien mit der zum Schwarzen Meer führenden Donau liegt südlich der Wasserscheide und der Schwarzenbergische Kanal überwindet diese, um sich den damals lukrativeren Markt der Hauptstadt zu erschließen. Zu Stifters Zeit wurden bis zu 81.000 Kubikmeter Holz pro Jahr nach Wien geschwemmt und somit über 170 Hektar Fläche zumeist kahlgeschlagen. Ende des 19. Jahrhunderts jedoch machte die schlesische Kohle das böhmische Holz entbehrlich.

Die Höhe des Plechý, Plöckenstein, mit seinem Totholz und dem bis aufs Wurzelwerk der Fichten abgetretenen Pfad vom See zum Gipfel zeigt die von Stifter viel besungene Schönheit der Natur ebenso wie ihre vom Menschen bedrohte Harmonie. So war sein Leben manchmal mehr der Wunsch nach Erhabenheit und Schönheit als dessen Wirklichkeit. Kein Blick scheint weiter in die Ferne zu reichen als der Seine. Die Wirksamkeit des Nahen musste Adalbert Stifter dennoch anerkennen. Was ihn berührte, ließ ihn schwindeln.

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