Assenbucher Str. 45: Friedrich Wilhelm Ritter von Hackländer (1816-1877)
Einer der populärsten Unterhaltungsschriftsteller Deutschlands im 19. Jahrhundert
Friedrich Wilhelm Ritter von Hackländer war eine zentrale Gestalt im literarisch-künstlerischen Leben Süddeutschlands. Einige Stationen seines Lebens: Er wurde 1816 bei Aachen geboren. 1832 war er Angehöriger der preußischen Artillerie, 1841 wurde er in Stuttgart als Schriftsteller bekannt. Von 1843-1949 war er württembergischer Hofrat, Sekretär und Reisebegleiter in den Orient. 1849 nahm er als Berichterstatter am Feldzug in Piemont teil. Von 1859-1864 war er Direktor der königlichen Schlösser und Gärten in Stuttgart. 1861 wurde er in den Ritterstand erhoben. Seit 1864 lebte er als freier Schriftsteller in Stuttgart und seit 1866 auch in seiner neuerworbenen Sommervilla in Leoni. Zu seiner Zeit war Friedrich Wilhelm von Hackländer ein Bestsellerautor. Er schrieb humoristische Soldatengeschichten, verfasste humorvolle Sittenromane, Reiseberichte und Komödien. Sein Buch Handel und Wandel wurde in 16 Sprachen übersetzt (1843/50), Europäisches Sklavenleben (1854) gilt als sein bedeutendster Roman und wurde sogar verfilmt.
Theodor Heuss hat den Dichter Hackländer als „zeitgeschichtliche Erscheinung“ so beschrieben:
diese Figur, die, vom Rheinland her in die schwäbische Biederkeit verschlagen, Stuttgart durcheinanderbrachte, ein paar Jahrzehnte lang der vielleicht gelesenste Erzähler Deutschlands war, Hofdienst machte und erfahren durfte was fürstliche Gnade und Ungnade sei. Beamter, Literat, Zeitschriftenunternehmer, konnte er es 1816 geboren, mit vierzig Jahren wagen, eine „Erste Gesamtausgabe“ seiner Werke von zwanzig Bänden hinausgehen zu lassen, die bei seinem Tode, 1877, sechzig Bände umfasste. Die Romane, Novellenbände, Reisebücher, Dramen hatten, für sich genommen, Auflagen von Zehntausenden erreicht; man wusste, man sah, daß er von der Feder ein reicher Mann geworden war, Häuser besaß, einen Park auf Stuttgarts Höhen anlegte, ein Sommerchalet am Starnberger See baute, durch Geselligkeit und einen gastfreien Lebensbetrieb brillierte, ein Mann von Welt, der denn auch seinen Lesern mit unverdrossener Laune die Welten zeigte, die großen und die kleinen, im Königsschloß und im Kaufladen, die Soldatenwachstube, das Maleratelier und die Technik des Ballets. Denn er kannte das alles.
(Theodor Heuss: Schattenbeschwörung – Randfiguren der Geschichte. Frankfurt/M. u.a. 1947, S. 172f.)
Friedrich Wilhelm Ritter von Hackländer. Foto: Ingvild Richardsen
Von 1866 an führte Hackländer sein Leben abwechselnd in Stuttgart und in den Sommermonaten in Leoni. In diesem Haus schrieb er eine ganze Reihe seiner Bücher mit Blick auf den See, so etwa den König Ludwig II. gewidmeten Roman Der Sturmvogel (1872), Kainszeichen (1874), Verbotene Früchte (1876) sowie Nullen (1874), eine Abrechnung mit der Stuttgarter Hofgesellschaft.
Am 6. Juli 1877 starb Hackländer in seinem Haus in Leoni. Im November des Jahres veröffentlichte seine Witwe Karoline in der Zeitschrift Über Land und Meer eine Verkaufsanzeige für dasselbe, aus der ersichtlich ist, was alles zu dem Anwesen gehörte:
*
Hackländer-Sammlung von Leibl Rosenberg
2012 kaufte die Münchner Volkshochschule für das Seminarzentrum Buchenried die Hackländer-Sammlung von Leibl Rosenberg an, die umfangreichste Sammlung der Schriften Hackländers in Privatbesitz. Heute befindet sie sich im „Hackländer Haus“, in Vitrinen und Buchregalen, und kann dort besichtigt werden. Über die Entstehung seiner Sammlung schreibt Leibl Rosenberg:
„Meine Hackländer-Sammlung entstand zwischen 1977 und 1995. Angeregt wurde die Sammlung durch die Lektüre des Spätwerks von Arno Schmidt: Zettels Traum (1970), Die Schule der Atheisten (1972) und Abend mit Goldrand (1975). [...] Von der Bedeutung, die Arno Schmidt diesem vollständig vergessenen Schriftsteller beimisst, war ich als Leser und Literaturwissenschaftler schwer beeindruckt. Hatte ich doch zuvor den Namen Hackländer nie gehört oder gelesen. 1977 sah ich in der Auslage eines Antiquariats in der Münchner Amalienstrasse eine illustrierte Ausgabe von Hackländers Der letzte Bombardier, erschienen 1908 im Berliner Weichert-Verlag, mit einem Umfang von 640 Seiten. Damit begann meine Sammlerleidenschaft in Sachen Hackländer.“
Heute umfasst die Sammlung 311 Bücher, darunter 36 Schriften in Erstausgaben, 11 Gesamtausgaben seiner Werke, 2 Autographen, 1 Stich, 6 Titel Sekundärliteratur, diverse Materialien und 98 Digitalisate von Annoncen, Porträts, Illustrationen und Provenienzeinträgen. [...] Die Sammlung präsentiert sich gerade in der Heterogenität ihrer örtlichen und zeitlichen Ursprünge als Spiegelbild der Verbreitung und der bemerkenswerten Rezeption Hackländers im gesamten deutschen Sprachraum. Darauf verweisen zahlreiche Provenienzhinweise in den Schriften.
(Zit. n.: Ankauf der Hackländer Sammlung, Leibl Rosenberg und Perspektiven für das Literaturprogramm in Haus Buchenried. Münchner Volkshochschule, 23. Mai 2012, S. 3f.)
Hackländer-Sammlung. Foto: Ingvild Richardsen
Einer der populärsten Unterhaltungsschriftsteller Deutschlands im 19. Jahrhundert
Friedrich Wilhelm Ritter von Hackländer war eine zentrale Gestalt im literarisch-künstlerischen Leben Süddeutschlands. Einige Stationen seines Lebens: Er wurde 1816 bei Aachen geboren. 1832 war er Angehöriger der preußischen Artillerie, 1841 wurde er in Stuttgart als Schriftsteller bekannt. Von 1843-1949 war er württembergischer Hofrat, Sekretär und Reisebegleiter in den Orient. 1849 nahm er als Berichterstatter am Feldzug in Piemont teil. Von 1859-1864 war er Direktor der königlichen Schlösser und Gärten in Stuttgart. 1861 wurde er in den Ritterstand erhoben. Seit 1864 lebte er als freier Schriftsteller in Stuttgart und seit 1866 auch in seiner neuerworbenen Sommervilla in Leoni. Zu seiner Zeit war Friedrich Wilhelm von Hackländer ein Bestsellerautor. Er schrieb humoristische Soldatengeschichten, verfasste humorvolle Sittenromane, Reiseberichte und Komödien. Sein Buch Handel und Wandel wurde in 16 Sprachen übersetzt (1843/50), Europäisches Sklavenleben (1854) gilt als sein bedeutendster Roman und wurde sogar verfilmt.
Theodor Heuss hat den Dichter Hackländer als „zeitgeschichtliche Erscheinung“ so beschrieben:
diese Figur, die, vom Rheinland her in die schwäbische Biederkeit verschlagen, Stuttgart durcheinanderbrachte, ein paar Jahrzehnte lang der vielleicht gelesenste Erzähler Deutschlands war, Hofdienst machte und erfahren durfte was fürstliche Gnade und Ungnade sei. Beamter, Literat, Zeitschriftenunternehmer, konnte er es 1816 geboren, mit vierzig Jahren wagen, eine „Erste Gesamtausgabe“ seiner Werke von zwanzig Bänden hinausgehen zu lassen, die bei seinem Tode, 1877, sechzig Bände umfasste. Die Romane, Novellenbände, Reisebücher, Dramen hatten, für sich genommen, Auflagen von Zehntausenden erreicht; man wusste, man sah, daß er von der Feder ein reicher Mann geworden war, Häuser besaß, einen Park auf Stuttgarts Höhen anlegte, ein Sommerchalet am Starnberger See baute, durch Geselligkeit und einen gastfreien Lebensbetrieb brillierte, ein Mann von Welt, der denn auch seinen Lesern mit unverdrossener Laune die Welten zeigte, die großen und die kleinen, im Königsschloß und im Kaufladen, die Soldatenwachstube, das Maleratelier und die Technik des Ballets. Denn er kannte das alles.
(Theodor Heuss: Schattenbeschwörung – Randfiguren der Geschichte. Frankfurt/M. u.a. 1947, S. 172f.)
Friedrich Wilhelm Ritter von Hackländer. Foto: Ingvild Richardsen
Von 1866 an führte Hackländer sein Leben abwechselnd in Stuttgart und in den Sommermonaten in Leoni. In diesem Haus schrieb er eine ganze Reihe seiner Bücher mit Blick auf den See, so etwa den König Ludwig II. gewidmeten Roman Der Sturmvogel (1872), Kainszeichen (1874), Verbotene Früchte (1876) sowie Nullen (1874), eine Abrechnung mit der Stuttgarter Hofgesellschaft.
Am 6. Juli 1877 starb Hackländer in seinem Haus in Leoni. Im November des Jahres veröffentlichte seine Witwe Karoline in der Zeitschrift Über Land und Meer eine Verkaufsanzeige für dasselbe, aus der ersichtlich ist, was alles zu dem Anwesen gehörte:
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Hackländer-Sammlung von Leibl Rosenberg
2012 kaufte die Münchner Volkshochschule für das Seminarzentrum Buchenried die Hackländer-Sammlung von Leibl Rosenberg an, die umfangreichste Sammlung der Schriften Hackländers in Privatbesitz. Heute befindet sie sich im „Hackländer Haus“, in Vitrinen und Buchregalen, und kann dort besichtigt werden. Über die Entstehung seiner Sammlung schreibt Leibl Rosenberg:
„Meine Hackländer-Sammlung entstand zwischen 1977 und 1995. Angeregt wurde die Sammlung durch die Lektüre des Spätwerks von Arno Schmidt: Zettels Traum (1970), Die Schule der Atheisten (1972) und Abend mit Goldrand (1975). [...] Von der Bedeutung, die Arno Schmidt diesem vollständig vergessenen Schriftsteller beimisst, war ich als Leser und Literaturwissenschaftler schwer beeindruckt. Hatte ich doch zuvor den Namen Hackländer nie gehört oder gelesen. 1977 sah ich in der Auslage eines Antiquariats in der Münchner Amalienstrasse eine illustrierte Ausgabe von Hackländers Der letzte Bombardier, erschienen 1908 im Berliner Weichert-Verlag, mit einem Umfang von 640 Seiten. Damit begann meine Sammlerleidenschaft in Sachen Hackländer.“
Heute umfasst die Sammlung 311 Bücher, darunter 36 Schriften in Erstausgaben, 11 Gesamtausgaben seiner Werke, 2 Autographen, 1 Stich, 6 Titel Sekundärliteratur, diverse Materialien und 98 Digitalisate von Annoncen, Porträts, Illustrationen und Provenienzeinträgen. [...] Die Sammlung präsentiert sich gerade in der Heterogenität ihrer örtlichen und zeitlichen Ursprünge als Spiegelbild der Verbreitung und der bemerkenswerten Rezeption Hackländers im gesamten deutschen Sprachraum. Darauf verweisen zahlreiche Provenienzhinweise in den Schriften.
(Zit. n.: Ankauf der Hackländer Sammlung, Leibl Rosenberg und Perspektiven für das Literaturprogramm in Haus Buchenried. Münchner Volkshochschule, 23. Mai 2012, S. 3f.)
Hackländer-Sammlung. Foto: Ingvild Richardsen